Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
JFK - Staatsstreich in Amerika (German Edition)

JFK - Staatsstreich in Amerika (German Edition)

Titel: JFK - Staatsstreich in Amerika (German Edition)
Autoren: Mathias Bröckers
Vom Netzwerk:
Stigmatisierung und Dämonisierung des »Bösen« und damit die typische Rhetorik des Kalten Kriegs weit hinter sich und schwingt sich zu einer empathischen Humanisierung des vermeintlichen Feindes, des russischen Volkes auf. Sie beschwört das Gemeinsame und Versöhnende, statt mit der Betonung von Angst und Schrecken die Spaltung voranzutreiben, und sie appelliert in psychologischer Tiefe an beide Seiten, ihre innere Haltung und Eigenwahrnehmung einem Prozess der Selbsterforschung zu unterziehen.
    Animiert zu dieser radikalen und bahnbrechenden Rede wurde Kennedy von dem bekannten amerikanischen Journalisten und Friedensaktivisten Norman Cousins, der zwei Monate zuvor von einer Reise aus Rom und Moskau zurückgekehrt war, wo er mit Papst Johannes XXIII. und mit Chruschtschow Gespräche geführt hatte. Von Kennedy überbrachte er dem Sowjetführer dabei die Botschaft, »dass kein Mann in der amerikanischen Politik dringender an einer Beseitigung der Feindschaften des Kalten Kriegs interessiert sei als er« 5 – und vom Papst eine Vorabkopie seiner Enzyklika Pacem in terris , in der das Oberhaupt der Katholiken für einen globalen Frieden warb, der »nicht auf einem Gleichgewicht der Waffen, sondern auf gegenseitigem Vertrauen beruht«. Von beiden durch den inoffiziellen Botschafter Cousins überbrachten Botschaften zeigte sich Chruschtschow sehr beeindruckt. Schon im Jahr zuvor, als der Papst während der Raketenkrise auf Kuba an beide Seiten appelliert hatte, zu einem friedlichen Kompromiss zu kommen, hatte er dafür gesorgt, dass dieser päpstliche Kommentar in der Prawda abgedruckt worden war.
    Und dasselbe geschah nun mit der Rede Kennedys: Sie wurde in voller Länge in der sowjetischen Parteizeitung abgedruckt. Chruschtschow bezeichnete die Rede »als die großartigste eines amerikanischen Präsidenten seit Roosevelt«, und die Regierung ermöglichte dem ansonsten durch Störsender unterdrückten Radiosender Voice of America, sie in russischer Sprache ungekürzt in der gesamten Sowjetunion auszustrahlen. In einem Glückwunschtelegramm an Kennedy zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli betonten Chruschtschow und sein Stellvertreter Leonid Breschnew ihre Überzeugung, dass die Regierungen der beiden Länder ihre Spannungen beseitigen und im gegenseitigen Austausch »zu einem allgemeinen Frieden« kommen könnten.
    Für die Nachgeborenen, die unter dem Vorzeichen des friedlichen Endes des Kalten Kriegs nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 aufgewachsen sind, mag es schwer nachvollziehbar sein, wie unerhört diese Töne sowohl von amerikanischer als auch von sowjetischer Seite zu dieser Zeit waren, als die Mauer in Berlin gerade erst errichtet worden war, als sich die Panzer von Russen und Amerikanern am Checkpoint Charlie direkt gegenüberstanden und die ganze Welt erst jüngst haarscharf an einem nuklearen Desaster vorbeigekommen war. Doch nach der Lösung der Kubakrise durch die Privatdiplomatie der Führer der beiden Großmächte und nach dieser beeindruckenden Rede des US-Präsidenten, so beschreibt es James Douglass, »begannen Kennedy und Chruschtschow in einen Wettstreit um den Weltfrieden zu treten«. 6
    Zu Norman Cousins hatte Kennedy gesagt: »Die Hardliner in der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten stützen sich gegenseitig, indem der eine die Haltung des anderen benutzt, um seine eigene Haltung zu verteidigen.« 7 Und tatsächlich hatte Chruschtschow mit einem konsternierten Verteidigungsrat zu kämpfen, als er diesem eine deutliche Reduktion der sowjetischen Truppen auf »eine kleine, hochqualifizierte Armee« vorschlug, die Forderung des Oberkommandierenden des Warschauer Pakts, Marschall Andrei Gretschko, nach der Ausrüstung mit taktischen Atomwaffen mit der Bemerkung: »Dafür habe ich kein Geld« zurückwies und stattdessen anregte, Rüstungsfabriken von der Raketenproduktion auf die Herstellung von Schiffen für die sowjetischen Binnenschifffahrt zu konvertieren. 8 Mit diesem Umstrukturierungsplan, der eine starke Kürzung des Verteidigungsbudgets mit sich gebracht hätte, setzte sich Chruschtschow ebenso in Opposition zum militärisch-industriellen Komplex seines Landes wie Kennedy mit der Forderung nach einem Ende des Wettrüstens in den Vereinigten Staaten.
    Einen Monat vor seiner Rede an der American University hatte er mit einem National Security Action Memorandum (NSAM 239) den Generalstab und seine Sicherheitsberater beauftragt, neben Vorschlägen für die fast zum Stillstand gekommenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher