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JoJo Und Ich

JoJo Und Ich

Titel: JoJo Und Ich
Autoren: Dean Bernal
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Seite wie ein toter Fisch.
    »Nein«, rief ich, »du musst es schaffen!« Er ruderte heftig, um sich wieder aufzurichten.
    »Sie müssen ihm helfen, sonst kann er nicht atmen«, rief mir jemand zu. Ich blickte kurz auf, sah Leute, denen die Tränen in den Augen standen, dann kümmerte ich mich im brusttiefen Wasser weiter um JoJo.
    »Fassen Sie ihn nicht an, er könnte beißen«, gab eine andere Stimme aus der Menge zu bedenken.
    Ich zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde lang. Solange er nicht aufrecht schwamm und nicht einmal atmete, würde er auch nicht beißen können. Aber ich richtete JoJo nicht bloß auf, um ihn dann loszulassen, sondern hielt ihn in den Armen und verfolgte jede seiner Bewegungen. Ich achtete genau auf seine wenigen, aber tiefen Atemzüge, während ich seine Verletzungen einzuschätzen versuchte und aus tiefster Seele für ihn betete.
    Lass meinen Freund nicht sterben , wiederholte ich in Gedanken und stellte mir bildlich vor, wie JoJos Lebensgeister wieder erwachten.
    Schon als Kind habe ich von meinen Eltern gelernt, Tieren zu helfen, die dem Tode nahe sind. Dafür konzentriere ich meine Lebenskraft und versuche sie zu übertragen. Wie oft habe ich über die Kraft in den Händen meines Vaters gestaunt, wenn er sie einem sterbenden Vogel oder einer sterbenden Katze auflegte. Meine Mutter schickte Energie und Gebete durch Papas Hände, um das Tier wieder zum Leben zu erwecken. Und bald fand ich heraus, dass ich von Vater die Hände und von Mutter die Kraft ihrer Gedanken und Gebete geerbt hatte.
    Ich spürte die Wärme meiner Hände an JoJos Körper. In Gedanken und Gebeten führte ich ihm Lebensenergie zu. Alle Ängste und Zweifel verdrängte ich, da es sich dabei ohnehin nur um heraufbeschworene Regungen handelt, die keine eigene Realität besitzen. Stattdessen konzentrierte ich mich ganz auf Heilung und Vitalisierung.
    Endlich kam, ganz langsam, wieder Bewegung in JoJos Körper. Er verließ schwimmend meinen stützenden Hände, rollte sich aber gleich wieder unter Schmerzkrämpfen zur Seite. Ich half ihm erneut auf, versammelte meine ganze Liebe auf ihn und hielt ihn noch einmal zwanzig Minuten lang. Allmählich legten sich die Zuckungen und Krämpfe, und als ich ihn losließ, umrundete er mich mehrmals. Langsam, aber aufrecht. Vor Erleichterung seufzte ich tief auf. Zusammen hatten wir das Leben wieder in Balance gebracht. Ein ganz neues Leben.
    Die Leute brachen in Begeisterungsrufe aus und klatschten. Erst jetzt bemerkte ich, wie viele Menschen zusammengeströmt waren, um dieses Wunder zu bestaunen. Als ich den Strand erreichte, bestürmten sie mich mit Fragen.
    »Wird er durchkommen?«, wollte eine Frau wissen.
    Was konnte ich darauf sagen? JoJos Auge war verletzt. Es musste ein heftiger Aufprall gewesen sein, und woher sollte ich wissen, ob der Delfin nicht auch innere Verletzungen davongetraqen hatte? Seine Lebenskraft war zurückgekehrt, seinen körperlichen Zustand aber konnte ich nicht einschätzen.
    Eine andere Frau kam auf mich zu und sagte: »Das war wie ein Wunder, ich habe richtig die Kraft gespürt, mit der Sie ihn ins Leben zurückgeholt haben.«
    Ich lächelte sie an, wusste ich doch, dass manche Leute Gedanken und verdichtete spirituelle Energien spüren und sogar sehen können. Solche Menschen fühlen sich oft zu mir hingezogen. Aber JoJo würde noch zu kämpfen haben, um seine Verletzungen zu überstehen, so viel war klar.
    Ich wandte mich von der aufgeregt diskutierenden Menge ab, watete ins tiefere Wasser zurück und schwamm JoJo zu einer kleinen Riff-Erhebung nach, bei der wir uns oft herum treiben. JoJo schwamm mit langsamen, übervorsichtig wirken den Bewegungen zwischen den Korallenbänken neben mir her. Ich spürte jedes Mal einen Kloß im Hals, wenn er wieder vor Schmerzen zusammenzuckte. Wie gern hätte ich mehr für ihn getan, aber ich wusste, dass er jetzt sein stilles Plätzchen in den Mangroven brauchte.
    Schließlich ging die Sonne unter, und ich ließ JoJo allein. Als ich seine Schwanzflosse im dunkler werdenden Wasser der in Mondlicht getauchten Grace Bay verschwinden sah, fragte ich mich kurz, ob es wohl das letzte Mal war.
    Es vergingen zwei Wochen, in denen von JoJo nichts zu sehen war, auch hörte ich nichts über ihn. Ich suchte jeden Quadratmeter Mangroven und Strand ab, durchkämmte alle Buchten, kontrollierte die Einschnitte, wanderte die Steilküsten ab – kein Lebenszeichen von JoJo. Ob er vielleicht irgendwo gestrandet war?
    Jeden Tag stand
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