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Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel
Autoren: Jason Dark
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dennoch sahen wir zu, wie die Flügel urplötzlich zusammenschmolzen.
    Das geschah sehr schnell.
    Dann folgte der Absturz.
    Mit zuckenden Armen und Beinen, dabei schreiend, raste Jezebel in die Tiefe. Dort lauerte das Feuer.
    Sie fiel mitten hinein in die tanzenden Flammen, als wären es Dämonenarme, die sie umschlangen. Sie schrie noch, sie brüllte, sie fluchte, sie tat alles, und plötzlich zerrte mich Suko in die Höhe.
    »Durch!« brüllte er.
    Wir rannten. Die Hände und Arme schützten unsere Gesichter und die Haare, dann spürten wir die sengende Hitze, als wollte sie uns auflösen.
    Aber dieser Moment ging vorbei.
    Kalte Luft umwehte uns, und wir sahen einen Harrison Beeler, der lachte und sich dabei auf die Schenkel schlug. Für uns hatte er keinen Blick.
    Er starrte nur auf das Feuer, in dem sich noch Jezebels Gestalt abzeichnete. Sie verbrannte.
    Aber sie verbrannte nicht so wie ein Mensch, bei ihr geschah noch etwas anderes. Während ihr Körper verging, löste er sich auf, und nun schauten wir zu, was eigentlich mit ihr damals geschehen war. Sie war äußerlich ein Mensch, doch nicht im Innern. Da hatte dieser echte Jezebel seine Spuren hinterlassen, denn das Innere des Körpers bestand aus einem Gewimmel von Käfern, Spinnen und anderen Insekten, die ich nicht erkennen konnte.
    Der schöne Körper – nur eine Hülle und irgendwie auch bezeichnend für unsere Zeit – zerfloß wie Sirup. Die Gesichtszüge zogen sich zusammen, aber es traten keine Knochen unter der wegplatzenden Haut hervor, sondern auch wieder das widerliche und eklige Gewimmel, das zu einem Raub der Flammen wurde.
    Die trockenen Körper der Spinnen zersprühten wie bei einem Feuerwerk.
    Käfer zerknackten, die Frau hatte sich längst aufgelöst, und die heiße Glut vernichtete vor unseren Augen alles, was da zurückgeblieben war.
    Die Hitze ließ allmählich nach. Das Feuer sank zusammen.
    Nebeneinander standen wir in einer angemessenen Entfernung und schauten zu. Wir rochen nach Rauch, und ich merkte, daß meine Haare über der Stirn angesengt waren. Auch die Augenbrauen hatten etwas abbekommen.
    Es dauerte nicht mal eine Minute, da war das Benzin verbrannt und mit ihr Susan Wade.
    Weit riß Beeler den Mund auf. Sehr weit sogar. Dann lachte er und schrie seine Erleichterung hinaus in die Dämmerung.
    Sehr bald schon saßen wir wieder in unserem Rover und fuhren zurück.
    Der Anstieg hatte Beeler schwer zu schaffen gemacht. Er hockte wie ein Kranker auf dem Rücksitz, aber hin und wieder sprach er davon, daß er und seine Familie gerettet waren.
    Diesmal fuhr Suko. So hatte ich Zeit, mich umzusehen. Je näher wir Euston kamen, um so mehr stieg die Spannung in mir an. Ich erinnerte mich daran, daß uns auf dem Hinweg manchmal wahre Insektenwolken begleitet hatten. Jetzt nicht mehr. Sie waren verschwunden. Gestorben, abgetaucht, wie auch immer. Ihre Königin lebte nicht mehr, demnach hatten auch sie kein Recht mehr, weiterhin zu existieren.
    Spinnen, Käfer und Ungeziefer konnten die Bewohner von Euston vergessen.
    Als Suko mein Lächeln sah, knuffte er mich in die Seite. »Na, bist du zufrieden, Alter?«
    »Mehr als das.«
    »Ich auch.«
    »Aber ich habe trotzdem eine Frage. Haben wir nur Susan vernichtet oder auch den Geist, der in ihr steckte?«
    »Willst du darauf wirklich eine Antwort haben, John?«
    »Ja. Sonst hätte ich nicht gefragt.«
    »Ich weiß es nicht…«
    »Ich auch nicht«, sagte ich und schloß für einen Moment die Augen.
    »Aber man soll die Hoffnung ja nie aufgeben…«
    ENDE
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