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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13
Autoren: Michael Ende
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Pfeife. Auch Jim
holte seine Tabakspfeife, die ihm damals die kleine Prinzessin zur Verlobung
geschenkt hatte. Aber er rauchte nicht richtig. Lukas hatte ihm davon abgeraten
und ihm erklärt, daß man nicht mehr weiterwächst, wenn man damit anfängt. Bei
Erwachsenen macht das ja nichts, weil sie schon groß genug sind, aber Jim war
bis jetzt noch immer ein halber Untertan, und das wollte er natürlich nicht für
alle Zeiten bleiben.

    Draußen senkte sich schon die
Abenddämmerung hernieder, und der Regen ließ ein wenig nach. In der Küche war
es warm und gemütlich.
    „Was ich dich schon längst fragen
wollte, Li Si“, begann Lukas, nachdem er seine Pfeife gemächlich angezündet
hatte, „wie geht’s eigentlich dem Drachen Mahlzahn?“
    „Er
schläft immer noch tief“, antwortete die kleine Prinzessin mit ihrer lieblichen
Vogelstimme. „Aber er ist ganz wunderbar anzusehen. Er glänzt und funkelt vom
Kopf bis zur Schwanzspitze, als ob er aus purem Gold wäre. Mein Väter läßt ihn
Tag und Nacht von Wächtern behüten, damit sein Zauberschlaf durch nichts
gestört wird. Er hat befohlen, sofort Meldung zu erstatten, wenn der Drache
anfängt aufzuwachen. Er will euch dann gleich benachrichtigen.“
    „Fein“, sagte Lukas, „lang kann’s ja
nicht mehr dauern. Der Drache hat doch gesagt, er würde in einem Jahr wieder
aufwachen.“
    „Nach der Berechnung unserer ,Blüten
der Gelehrsamkeit’„, erwiderte Li Si, „muß der große Augenblick in drei Wochen
und einem Tag eintreten.“
    „Dann
werd’ ich den Drachen als erstes fragen“, erklärte Jim, „wo mich die dreizehn
Seeräuber geraubt haben und wer ich in Wirklichkeit bin.“
     

     
    „Ach ja“, seufzte Frau Waas bedrückt.
Sie fürchtete, daß Jim dann vielleicht für immer von Lummerland und von ihr
fortgehen könnte.
    Aber andererseits sah sie natürlich
auch ein, daß der Junge das Geheimnis seiner Herkunft durchaus erforschen
mußte. Deshalb sagte sie nichts weiter, sondern seufzte nur noch einmal aus
tiefstem Herzen.
    Dann holte Jim die Schachtel mit den
Spielen, und sie spielten zu viert „Mensch ärgere dich nicht“ und „Fang den
Hut“ und alle anderen Spiele, die da waren.
    Die meiste Zeit gewann natürlich die
kleine Prinzessin. Das war allerdings nichts Neues, aber Jim konnte sich noch
immer nicht so recht damit abfinden. Er mochte Li Si wirklich sehr gern, aber
noch lieber hätte er sie gemocht, wenn sie nicht immer so gescheit gewesen
wäre. Er hätte sie ja sogar ab und zu gewinnen lassen, aber das ging leider
nicht, weil sie sowieso dauernd gewann.
    Draußen war es inzwischen ganz dunkel
geworden und der Regen hatte aufgehört. Plötzlich pochte es.
    Frau Waas machte die Tür auf, und
herein trat Herr Ärmel. Er klappte seinen Schirm zusammen, stellte ihn in die
Ecke, nahm seinen steifen Hut ab und verbeugte sich.
    „Guten Abend, guten Abend allerseits!
Wie ich sehe, ist man mit der interessanten Tätigkeit des Spielens beschäftigt.
Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich saß nämlich drüben in meinem Hause und
fühlte mich ein wenig einsam, und da fragte ich mich, ob es Ihnen wohl recht
wäre, wenn ich ein wenig an Ihrer Geselligkeit teilnähme.“

    „Es ist uns sehr recht“, sagte Frau
Waas freundlich und stellte für Herrn Ärmel eine Tasse auf den Tisch, die sie
aus der großen bauchigen Teekanne füllte. „Setzen Sie sich zu uns, Herr Ärmel.“
    „Danke!“ erwiderte Herr Ärmel und nahm
Platz. „Ich will Ihnen gestehen, daß ich seit einiger Zeit über etwas
nachdenke, und ich würde gerne Ihre Meinung hören. Die Sache ist nämlich so:
Jeder Einwohner von Lummerland ist doch zu etwas da — außer mir. Ich gehe
hauptsächlich spazieren und werde regiert — einfach so. Sie werden gewiß
zugeben, daß dies auf die Dauer etwas unbefriedigend ist.“
    „Ach was!“ warf Frau Waas ein. „Wir
haben Sie alle gern, so wie Sie sind.“
    Und die kleine Prinzessin meinte:
„Gerade deswegen.“
    „Vielen Dank“, erwiderte Herr Ärmel,
„aber dennoch nur so dazusein, sozusagen ganz ohne was, das ist nun einmal kein
Leben. Dabei kann ich von mir sagen, daß ich ein ungewöhnlich gebildeter Mensch
bin und über Kenntnisse verfüge, die mich selbst bisweilen in größtes Erstaunen
setzen. Aber leider fragt danach niemand.“ Lukas lehnte sich in seinem Sessel
zurück und paffte schweigend einige Rauchringe zur Decke, dann sagte er
bedächtig:
    „Ich denke, Herr Ärmel, das wird sich
eines Tages finden.“
    In
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