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Jette

Jette

Titel: Jette
Autoren: Frieda Lamberti
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verschieben. Ich glaube, mich verhört zu haben, als er seinem Arzt sagt, dass er frühestens im Juni für die letzte Sitzung bereit ist.
   »Ich werde mich nicht mit dem Gift vollpumpen lassen, während meine Frau unser Kind zur Welt bringt. Es kann jeden Tag losgehen und ich will dabei sein.«
   »Du wirst das tun, was der Arzt sagt. Du hast die ganzen Strapazen geduldig ertragen und jetzt willst du schlapp machen? Verdammt, Mirko, ich will dich behalten!«
Ich stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
   »Keine Sorge, Frau Schmelzer. Sie dürfen sich beruhigen. Bisher hat die Therapie gut bei ihrem Mann angeschlagen. Es besteht kein Grund zur Panik. Allerdings Juni halte ich für zu spät.«

Was wäre ich nur ohne meine Freundinnen und ihre Männer. Knut und Ansgar kümmern sich um Mirko, während ich bereits den zweiten Tag Senkwehen habe und liebevoll von Tine umsorgt werde. Meine Tasche fürs Krankenhaus ist bereits gepackt.
   
 

Kaiserschnitt

Drei Stunden stramme Wehen,  dann wieder zwei Stunden Wehen Pause und alles wieder auf Anfang. Ich liege bereits seit 36 Stunden im Kreissaal und bin völlig erschöpft. Die Hebamme meint, sollte sich das Baby nicht innerhalb der nächsten Stunde entschließen, freiwillig zu kommen, dann wird es mit Kaiserschnitt entbunden.
   »Ich rufe jetzt Ihren Mann an.«

Ich höre noch seine Stimme. Er sagt »Liebling, ich bin da.« Danach bin ich weg. In einer anderen Welt. Ich höre nichts mehr und die bunten Bilder, die sich vor meinem inneren Auge auftun, machen mir Angst. Ich bin in meiner ehemaligen Wohnung. Mein Blick ist verschwommen. Ein bunter Drache, der Feuer spuckt und immer näher auf mich zukommt, nimmt mir den Atem. Ich ringe nach Luft und mein Herz pocht laut in meinem Hals. Ich versuche zu schreien, aber meine Stimme versagt. Es gibt kein Entrinnen. Es ist aussichtslos. Die Falle hat zugeschnappt. Hilfe! Ich will das nicht!
   »Frau Schmelzer? Frau Schmelzer! Alles gut. Sie kommt zu sich.«
   »Du bist im Aufwachraum, Liebling. Wir haben ein Mädchen. Sie ist so süß. Sie sieht aus wie Linda damals.«
   »Ja? Genau wie Linda?«
   »Sie wird noch untersucht und kommt gleich zu uns.« Mirko streicht mit seinen Fingern zärtlich über meine Lippen. Mein Blick klärt sich langsam und ich erkenne, dass Tränen über seine Wangen laufen.

Nichts ist mehr so wie vorher. Wenn Mirko mich anschaut, meint er, in das Gesicht der Frau zu schauen, die ihm eine Tochter geschenkt hat. »Das größte nur denkbare Geschenk«, hat er gesagt. Er findet sein Mädchen wunderbar, entzückend und unvorstellbar zauberhaft. Ich kann seine Euphorie nicht teilen und frage sie immer »Wer bist du?«

Eine Hebamme betreut mich zu Hause. Ich kann nicht stillen. Das ist nicht ungewöhnlich bei Kaiserschnitt Geburten, meint sie. Ich solle Geduld haben. Ich habe keine Geduld. Mirko füttert das Kind mit der Flasche und ich liege im Bett. Wenn immer es geht, versuche ich zu schlafen. Wenn ich nicht schlafe, stelle ich mich schlafend. Ansgar ist zu Besuch. Ich höre, wie die Männer sich nebenan unterhalten.
   »Ich fürchte, Jette hat eine Schwangerschaftsdepression. Genau wie meine erste Frau damals. Ich habe dir doch davon erzählt«, höre ich Ansgar sagen. Mirko verspricht, mich nicht aus den Augen zu lassen. Er hält sein Versprechen. Ich habe keine Chance, ohne ihn das Haus zu verlassen.

Endlich. Tine und Franka kommen mich besuchen. Sie schwören auf das Leben ihrer Kinder, dass sie ihren Männern nichts von Malte und meinem Verdacht gesagt haben.
   »Hier. Es ist alles vorbereitet. Eine Speichelprobe vom Kind und ein Büschel von Mirkos Haaren, die ich aufbewahrt habe. Das ist die Adresse. Porto bekommst du wieder. Ich habe Frankas Absenderadresse angegeben. Bitte! Sag, mir sofort Bescheid, sobald das Ergebnis aus dem Labor vorliegt.«

Wie lange eine Woche dauert, weiß man erst, wenn man wie ich ungeduldig auf ein Ergebnis wartet, das ein ganzes Leben verändern kann.
 

Amore

Meine Tochter ist schon zwei Wochen alt und ich halte sie in den Armen und empfinde dabei das erste Mal Zärtlichkeit und unbändige Liebe für sie. Ich verteile abwechselnd Küsse an Louisa und ihren leiblichen Vater. Am liebsten möchte ich mein Glück laut durch den Garten schreien. Nach der nächsten Untersuchung beim Kinderarzt werden wir aufbrechen. Wir wollen den Sommer in Italien verbringen. Ende Juli werden Linda und Ben für zwei Wochen
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