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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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gekränkt zu
Boden. Das tat er immer, wenn er verärgert war, und sie
schämte sich ein wenig, weil sie so garstig zu ihm war.
    »Die Bruderschaft wird mich aufnehmen«, schwor er und
musterte Jacquotte mit seinen eigentümlichen Augen. Sie
waren dunkelbraun wie die ihren, aber in ihrem Inneren
glühte etwas, das bei bestimmten Gemütslagen ein gelbes
Leuchten hervorrief. Es erinnerte sie an das Funkeln der
Golddublonen, die ihr Vater für Notfälle unter dem knorrigen
Baum am Rand der Siedlung verborgen hielt.
    »Was geben dir die Küstenbrüder, was du hier nicht
findest?«, fragte sie.
    »Siehst du das nicht? Hier führen alle das ruhige Leben
der Jäger. Tagein, tagaus dieselben Beschäftigungen. Ich
aber will aufs Meer! Ich will dorthin, wo sich all die
Brüder versammeln, die etwas bewegen wollen. Ich will gegen
die Spanier kämpfen und Vergeltung üben für das, was sie
unseren Müttern und ihrer Nation antaten.«
    Jacquotte sank kaum merklich zusammen. Sie verstand ihn
gut. Auch in ihr lebte die Sehnsucht nach einer Aufgabe im
Leben, nach Abenteuern und der Rache gegen die Gräueltaten
der Spanier. Aber anders als Pierre hatte sie Familie auf La
Española und der Gedanke, ihren Vater und Manuel
zurückzulassen, wog schwerer als der Wunsch, gegen
unbekannte Feinde zu kämpfen.
    »Du machst unsere Mütter nicht wieder lebendig, indem du
dein Leben aufs Spiel setzt!« Ihre Hilflosigkeit, ihm nicht
sagen zu können, was sie bewegte, ließ Jacquotte aufbrausend
werden.
    »
Mon dieu
, du bist heute in schlechter Stimmung.« Er warf
einen Stein in den Abgrund und lauschte, wie der Aufprall
gegen die Felsen immer leiser wurde, bis er schließlich kaum
hörbar im Wasser landete.
    Sie ignorierte ihn und zupfte an dem eng anliegenden Band
aus gefärbter Baumwolle, das sich unterhalb ihres linken
Knies befand. Es hatte einst ihrer Mutter gehört, der Frau,
die man Anani nannte, und Jacquotte trug es als Anerkennung
des Indio-Volkes, dessen Blut auch in ihren Adern floss.
    »Sie wäre stolz auf dich gewesen«, hörte sie Pierre nach
einiger Zeit murmeln, und das schlechte Gewissen schlug über
ihr zusammen.
    »Es tut mir leid«, presste sie hervor, da sie sich mit
Entschuldigungen nicht besonders leichttat. »Der Sturm fegt
heute durch meinen Kopf und wirbelt meine Gedanken
durcheinander.«
    »Hast du nicht immer den Sturm in deinem Kopf,
nanichi

Pierre versetzte ihr einen freundschaftlichen Schlag gegen
die Schulter und hielt ihre Hände fest, damit sie sich nicht
wehren konnte.
    In Anbetracht ihres Spitznamens fragte Jacquotte zum
wiederholten Male: »Sag mir endlich, was das bedeuten soll,
Pierre! Du nennst mich womöglich eine Schlange hinter meinem
Rücken, und ich weiß es nicht.«
    »
Jujo
heißt Schlange, also sei unbesorgt.« Er griente
spitzbübisch und tippte an ihre Stirn: »
Cimu'
«, sagte er.
Dann zeigte er aufs Meer hinaus und sah sie fragend an.
    Jacquotte zögerte. »
Bagua

    Pierre nickte anerkennend. Als Nächstes zeigte er auf sich
und sie erwiderte sofort: »
I'ro

    Auch, als er auf sie zeigte, folgte die Antwort prompt:
»
I'naru'

    »Sehr gut«, lobte Pierre. »Heute ist es windig. Kannst du
dich an das Wort für Wind erinnern?«
    »
Hura
?« Sie lächelte, als Pierre den Daumen hob.
    »Sonne?«
    »
Guey

    So ging es weiter. Was einst als Spiel zwischen ihr und
Pierre begonnen hatte, nahm Jacquotte inzwischen sehr ernst.
Die gutturale Sprache der Indios beschwor den Geist ihrer
Mutter herauf. Es war tröstlich, wenigstens auf diese Art
mit Anani verbunden zu sein.
    Sie waren so konzentriert bei der Sache, dass sie nicht
bemerkten, wie Manuel zu ihnen trat. Erst, als er mit dem
Fuß aufstampfte, drehte sich Jacquotte zu ihm um.
    »Jawa«, forderte er, und das Wort war aufgrund seiner
dicken Zunge kaum verständlich. »Jawa!«
    »Ich glaube, er will die Geschichte von Yaya hören«,
vermutete Jacquotte und zwinkerte Pierre zu.
    Die Männer waren der Meinung, dass Manuel wegen seiner
Andersartigkeit nichts von seiner Umwelt wahrnahm, aber sie
wusste, dass das nicht stimmte. Er liebte es, wenn man ihm
Geschichten erzählte.
    Pierre begann mit schauriger Stimme: »Lasst mich erzählen
von Yaya, dessen Name keiner kennt. Er war ein bedeutender
Kazike, dem seine Untertanen größte Ehre entgegen brachten.
Doch sein Sohn, Yayael, trachtete ihm aus Neid nach dem
Leben. Als sein Vater von seinem Plan erfuhr, ächtete er den
Sohn

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