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JoJo Und Ich

JoJo Und Ich

Titel: JoJo Und Ich
Autoren: Dean Bernal
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Ruhe schien das genaue Abbild meines wahren Wesens zu sein.
    Als ich mich unter Wasser umsah, nahm ich mit Schrecken ein paar große graue Silhouetten wahr, die mir verdächtig nach jagenden Haifischen aussahen. Ich hob den Kopf aus dem Wasser und riss mir die Maske ab. Gerade wollte ich mich abwenden, um an den Strand zurückzuschwimmen, als ich bemerkte, dass die Rückenflossen nicht zu Haien gehörten, sondern zu drei kleinen Delfinen. Sie kamen näher und schwammen immer wieder mit allerlei Pfeif- und Klicklauten an mir vorbei. Einer der drei fiel mir auf, weil er immer wieder den direkten Blickkontakt mit mir suchte und weil in seinen Augen etwas beinahe Wissendes zu liegen schien.
    »Hallo, ich bin Dean«, stellte ich mich ihm vor und rechnete eigentlich damit, dass er kehrtmachen und verschwinden würde.
    Doch stattdessen sah er mich weiterhin an, als wären wir langjährige Freunde. Es war ein Blick, wie man ihn sonst allenfalls von alten Indianern mit großer Lebensweisheit kennt und den man nie vergisst. Tief in meinem Inneren fühlte ich mich sehr davon berührt.
    Angst hatten sie offenbar alle drei nicht. Sie umkreisten mich im kristallblauen Wasser und klatschten einladend mit den Schwanzflossen auf die Oberfläche; es sah ganz so aus, als wollten sie mich auffordern, mit ihnen zu spielen. Die ersten Schwimmzüge, mit denen ich mich in den Reigen eingliedern wollte, waren noch etwas unsicher. Was würden sie tun? Aber als wir uns dann gegenseitig schwimmend umkreisten, war die Befangenheit weg und mit ihr alles Zeitgefühl. Die dicht bevölkerten Städte, die Menschenmengen, durch die ich mich hatte drängeln müssen, der Stress der Reise, das Verkehrsgewühl, all das trat völlig in den Hintergrund.
    Die drei flitzten zwischen den Korallenbänken hin und her, scheuchten bunte Fische auf und sprangen über die sanften Wellen des Atlantiks. Ich blieb so gut es ging in ihrem Kielwasser, stieß mich mit aller Kraft immer weiter in die Tiefe und versuchte möglichst lange in dieser zauberhaften Unterwasserwelt zu bleiben. Erst wenn es mir schon fast die Lunge sprengte, stieg ich kurz auf und nahm ein paar Züge der süßen Tropenluft. Bis zum Sonnenuntergang glitten wir zusammen über die Sandriffe, und als ich schließlich an Land ging, fühlte ich mich wie neugeboren. Ganz allerdings sollte mir das Heilende dieser Inseln und der Delfine erst nach und nach aufgehen. Im Moment fühlte ich mich nur in vertrauter, heimatlicher Umgebung und unter meinesgleichen.
    Ich war in meinem Element. Es gibt Augenblicke, die für den Rest unserer Tage die Weichen stellen, und mir war bewusst, dass hier etwas begann. Es war der Anfang eines neuen Lebens und eines neuen Denkens.
    Ich besuchte danach noch andere Karibikinseln; aber immer wieder zog es mich zu den Turks und Caicos zurück – und zu diesen drei Delfinen. Von 1984 bis 1986 war ich oft dort und schwamm mit ihnen, und die Westinsel Providenciales wurde zu meiner zweiten Heimat.
    Ich lernte die freundlichen, warmherzigen Inselbewohner kennen, für die das Zeitalter des Tourismus gerade erst begann. Der Fortschritt bescherte ihnen elektrischen Strom, Telefon und Kabelfernsehen mit zweiunddreißig Kanälen, vielerorts aber fehlte es noch am Notwendigsten, zum Beispiel fließendem Wasser. Damals traf man auf der Straße häufig Leute, die sich ihr Wasser für den täglichen Bedarf noch von den öffentlichen Zapfstellen holten. Man hörte Esel schreien und Hähne krähen, zugleich aber auch das Gebrabbel ausländischer Fernsehsender.
    Ein bisschen abseits, gleich unten am weißen Strand von Grace Bay, fand ich zwei kleine Hotels mit schier unendlichen Sandstränden. Hier legten allenfalls Fischerboote ab, und nur selten war auch einmal ein abenteuerlustiger Tourist mit an Bord, um dieses Inselparadies zu erkunden.
    Hier war ich zu Hause.
    »Sicher, es ist weit weg, Mama.« Ich versuchte es ihr schonend beizubringen. »Aber ich bin nicht auf den Turks und Caicos, weil sie von immer mehr Leuten als Offshore-Finanzplatz entdeckt werden, sondern ich habe hier einen Ort gefunden, an dem ich wirklich etwas bewirken kann. Die Gegend ist sehr weit ab vom Schuss, und man muss dringend etwas für die Menschen tun, die hier leben, vor allem für die Kinder. Auch wäre es wichtig, die Leute mit dem Umweltschutzgedanken vertraut zu machen. Vor allem aber mag ich die Einsamkeit hier, die Puderzuckerstrände und die Augen von diesem einen Delfin, ich habe dir ja schon von ihm
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