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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Autoren: Alex Berenson
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Gleichgewicht wiederzufinden, begann er stattdessen, um die eigene Achse zu wirbeln und in der Luft umherzuspringen, wie ein Kiesel, der von einer Welle erfasst worden war. Plötzlich war er nicht mehr in der Lage, den Fallschirm zu öffnen. Während die Sekunden weiterliefen, atmete er tief durch und versuchte, sich zu erinnern, was er im Training gelernt hatte. Dann erreichte er die Wolkenschicht, und die Luft um ihn wurde weiß und drohte, ihn zu ersticken.
    Entspann dich. Er breitete Arme und Beine aus, so weit er konnte, und bog den Rücken durch, um maximalen Luftwiderstand zu erzielen. Als er wieder aus den Wolken auftauchte, wirbelte er zwar nicht mehr um die eigene Achse, aber das Meer war ihm schon sehr nahe. Nur noch wenige Hundert Meter unter ihm lag das Wasser dunkel und nichts sagend. Er konnte bereits zwei Boote sehen, die nach Westen tuckerten. Sie würden ihn finden. Sofern er an seinen Fallschirm gelangte. Während Bosarelli quer über seine Brust nach der Schnur griff, betete er, dass er sich sanft öffnen möge. Er war nicht sicher, ob ihm noch genug Zeit bleiben würde, um den Reserveschirm zu öffnen.

    Dann …
    Als ihn der Fallschirm dem Griff der Gravitation entriss, wurde sein Körper mit einem Ruck aufwärtsgezogen. Über sich sah er einen offenen Baldachin, der sich wie die Flügel eines Engels über ihm ausbreitete.
     
    Eineinhalb Kilometer entfernt stürzte die leere C-130 mit der Nase voran auf das Gelbe Meer zu. Im Cockpit hallten die nun nutzlosen Alarme wider. Zwölfhundert Meter. Die Bomben und Benzinfässer spannten das Sicherheitsnetz, mit dem sie am Boden des Laderaums festgebunden waren, aber die dicken Nylonfäden hielten stand.
    Eintausend Meter. Die C-130 näherte sich der Schallgeschwindigkeit von dreihundertdreißig Metern pro Sekunde. Als sich die Geschwindigkeit des Flugzeugs weiter erhöhte, entstanden durch den Sturzflug so große Beschleunigungskräfte, dass die linke Tragfläche vom Rumpf abgerissen wurde …
    Achthundert Meter. Das Geisterflugzeug begann auseinanderzubrechen. Aber in diesem Augenblick waren die strukturellen Mängel nicht mehr von Bedeutung. Die Hercules hatte ihre Aufgabe erfüllt.
    Sechshundert Meter …
    Dreihundert Meter …
    Die Höhenzünder der GBU-29 gingen los und brachten eintausendvierhundert Kilogramm Sprengstoff zur Explosion. In einem Sekundenbruchteil verwandelte sich der Transportraum in ein Inferno und die mit geliertem Benzin gefüllten Ölfässer gingen in die Luft.
     
    Bosarelli sah die Explosion, ehe er sie fühlte. Die Nacht erhellte sich durch eine zweite Sonne, eine goldgelbe Wolke,
die nach oben und nach außen explodierte und die klassische, pilzförmige Wolke einer Miniaturatombombe bildete. So strahlend und so wunderschön. Einige Sekunden später erfasste ihn die Explosionswelle, die heißer war, als er erwartet hatte, und erfüllt von Benzin- und Benzoldämpfen. Aber in diesem Augenblick war er dem Wasser schon so nahe, dass er wusste, er würde überleben.
    Er konnte nur hoffen, dass die Bombe ihren Zweck erfüllt hatte.

38
    Als sich der Himmel weiß färbte, glaubte Wells zu träumen. Dann hörte er, wie Cao einen Schrei ausstieß, und wusste, dass er doch nicht träumte. Er begann zu zählen: einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig … während er darauf wartete, dass der Knall der Explosion sie erreichen würde, um abzuschätzen, wie weit sie entfernt war. Dann erfüllte die Druckwelle seine Ohren – fünfundzwanzig bis dreißig Kilometer. Innerhalb der letzten Stunde hatten die Chinesen mehr und mehr Hubschrauber in die Luft geschickt. Erst vor wenigen Minuten durchlebten sie eine Schrecksekunde, als ein Hubschrauber an ihnen vorüberstrich und sein Suchlicht sie nur um wenige hundert Meter verfehlte. Jetzt diese Explosion. Das konnte kein Zufall sein. War ein chinesischer Jet oder Hubschrauber explodiert? Nein, das Feuer war zu groß. Es leuchtete ein wenig südöstlich von ihnen und erhellte die Nacht wie eine Leuchtfackel.
    Wie eine Leuchtfackel.
    Cao steuerte das Boot nach Norden, weg von der Explosion. Wells berührte ihn an der Schulter und deutete auf den weißen Feuerball, der allmählich seine Form verlor und immer noch hell brennend mit den Wolken verschmolz. »Fahren Sie dorthin.«
    »Dorthin?«
    »Das ist für uns.«
    Unglücklicherweise waren die Chinesen offensichtlich zu derselben Schlussfolgerung gelangt. Die Hubschrauber flogen dröhnend auf den Ort der Explosion zu und ließen ihre
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