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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Autoren: Alex Berenson
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nach Lust und Laune frei bewegen. Er wäre ein Tauschobjekt, das in dem Augenblick eingesetzt würde, wenn seine Gastgeber die Beziehungen zu Washington wieder verbessern wollten. Deshalb hatte er sich entschieden, vorerst den Kopf einzuziehen.
    Bei diesem Gedanken verlor er das Gleichgewicht, taumelte zur Seite und stieß dabei die beiden Bierflaschen um. Ein goldenes Rinnsal aus Bier lief an der Bar hinunter.
    »¡Puta!«, rief der Barkeeper. »Hinaus!«
    »Haben Sie doch ein wenig Mitgefühl, hombre«, gab Robinson zurück. »Ich wollte doch nur einen Cocktail.«
    Der Barkeeper zeigte jedoch bloß schweigend erst auf Robinson und dann auf die Tür, wie Gott, der Adam aus dem Garten Eden verwies. Robinson taumelte in die enge Gasse hinaus. Er sah auf die Uhr: 9:40. Wie war es möglich, dass es erst 9 Uhr 40 war? Er musste noch viele Stunden trinken, ehe er genügend erschöpft sein würde, um einzuschlafen.
    Eine Hand berührte ihn an der Schulter. Rechts von ihm stand eine dunkelhäutige Frau in einem kurzen Jeansrock. Sie hatte Beine wie ein Linebacker. Ein verblassendes Veilchen
schimmerte durch das Make-up unter ihren müden Augen. Das Mädchen seiner Träume.
    »Date, Mister?« Ihr Atem stank nach Pisco, einem Weinbrand, der wie Terpentin brannte. Selbst Robinson versuchte, ihn zu meiden.
    »Du hast mich schon beim ersten Wort eingefangen.« Er nahm sie am Arm und ging mit ihr davon.
     
    Der Stylist strich mit der Hand über Pierre Kowalskis Kopf. »Sehen Sie, Monsieur Kowalski«, sagte er. »Ich habe Ihnen versprochen, dass der Makel nur vorübergehend sein wird. Et voilà. Wenn Sie diese Salbe verwenden, wird alles wieder gut.«
    Und tatsächlich wuchs Kowalskis Haar wieder nach, schütter und vorsichtig wie Gras nach einem langen Winter. Als Junge war er hübsch gewesen. Er selbst sah sich immer noch so, trotz seines Dreifachkinns, seinen Brüsten, die in C-Cups gepasst hätten, und seiner Taille von einhundertdreißig Zentimetern. Aber niemand konnte ihn überzeugen, dass sein Kopf derzeit gut aussah. Als man das Isolierband abnahm, hatte man auch Hautstücke und Haar mitgerissen. Er sah aus wie ein Patient, der eine Chemotherapie machte, nur fetter und weniger sympathisch.
    »Ausgezeichnet, J. P.«, sagte Kowalski, während er ihm mit der Hand bedeutete zu gehen. Der Stylist stürmte augenblicklich aus Kowalskis Büro, einem quadratischen Raum, der mit einer Holztäfelung ausgestattet und berühmten Waffen geschmückt war. Rommels private Luger. Ein Säbel, den Napoleon getragen hatte.
    Jetzt, wo er allein war, sah Kowalski auf den Zürichsee hinaus und die Berge dahinter. Endlich Frieden.
    Aber dieser Zustand hielt nicht lange an. Vor seinem Büro
hörte er Schritte. Schnelle, junge Schritte auf hohen Haken. Natalia, seine derzeitige Favoritin. »Nicht jetzt«, sagte er, ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, sich umzudrehen, als sie hereinkam.
    »Pierre …«
    »Nicht jetzt. Wenn du einen Scheck brauchst, sag es Jacques.«
    Sie verschwand.
    Nachdem die Chinesen vor ein paar Tagen verkündet hatten, dass Li Ping aufgrund nicht näher definierter »Verbrechen gegen den Staat« verhaftet worden war, hatte er sich mehr oder weniger versteckt.
    Er hatte zu Recht vermutet, dass die USA dahintergekommen waren, dass Li ihn benützt hatte, um den Taliban zu helfen, und dass sie die entsprechenden Beweise an Lis Feinde im Ständigen Ausschuss weitergegeben hatten.
    Zwei angsterfüllte Tage lang hatte sich Kowalski gefragt, ob die USA nun auch hinter ihm her waren. Dann hatte er von Freunden in Langley und dem Pentagon gehört, dass er sicher war. Sowohl die USA als auch China hatten sich entschlossen vorzugeben, dass ihre Konfrontation nicht stattgefunden hatte. China entschuldigte sich für den Torpedoangriff auf die Decatur – Peking bezeichnete den Angriff als »tragischen und unnotwendigen Unfall« – und stimmte zu, eine Milliarde Dollar als Entschädigung an die USA und die Matrosen auf dem Schiff zu bezahlen. Zudem beendeten die Chinesen stillschweigend ihre Atomunterstützung für den Iran und übergaben der amerikanischen Navy einen voll funktionsfähigen Typhoon-Torpedo zur Rückwärtsentwicklung – ein ironischer Beweis für den neuen militärischen Fortschritt Chinas. Im Gegenzug zahlten die USA den Familien der Studenten, die bei der Kollision der Decatur
mit dem Fischkutter ertrunken waren, mehrere Millionen Dollar. Keine der beiden Seiten wollte auf Kowalskis Beteiligung hinweisen oder
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