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Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief

Titel: Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
Autoren: Henning Mankell
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nach Hause«, sagte er.
    »Ich komm später«, antwortete Samuel. »Ich muss mich ein bisschen bewegen. Es macht mich so ruhelos, wenn ich nur zu Hause rumsitze.«
    »Nichts wird besser, wenn du säufst.«
    »Ich trink ein Glas, wenn ich es will.«
    Joel hatte ein Gefühl, als ob er mit einem Baum redete. Samuel hörte ihm nicht zu. Joel blieb jäh stehen. Samuel lief fast in ihn hinein.
    »Komm jetzt mit nach Hause«, sagte Joel. Er flehte. »Ich komm später«, sagte Samuel. »Mach dir meinetwegen keine Sorgen.«
    Die Worte rollten wie Donner auf Joel zu. Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Kapierte Samuel denn gar nichts? Joel stürzte sich auf ihn und begann ihm gegen die Brust zu trommeln. Die Straße war glatt. Samuel rutschte aus und fiel und zog Joel mit sich. Sie landeten in einem Schneehaufen. Joel sah den Windhund vor sich. Wie er sich an ihr gerächt hatte, indem er ihr Schnee in den Halsausschnitt gestopft hatte. Warum sollte er nicht dasselbe mit Samuel machen? Er begann ihm das Gesicht mit Schnee einzureihen. Samuel grunzte und knurrte vor Verwunderung. Dann wehrte er sich. Aber Joel gab nicht auf. Er knallte ihm Schnee ins Gesicht, versuchte ihm Schnee ins Hemd zu schieben. Er wütete weiter, bis Samuel ihn am Jackenkragen zu packen bekam und zur Seite schleuderte.
    »Was ist denn in dich gefahren?«, sagte Samuel und fing an sich den Schnee abzuklopfen.
    Joel stürzte sich erneut auf ihn. Jetzt ließ er den Schnee sein.
    Jetzt schlug er auf Samuel ein, der sich wehrte, so gut er konnte.
    Dann war es zu Ende. Joel streckte sich mitten auf der Straße auf dem Rücken aus.
    Samuel hatte sich aufgerichtet.
    »Da kannst du nicht liegen bleiben«, sagte er.
    »Kann ich nicht?«, sagte Joel. »Ich kann hier liegen und erfrieren.«
    Samuel bückte sich, nahm seinen Arm und zog ihn hoch. Samuel war stark, wenn er es wollte.
    »Jetzt ist Schluss mit den Dummheiten«, sagte er. »Jetzt gehst du nach Hause. Und lässt mich in Frieden. Ich bin erwachsen und kann machen, was ich will.«
    »Wenn hier jemand erwachsen ist, dann bin ich das«, sagte Joel. »Was du bist, weiß ich nicht.«
    »Willst du dich mit deinem eigenen Vater anlegen?« »Ich will mich nicht anlegen. Ich sage nur, wie es ist.« Jetzt war Samuel nervös. Bestimmt sehnte er sich auch nach etwas zu trinken. Aber wenn er nervös war, konnte er jähzornig werden. Joel machte einen Schritt rückwärts. »Du gehst jetzt nach Hause«, sagte Samuel. »Ich zünde das Haus an«, antwortete Joel.
    Jetzt war Samuel wütend. Nervös und zornig. Er versuchte Joel zu packen. Aber der war vorbereitet und sprang zur Seite.
    »Ich will kein Wort mehr hören«, sagte Samuel. »Wenn du jetzt nicht nach Hause gehst, weiß ich nicht, was ich tue.« »Du kannst mich ja totschlagen«, sagte Joel. »Aber wer wird dir dann was zu essen kochen?«
    Samuel versuchte ihn wieder zu packen. Sie tänzelten umeinander herum auf der Straße.
    »Sag das noch mal«, drohte Samuel.
    Joel rief, dass es widerhallte.
    »Du kannst mich ja totschlagen. Aber wer wird dir dann was zu essen kochen.«
    »Die Leute können dich hören«, sagte Samuel. »Schrei nicht so.«
    Jetzt flehte er.
    »Uns hört niemand«, sagte Joel. Dann konnte er nicht mehr. Die Kraft floss aus ihm heraus. Als ob er geplatzt wäre. »Geh jetzt nach Hause«, sagte Samuel wieder. »Lass mich in Frieden. Ich komme bald. Es ist das letzte Mal. Das verspreche ich.«
    Samuel drehte sich um. Joel sah seinen krummen Rücken. Sah ihn verschwinden und kleiner und kleiner werden. Bis er schließlich in der Dunkelheit untertauchte.
    Joel ging nach Hause. Sein Kopf war ganz leer. Er konnte nicht mehr. Wenn das Leben so sein sollte, konnte er gut drauf verzichten. Was er auch tat, Samuel machte es ihm kaputt.
    Er kam zu dem Haus am Fluss. Da hatte er sich entschieden. Er ging nach oben und holte die Matratze und die Decke. Dann zog er das Bett aus dem Holzschuppen und stellte es mitten vor die Haustreppe. Wenn Samuel irgendwann nach Hause kam, konnte er ihn nicht übersehen. Wie betrunken er auch sein mochte.
    Joel streckte sich aus und deckte sich zu. Es war kalt. Aber das war ihm egal. Ihm war alles egal.
    Langsam wurde er gefühllos. Und schlief ein. Einzelne Schneeflocken sanken auf die Decke nieder. Bald wurden es mehr. Es hatte wieder angefangen zu schneien. Lautlos in der Nacht.
    Joel träumte.
Es war Morgen und er zog das Rollo hoch. Sogar den Knall konnte er im Traum boren. Abends, als er zu Bett gegangen war, war es
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