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Jetzt aber Ballett (German Edition)

Jetzt aber Ballett (German Edition)

Titel: Jetzt aber Ballett (German Edition)
Autoren: Nick Colbe
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erkannte. Die beiden waren eigentlich seine einzigen Freunde und spielten in einer recht erfolgreichen Teenieband.
    Sofort versuchte er einen Rückruf, aber vergebens.
    Er trat wütend gegen die Tür. Nur gut, dass er sturmfrei hatte – die Eltern waren verreist. Aber er wusste, dass Till und John sich stets meldeten, wenn sie in Magdeburg waren. Also würde er mal die bekannten Orte nach ihnen abgrasen.
     
    Doch zuvor wollte er noch ein wenig schlafen. Er legte das neue Ärztealbum in den Player, drehte voll auf und ließ sich aufs Bett fallen. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen und hörte weder Musik noch das wütende Klopfen der Nachbarn.
     
    Als Andi nach wenigen Stunden aufsprang, schaute er zuerst aufs Telefon – aber dort war kein neuer Anruf verzeichnet. Er duschte schnell und schwang sich dann auf sein Rad. So genau wusste er nicht, wo Till und John steckten – er hatte aber eine Ahnung, wo er suchen musste. Natürlich hatte er sich noch die Ärzte auf seinen iPod geladen. Er würde das Album in den nächsten Tagen exzessiv und nahezu ohne Pause seinen Gehörgängen zuführen, wie er es immer mit Neuerscheinungen seiner Lieblingsband tat. Dabei könnte er die Ohren jetzt gut anderweitig gebrauchen – der Straßenverkehr war wieder mörderisch.
     
    Andi trat wie besessen in die Pedale und erst nach einer Weile ging ihm auf, dass er sich wohl in der Richtung geirrt haben musste. Aber dann fand er doch eine plausible Erklärung dafür: er las das Schild "Jugendtheater Magdeburg" und ihm wurde klar, dass ihn sein Unterbewusstsein hierher geführt hatte.
    *Wow. Der Kerl muss es dir ja wirklich angetan haben - bringt dich doch glatt vom rechten Weg ab.*
     
    Andi nahm die Ohrstecker raus und ging auf das Gebäude zu. Schließlich lehnte er sein Rad an die Wand und betrat das offene Foyer. Er blickte sich neugierig um und blieb wie erstarrt stehen. Da hing ein Plakat mit Sascha in Lebensgröße direkt vor ihm. Er sah sich um, befingerte das Plakat und stellte fest, dass es am oberen und unteren Rand geklebt war. Was interessierte ihn der Rand? Mit schnellen Schnitten seines Taschenmessers war das Papier durchtrennt und anschließend zusammengefaltet in der Jacke verstaut.
     
    Andi fühlte sich so aufgeregt, als habe er gerade eine ganz große Rarität erobert. Dabei war es nur das künstlerisch mittelmäßige Plakat eines Provinztheaters. Doch Andi musste sich beherrschen, das verstaute Papier nicht sofort wieder hervorzuholen – er spürte den Drang, es jetzt unbedingt betrachten zu wollen. Als er aber Schritte hörte, entfernte er sich schnell von der Stelle mit den verräterischen Spuren an der Wand.
     
    Jetzt erst bekam er einen wirklichen Schreck. Da war ein Kassenschalter, hinter dem tatsächlich jemand saß. Die Frau blätterte in einer Zeitschrift und hatte daher nichts bemerkt. Andi musste erstmal tief durchatmen. Dann sah sie ihn an und öffnete den Schlitz dieses altmodischen Fensterladens .
     
    "Äh … für dieses Ballett … äh … Tanztheater, gibt’s da noch Karten?"
    "Klar", war die gelangweilte Antwort, "Wo wollen Sie denn sitzen."
    "Äh … wo man am besten was sieht."
    Die Frau rollte mit den Augen.
    "Also ganz vorne", und damit legte sie bereits eine Karte hin, "Heute 20:00 Uhr erste Reihe, richtig so?"
     
    Andi war überrascht, aber er zahlte schnell und ging dann zu seinem Rad. Da fiel ihm ein, dass er ja eigentlich nach Till und John suchte und dann sicher mit ihnen den Abend verbringen würde. Aber die Karte umzutauschen traute er sich auch nicht. Vielleicht konnte man das auch später noch machen, immerhin mussten die hier doch froh sein, überhaupt Besucher zu haben.
     
    Zwei Straßenecken weiter blieb Andi mit seinem Rad stehen und holte das Plakat heraus. Oh Gott, sah Sascha gut darauf aus. In irgendein Kostüm gekleidet blickte er den Betrachter direkt an. Andi konnte sich kaum satt sehen an den funkelnden Augen, den lebhaft geschwungenen Lippen und dem locker gewellten Blondschopf. Saschas Gesichtsausdruck war ernst, fast ein wenig arrogant – irgendwie provozierend und herausfordernd.
     
    Andi konnte sich nicht erinnern, schon einmal solch starke Gefühle für jemanden empfunden zu haben. War er verliebt? Quatsch! Er war doch nicht schwul! Aber warum hatte er dann so eine verdammte Sehnsucht nach diesem Kerl und empfand dieses heiße Kribbeln im Bauch beim Betrachten des Bildes? Wahrscheinlich sprach ihn das Feminine an Sascha an, redete er sich nun selbst
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