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John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung

John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung

Titel: John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
Autoren: Linda Howard
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galt Niema. »Mein Gott …«, begann er, doch Tucker brachte ihn mit einer herrischen Bewegung zum Schweigen.
    »Nicht jetzt. Wir müssen weg.« Er drückte Hadi einen der drei Packen in die Arme und warf sich die anderen beiden über die eigenen Schultern. Dann ergriff er ein Gewehr, nahm Niemas Arm und führte sie hinaus in die eisige Nacht.
     
    Ihr Transportfahrzeug, ein uralter Renault, hatte schon in der ersten Nacht seinen Geist aufgegeben, und nicht einmal Tuckers mechanisches Genie vermochte eine gebrochene Achse zu reparieren. Hadi warf Niema einen besorgten Blick zu. In den zwei Tagen, seit sie nun unterwegs waren, war nicht eine Klage über ihre Lippen gekommen; sie marschierte wie ein Roboter, egal, wie gnadenlos Tucker die kleine Gruppe auch antrieb. Sie sprach nur, wenn man ihr eine direkte Frage stellte; aß nur, wenn Tucker ihr etwas zu essen gab, trank, wenn er ihr die Flasche reichte. Was sie nicht tat, war schlafen. Sie legte sich zwar nieder, wenn man es ihr befahl, aber sie schlief nicht, und inzwischen waren ihre Lider vor Müdigkeit ganz geschwollen. Beide Männer wussten, dass sie nicht mehr sehr lange durchhalten konnte.
    »Was hast du vor?«, erkundigte sich Hadi mit gedämpfter Stimme bei Tucker. »Sollen wir uns, wie ursprünglich geplant, trennen oder zusammenbleiben? Vielleicht brauchst du ja Hilfe, um sie rauszubekommen.«
    »Wir trennen uns«, entgegnete Tucker. »Das ist sicherer. Eine Frau, die mit zwei Männern reist, erregt mehr Aufmerksamkeit als ein Mann mit seiner Frau.«
    Ihr Weg führte nach Nordwesten, durch das am dichtesten bevölkerte Gebiet des Iran, aber es war der einzige Weg in die rettende Türkei. Der Irak lag im Westen, Afghanistan und Pakistan lagen im Osten und die Splitternationen, die sich nach dem Zusammenbruch der alten Sowjetunion gebildet hatten, im Nordosten, das Kaspische Meer im Norden und der Persische Golf im Süden, jenseits einer äußerst gastfeindlichen Wüstenregion. Die Türkei war demnach das einzig mögliche Ziel. Von jetzt an musste Niema wieder den Tschador tragen.
    Anfangs waren sie nur nachts unterwegs gewesen, um einer Entdeckung zu entgehen, obwohl es sehr gut möglich war, dass man Sayyed und Dallas für die einzigen Saboteure hielt. Ja, es war sogar möglich, überlegte Tucker, dass überhaupt nichts von Saboteuren nach draußen gedrungen war. Die Fabrikanlage lag abgelegen, die einzige Verbindung zur Außenwelt bestand in einer einzigen Telefonleitung. Es konnte sehr gut sein, dass es Dallas gelungen war, aufs Knöpfchen zu drücken, bevor man Gelegenheit hatte, einen Anruf zu machen, vorausgesetzt, die Arbeiter waren überhaupt auf einen solchen Gedanken gekommen.
    Das Gebäude war nur noch ein verkohlter Schutthaufen. Tucker war selbst auf Erkundung gegangen, hatte Niema unter Hadis wachsamer Obhut zurückgelassen. Dallas war, wie immer, sehr gründlich gewesen: Was der Plastiksprengstoff nicht zerstört hatte, war vom Feuer erledigt worden.
    Das war das einzige Mal, dass Niema von sich aus etwas sagte. Als Tucker zurückkehrte, starrte sie ihn mit großen, bodenlosen schwarzen Augen an, in denen dennoch gleichsam ein Hoffnungsschimmer zu glimmen schien. »Hast du ihn gefunden?«, erkundigte sie sich.
    Überrascht, ohne es sich jedoch anmerken zu lassen, antwortete er: »Nein.«
    »Aber – aber seine Leiche …«
    Sie klammerte sich also zumindest nicht an die irrwitzige Hoffnung, Dallas könnte noch am Leben sein. Alles, was sie wollte, war seine Leiche für ein anständiges Begräbnis.
    »Niema … es ist nichts mehr übrig.« Er sagte es so sanft, wie er konnte, obwohl er wusste, dass nichts sie vor diesem weiteren Schock bewahren konnte, doch er versuchte es trotzdem. Sie war die ganze Zeit über ein prima Kumpel gewesen, ein wertvolles Mitglied der Gruppe, doch nun wirkte sie so verdammt zerbrechlich.
    Nichts mehr übrig. Er sah, wie die Worte einschlugen, sah den Ausdruck des Schocks auf ihrem Gesicht. Seitdem hatte sie um nichts mehr gebeten, nicht mal um Wasser. Er selbst war so zäh, dass er lange ohne auskam, bevor er überhaupt merkte, dass er Durst hatte. Also durfte er nicht von sich ausgehen, wenn es um die Beurteilung ihrer Bedürfnisse ging. Daher setzte er sich ein Zeitlimit: Alle zwei Stunden zwang er sie zu trinken. Alle vier, zu essen. Nicht, dass wirklich ein Zwang nötig gewesen wäre; sie nahm automatisch, was immer man ihr hinhielt.
    Doch jetzt war die Zeit gekommen, dass sie sich, wie geplant, trennen
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