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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13
Autoren: Michael Ende
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diesem Augenblick gab es draußen
plötzlich einen heftigen Bums, als sei irgend etwas gegen die Insel gestoßen.
„Grundgütiger Himmel!“ rief Frau Waas und ließ vor Schreck beinahe die Teekanne
fallen. „Habt ihr das gehört?“
    Lukas war schon aufgesprungen und hatte
sich seine Mütze aufgesetzt. „Los, Jim, komm mit! Wir sehen mal nach!“
    Die beiden Freunde liefen nach
Neu-Lummerland hinüber, wo der Bums hergekommen war. Der Regen hatte ja
aufgehört, aber es war stockdunkle Nacht, und deshalb dauerte es eine Weile,
bis ihre Augen sich an die Finsternis gewöhnt hatten. Es waren nur die Umrisse
von irgend etwas Großem zu sehen.
    „Vielleicht is’ es ein Walfisch“,
meinte Jim.
    „Nein, es bewegt sich nicht“, sagte
Lukas. „Es sieht eher aus wie ein kleines Schiff.“
    „Heda! Hallo!“ rief plötzlich eine
Stimme. „Ist denn niemand zu Hause?“
    „Doch“, gab Lukas zurück, „zu wem
wollen Sie denn?“
    „Ist das hier nicht die Insel
Lummerland?“ erkundigte sich die Stimme.
    „Es ist Neu-Lummerland“, erklärte
Lukas, „wer ist denn da?“
    „Ich bin der Briefträger“, sagte die
Stimme aus der Dunkelheit ein wenig kläglich. „Ich habe wegen des starken
Regens heute nachmittag die Orientierung verloren. Und weil es so stockdunkel
ist, daß man die Hand nicht vor den Augen sehen kann, bin ich mit meinem
Postschiff leider gegen die Landesgrenze gebumst. Es tut mir wirklich sehr
leid, entschuldigen Sie bitte!“
    „Macht nichts“, rief Lukas zurück, „es
ist ja weiter nichts passiert. Aber kommen Sie doch herunter von Ihrem
Postschiff, Herr Briefträger!“
    „Ich möchte schon“, hörte man den
Briefträger sagen, „aber ich habe da einen Sack voller Briefe für Lukas den
Lokomotivführer und Jim Knopf, der ist so schwer, daß ich ihn allein nicht
tragen kann.“
    Die beiden Freunde kletterten also auf
das Schiff hinauf und halfen dem Briefträger, den Sack an Land zu schaffen. Mit
vereinten Kräften schleppten sie die Last in die Küche.
    Es waren Briefe in jeder Form und Größe
und von allen Farben und mit den seltensten Briefmarken beklebt, denn sie kamen
von Hinterindien und aus Feldmoching und aus China und Stuttgart und vom
Nordpol und vom Äquator, mit einem Wort: aus aller Herren Länder. Die Absender
waren Kinder, und manche, die noch nicht selbst schreiben konnten, so wie Jim,
hatten ihren Brief jemandem diktiert oder ihn einfach gemalt. Alle hatten die
Abenteuer der beiden Freunde gehört oder gelesen und wollten nun noch diese
oder jene Einzelheit wissen, oder sie luden Jim und Lukas ein, sie zu besuchen,
oder sie drückten den beiden auch nur einfach so ihre Anerkennung aus.
    Sicherlich wird jetzt manch einer unter
meinen geschätzten Lesern wissen wollen, ob sein Brief auch dabei war. Jawohl,
er war dabei. Das sei hiermit ausdrücklich bestätigt.
    Außerdem waren da noch Briefe von den
Kindern, die Jim und Lukas damals zusammen mit der kleinen Prinzessin aus der
Drachenstadt Kummerland befreit hatten.
    „Wir müssen jedem einen Antwortbrief
schreiben“, sagte Lukas. „Aber“, rief Jim ganz erschrocken, „ich — ich kann
doch nicht schreiben!“
    „Ach ja, richtig“, murmelte Lukas, „na
ja, dann muß ich es eben allein machen.“
    Jim schwieg. Zum erstenmal wünschte er
sich, lesen und schreiben zu können, und er war eben drauf und dran, es auch
auszusprechen, als die kleine Prinzessin ein wenig schnippisch zu ihm sagte:
„Siehst du wohl!“
    Mehr sagte sie nicht, aber es genügte,
daß Jim seinen Wunsch nicht aussprach.
    „Aber heute ist es sowieso schon zu
spät“, sagte Lukas. „Ich werde das morgen erledigen.“
    „Dann ist es wohl das beste“, meinte
der Briefträger, „ich bleibe so lange hier und warte, dann kann ich eure Post
morgen gleich mitnehmen.“
    „Das ist nett von Ihnen“, sagte Lukas.
    „Wenn Sie vielleicht Lust haben“,
mischte sich Herr Ärmel ins Gespräch, „dann übernachten Sie doch in meinem
Hause. Wir könnten uns dann noch ein wenig über Geographie unterhalten — eine
Wissenschaft, von der Sie als Briefträger gewiß sehr viel verstehen und die
mich ganz außerordentlich interessiert.“
    „Aber gern“, erwiderte der Briefträger
erfreut und stand auf. „Ich wünsche allerseits eine angenehme Nacht.“ Und zu
Lukas und Jim gewendet fügte er hinzu: „Es muß hübsch sein, wenn man so viele
Freunde hat.“
    „Ja“, sagte Lukas schmunzelnd, „das ist
es, nicht wahr, Jim?“
    Jim nickte.
    „Mehr als
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