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Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Titel: Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
Autoren: Dan Simmons
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und sein Finger verkrampften sich um den Abzug. Schließlich ließ er den Hahn der großen Ruger los und schlug Kurtz mit dem langen Lauf gegen den Schädel – einmal, zweimal, dreimal.
    Kurtz spürte, wie seine Kopfhaut aufplatzte. Blut rann ihm salzig in die Augen und tropfte auf die Plastikunterlage. Gut. Nichts Dramatisches. Sieht wahrscheinlich schlimmer aus, als es ist. Vielleicht ist er für den Augenblick damit zufrieden.
    Levine knallte die Kofferraumklappe zu, wendete mit quietschenden Reifen und raste los, wobei Kurtz, der wie ein Tier blutete, im Kofferraum hin und her geschleudert wurde.

KAPITEL 43
    Kurtz hatte nichts, woran er die Zeit messen konnte, außer dem leichten Nachlassen der Schmerzen und der langsamen Rückkehr der Kontrolle über seine Muskeln, aber es mochte wohl eine Stunde vergangen sein, als der Wagen endlich zum Stehen kam. Der Kofferraum wurde geöffnet und Kurtz sog gierig die kalte Nachtluft ein, obwohl er während der ganzen Fahrt unkontrolliert gezittert hatte.
    »Na schön«, verlangte Manny Levine, »wir sind jetzt südlich vom Perry Center. Hier gibt es nur noch einspurige Straßen und Schotterpisten. Wo geht’s jetzt weiter?«
    »Ich muss vorne sitzen und Ihnen den Weg zeigen«, sagte Kurtz.
    Der Zwerg lachte. Er hatte kleine gelbe Zähne. »Auf keinen Fall, Houdini.«
    »Sie wollen Ihrem Bruder doch zu einer würdigen Beerdigung verhelfen.«
    »Ja, aber das steht erst an zweiter Stelle. Meine oberste Priorität ist es, dich um die Ecke zu bringen, und ich werde mich dabei nicht von sentimentalen Gefühlen ablenken lassen. Wo geht’s jetzt weiter?«
    Kurtz nahm sich einen Augenblick Zeit, um nachzudenken und zaghaft seine Arme zu dehnen. Er hatte während der Fahrt herausgefunden, dass seine Hand- und Fußfesseln nicht nur gegeneinander, sondern auch noch an etwas Hartes hinter ihm gekettet waren.
    »Die Bedenkzeit ist abgelaufen«, erklärte Manny Levine. Er beugte sich mit seinem Taser vor. Der fiese kleine Elektroschocker besaß Dioden, die etwa zehn Zentimeter weit auseinanderstanden. Er setzte diese Metallstummel über Kurtz’ rechtem Ohr an und drückte für einen Sekundenbruchteil auf den Auslöser.
    Kurtz schrie. Er konnte nicht anders. Sein Gesichtsfeld, durch die aufgerissene Kopfhaut und das getrocknete Blut ohnehin eingeschränkt, flammte in einem hellen Orange auf, wechselte ins Rote und setzte eine Zeit lang völlig aus. Als er wieder sehen und einigermaßen klar denken konnte, grinste Levine auf ihn herunter.
    »Einige Hundert Meter hinter der Landstraße 93«, keuchte Kurtz. »Ein Schotterweg. Fahren Sie nach rechts auf den Wald zu, bis der Weg endet.«
    Levine bewegte den Arm nach unten, drückte die Elektroden gegen Kurtz’ Hoden und betätigte ein weiteres Mal den Knopf. Noch lange, nachdem Levine den Kofferraum geschlossen hatte und weitergefahren war, hallte Kurtz’ stummer Schrei durch die Nacht.
    Levine riss den Kofferraum auf. Hinter ihm rieselten im roten Leuchten der Bremslichter die Schneeflocken herunter. »Bist du bereit, mir den Platz zu zeigen?«, fragte der Zwerg.
    Kurtz nickte vorsichtig. Schon die kleinste Bewegung tat unglaublich weh, aber er übertrieb sogar noch ein bisschen. »Helfen Sie mir raus«, krächzte er. Das war Plan A. Falls er ihm den Weg zeigen sollte, musste Levine ihn losmachen und die Fußfesseln lösen. Vielleicht würde es Kurtz dabei sogar gelingen, sich den erbärmlichen Zwerg zu schnappen. Es war kein besonders ausgefeilter Plan, aber das Beste, was ihm bisher eingefallen war.
    »Sicher, sicher.« Levine klang regelrecht freundlich. Er streckte den Taser aus und drückte ihn gegen Kurtz’ Arm.
    Blitzlichtgewitter. Tiefe Schwärze.
    Als Kurtz wieder zu sich kam, lag er seitlich auf dem gefrorenen Boden. Er blinzelte mit seinem gesunden Auge und versuchte, sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Allzu lange konnte er nicht weggetreten sein.
    Nachdem Levine ihm den Stromstoß versetzt hatte, hatte er ihn offensichtlich aus dem Kofferraum gezerrt und war dabei alles andere als sanft vorgegangen, dachte Kurtz, der einen frisch abgebrochenen Zahn in seinem Kiefer spürte. Kurtz’ Hände waren jetzt vor ihm gefesselt. Normalerweise wäre das eine gute Nachricht gewesen, aber die Handschellen waren in Straflagermanier mit einer Kette an den Fußfesseln befestigt und eine längere Stahlkette mit feineren Gliedern – alles in allem vielleicht fünf Meter lang – führte zu einer
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