Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
verprügelt, daran erinnerte sich Beeler noch sehr genau. Und er hatte das Glas mit dem Ungeziefer aus ihrer Tasche hervorgeholt und es wütend vor eine Mauer geworfen. Das Glas war zersprungen, und das Ungeziefer hatte er wütend zertreten.
    Dafür würde sie sich jetzt rächen. Denn sie hatte es sogar schriftlich hinterlassen, bevor sie verschwunden war.
    »Ist es dir eingefallen, Harrison?« fragte sie und lächelte wieder so hinterlistig und süffisant.
    Er nickte. Es hatte keinen Sinn, sie anzulügen. »Ja, schon«, gab er zu.
    »Damals, verdammt, das liegt Jahre zurück. Wir waren fast noch Kinder. Da hat sich irgendwann jeder mit jedem geprügelt. Das ist doch so üblich gewesen. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, Susan? So lang sind zehn Jahre auch nicht.«
    »Ich erinnere mich gut, Harrison. Sehr gut sogar. Vielleicht zu gut für dich. Und nenn mich nicht Susan. Das ist vorbei. Diese Zeit gibt es nicht mehr. Ich bin Jezebel. Hörst du? Jezebel.«
    »Ja, gut.«
    »Und ein Spaß war es nicht. Keine einfachen Raufereien.« Ihre Stimme klang jetzt scharf. Wie ein Messer schnitt sie in das Fleisch seiner Erinnerungen. »Ich habe gelitten, andere weniger, aber ich weiß es noch genau. Ihr habt euch auf mich konzentriert, Harrison. Auf mich und meine Freunde. Sie paßten euch nicht. Ihr habt euch vor ihnen geekelt, aber ihr habt nicht gewußt, daß auch die Insekten oder das Ungeziefer, wie ihr es nennt, eine Seele haben. Ja, eine Seele. Sie gehören zum Kreislauf der Natur, und sie werden geleitet von einer mächtigen Kraft, die ich damals schon gespürt habe. Ich bin zu Jezebel geworden. Ich bin der Engel der Insekten und Spinnen. Ich bin der große Schutz, wenn du verstehst.«
    »Nein«, flüsterte Beeler. »Ich verstehe nichts, gar nichts. Es ist alles so furchtbar fremd für mich.«
    »Aber damals war es dir nicht fremd. Da hast du die Tiere einfach getötet. Du hast sie zertreten, brutal vernichtet, und du hast mich zuschauen lassen.« Beeler schwieg.
    »Du hast deinen Spaß daran gehabt, Harrison.« Er senkte den Kopf.
    »Und dafür wirst du bezahlen, auch noch nach zehn Jahren. Alle werden bezahlen, die damals nicht auf meiner Seite standen, und es sind verflucht viele, das weißt du. Selbst meine eigenen Großeltern haben die Tiere gehaßt, auch dafür werde ich mich rächen. Zehn Jahre haben mich nicht schwach werden lassen.«
    Beeler konnte nur zuhören. Aber er starrte Susan an. Wie hatte sie sich verändert. Sie war eine Frau geworden. Sie sah gut aus, trotz ihrer seltsamen Verkleidung und dem Armschutz. So glatt und ebenmäßig, aber ihre Seele war verdorben. Von einem Engel der Insekten hatte sie gesprochen. Sie selbst war dazu geworden. Das mußte er akzeptieren, obwohl er es nicht begriff.
    In seinem Rücken drängten sich die beiden Riesenspinnen gegeneinander. Das schabende Geräusch, das sie verursachten, erinnerte Beeler an die Spinnen. An sie hatte er nicht mehr gedacht.
    Susan war wichtiger gewesen. Jetzt nicht mehr, denn die Laute hatten sich angehört, als befänden sich die mutierten Tiere dicht hinter ihm.
    Er drehte sich.
    Sie waren da.
    Zu groß, zu gefährlich, und sie hätten nur eine Schrittlänge zurücklegen müssen, um ihn zu erreichen. Beeler schaffte es. Mit einem Sprung brachte er sich in Sicherheit. Nicht sehr weit weg, denn viel Platz blieb ihm in seiner provisorischen Werkstatt nicht.
    Bevor er durchdrehte, kam ihm der Gedanke, daß es jetzt wichtig war, sich zu wehren. Ob er Susan entkam, wußte er nicht, den Spinnen aber wollte er entwischen, obgleich sie so schnell über den Boden huschten, daß er unter dem Rand des Zeltes nicht würde ins Freie tauchen können. Er mußte sich ihnen stellen. Eine griff direkt an.
    Sie stellte sich auf die Hinterbeine und wollte an ihm hochklettern. Er nahm mit Entsetzen wahr, daß die verfluchte Spinne durch die neue Haltung beinahe schon seine Oberschenkel erreichte. Und dieses Wissen ließ ihn schreien.
    Zugleich bewegte sich seine Hand auf das Werkzeug in der Brusttasche zu. Mit einem Griff bekam er den Schraubenzieher zu fassen, der ihm das Messer ersetzen mußte. Er wollte das Werkzeug in den Körper der Spinne jagen und ihn praktisch aufspießen.
    Dabei schrie er.
    Seine Hand raste nach unten. Das Metall traf den Panzer. Er hörte es knacken. Er lachte. Dann schlug und stieß er wieder zu. Seine Hand bewegte sich hektisch. Beeler war in einem Rausch. Er sah auch kaum etwas. Vor seinen Augen wirbelten Nebel, und er stieß zu,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher