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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13
Autoren: Michael Ende
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Geschirr vom Tisch, und die kleine Prinzessin half ihr
beim Spülen und Abtrocknen, während Lukas und Jim sich daranmachten, die vielen
Briefe zu beantworten. Lukas schrieb und Jim half, so gut er eben helfen
konnte, indem er unter jeden Antwortbrief sein schwarzes Gesicht als
Unterschrift malte, Briefe zusammenfaltete und einsteckte, Marken auf die
Umschläge pappte, die er dann zuklebte.
    Und als sie alle Briefe fertig hatten,
da tat Lukas dem Lokomotivführer, der doch wahrhaftig ein starker Mann war, die
Hand vom Schreiben weh. Und Jim, der alle Briefmarken und alle Umschläge mit
der Zunge angeleckt hatte, um sie an- oder zuzukleben, lehnte sich ganz
erschöpft auf seinem Stuhl zurück und sagte:
    „O geminge, dad bab abab einge Abbeip!“
Er hatte eigentlich sagen wollen: „O jemine, das war aber eine Arbeit!“ Dabei
war ihm die Zunge im Mund festgepappt. Er mußte noch einmal die Zähne putzen
und gurgeln, sonst hätte er nicht mit den anderen zu Mittag essen können.
    Am Nachmittag kam der Briefträger mit
Herrn Ärmel. Sie waren bei König Alfons gewesen und hatten den Auftrag
bekommen, alle Untertanen zu einer Audienz zu rufen. Also gingen sie alle zum
Schloß hinauf.
    Der König saß wie gewöhnlich in seinem
Schlafrock aus rotem Samt, mit seiner Krone auf dem Kopf und den schottisch
karierten Pantoffeln an den Füßen, auf seinem Thron. Neben ihm stand auf einem
besonderen Tischchen das große, goldene Telefon.
    „Meine lieben Untertanen“, sagte er und
winkte freundlich mit der Hand jedem einzelnen zu, „ich wünsche euch einen
guten Tag.“ Darauf ergriff Herr Ärmel das Wort: „Wir alle wünschen Eurer
Majestät einen allerbesten Tag und vermelden hiermit untertänigst unsere
vollständige Anwesenheit.“
    „Nun denn“, begann der König und
räusperte sich einige Male, um seine Gedanken zu sammeln, „fürwahr, meine
lieben Untertanen, es tut mir leid, aber ich muß euch sagen, daß der Anlaß, aus
dem ich euch heute zu mir gerufen habe, ein ernster ist. Er ist sogar sozusagen
— gewissermaßen...“
    Hier räusperte sich König Alfons
abermals und blickte ein wenig ratlos von einem zum anderen.
    „Wollten Sie uns einen Beschluß
mitteilen, Majestät?“ warf Frau Waas hilfreich ein.
    „Gewiß wollte ich das“, erwiderte der
König. „Aber das ist nicht so einfach. Ich habe nämlich mehrere Beschlüsse
gefaßt, genauer gesagt zwei. Der erste Beschluß ist der, daß ich beschlossen
habe, euch meinen Beschluß mitzuteilen. Das habe ich nun getan, und somit habe
ich meinen ersten Beschluß ausgeführt.“
    Der König nahm seine Krone ab, hauchte
darauf und putzte sie mit dem Ärmel seines Schlafrocks blank, wie er es immer
zu tun pflegte, wenn er sich in seinen schwierigen Gedanken verstrickt hatte
und etwas Zeit gewinnen wollte, um wieder herauszufinden. Schließlich setzte er
seine Krone mit einem entschlossenen Ruck wieder auf und sprach:
    „Meine teuren Untertanen! Der gestrige
Vorfall mit dem Postschiff hat gezeigt, daß es so nicht mehr länger weitergehen
kann. Das wäre viel zu gefährlich. In der Regierungssprache nennt man es eine
,ernste Lage’. Das bedeutet etwas, was nicht so weitergehen kann.“
    „Und was kann nicht so weitergehen,
Majestät?“ fragte Lukas.
    „Das habe ich euch doch eben erklärt“,
seufzte König Alfons und wischte sich mit seinem seidenen Taschentuch einige
Schweißperlen von der Stirn, denn die Audienz begann ihn sehr anzustrengen.

     
    Die Untertanen warteten schweigend, bis
König Alfons sich wieder gesammelt hatte und fortfuhr:
    „Ihr könnt das alles nicht verstehen,
weil es zu schwierig ist. Die Hauptsache ist ja schließlich, daß ich es
verstehe, dafür bin ich der König. Also, meinen ersten Beschluß habe ich euch
schon gesagt, und mein zweiter Beschluß heißt so: Es muß etwas geschehen.“
    „Was muß geschehen, Majestät?“ fragte
Lukas vorsichtig.
    „Ich werde es euch erklären“, sagte der
König. „Die Ve-Sta-vo-Lu-u-Neu-Lu sind in Gefahr.“
    „Die was?“ fragte Lukas.
    „Die Ve-Sta-vo-Lu-u-Neu-Lu. Das ist
eine Abkürzung, denn in der Regierungssprache benützt man immer Abkürzungen. Es
bedeutet ‚Die Vereinigten Staaten von Lummerland und Neu-Lummerland’.“
    „Aha“, antwortete Lukas, „und warum
sind sie in Gefahr?“
    Der König erklärte: „Gestern ist doch
das kleine Postschiff gegen die Landesgrenze von Neu-Lu gestoßen, weil es so
dunkel war. Früher kam ja nur hin und wieder das Postschiff zu uns, aber
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