Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
Vom Netzwerk:
seinen Messiasanspruch der Blasphemie schuldig gemacht, was in jüdischen Kreisen zu Todfeindschaft und Vernichtungswillen um jeden Preis geführt habe. Mit dieser Darstellung bekräftige Blinzler den antijüdischen Gottesmordvorwurf. Mehr als umstritten ist heute, inwieweit die Darstellungen der Verurteilung durch den Hohepriester in der Passionsgeschichte historisch sein können und ob die Juden zur Zeit Jesu überhaupt Kapitalgerichtsbarkeit besaßen. Die Darstellung in den Evangelien ist tendenziös. Die Römer (Pontius Pilatus) hatten zwar kein religiöses, aber ein politisches Motiv für die Kreuzigung eines potentiellen Königsprätendenten und Unruhestifters in Palästina.
    QUELLEN – Die Briefe des Paulus aus den Jahren 50 bis 60 n. Chr. bilden die ältesten Schriftzeugnisse über Jesus. Die Evangelien als Hauptinformationsquellen entstanden später, zwischen 70 und 100. Die Evangelien nach Markus, Matthäus und Lukas heißen »synoptische Evangelien«, weil sie eng zusammenhängen, wobei nach der »Zweiquellentheorie« das Markusevangelium für die beiden anderen als Vorlage diente. Eine weitere ist die sogenannte Logienquelle oder Quelle Q, eine für das damalige Judentum typische Sammlung von Worten und Sprüchen Jesu, die auf 40 bis 50 n. Chr. datiert wird, aber nicht erhalten ist. Sie enthält keinen Bericht über sein Leiden und Sterben. Das Johannesevangelium entfernt sich weit von der Jesusdarstellung der synoptischen Evangelien, sein historischer Gehalt wird daher niedriger eingeschätzt. Auch nichtchristliche Quellen wie der jüdische Historiker Josephus Flavius und die römischen Historiker Sueton und Tacitus bekräftigen durch Berichte oder beiläufige Erwähnungen, dass Jesus gelebt hat, liefern aber vom Neuen Testament abweichende Details.
    QUMRAN – Zwischen 1947 und 1956 wurden in den Höhlen bei Khirbet Qumran nahe dem Toten Meer Schriften und archäologische Hinweise entdeckt, die die Existenz der Essener vermuten ließen. Die jüdische Sondergruppe wird zwar in antiken Berichten des Josephus und Plinius’ d. Ä. wohlwollend erwähnt, nicht aber im Neuen Testament direkt genannt. Nach der Amtsenthebung eines kultisch strengen Hohepriesters spalteten sich besonders strenggläubige Juden um etwa 120 v. Chr. von der Jerusalemer Tempelpriesterschaft ab. In Fragen der Ritustreue nahmen sie eine radikale Haltung ein; darüber stritten sie mit den Pharisäern. Als dritte »Religionspartei« neben Sadduzäern und Pharisäern markieren sie einen Bruch innerhalb des Judentums. Schon wegen der Geheimhaltung ihrer Lehren lieferten sie Stoff für wilde Spekulationen – so wurde Jesus schon zum Essener und die Qumrangemeinschaft zur christlichen Urgemeinde erklärt. Tatsächlich verbindet sie zwar die Hoffnung auf den baldigen Anbruch der Gottesherrschaft, doch den für die Essener typischen kultischen Rigorismus und eine Absonderung der Reinen von der Masse lehnte Jesus ab.
    SADDUZÄER – Die Bezeichnung stammt vermutlich von Zadok als Stammvater der Jerusalemer Priesteraristokratie. Sie sind laut Josephus eine der »Religionsparteien« und die einflussreichste Gruppe im Synhedrion, dem jüdischen Hohen Rat unter dem Vorsitz des Hohepriesters. Die Sadduzäer sind aber keine Theologen, sondern Politiker, sie stehen mit großer Sicherheit der herrschenden hellenistischen Kultur nahe. In Glaubensfragen halten sie sich treu an das in der Tora Überlieferte. Mit den Pharisäern ringen sie um das Recht, das Volk im toragemäßen Lebenswandel zu unterweisen. Jesus sieht sich in großer Distanz zu den konservativen Sadduzäern, etwa bei der Diskussion um die Auferstehung der Toten, eine Vorstellung, die sie strikt ablehnen.
    SAMARITANER – Unter Alexander dem Großen hatte sich Samarien kultisch von den anderen Juden getrennt und einen eigenen Tempel auf dem heiligen Berg Garizim errichtet; sie stützen sich in ihrem Glauben allein auf die fünf Bücher Mose und lehnen religiöse Neuerungen, wie die Pharisäer sie vertraten, ab. Im Neuen Testament begegnet Jesus mehrfach Vertretern dieser selbständigen religiösen Gruppe, ihr entstammt auch der barmherzige Samariter aus dem berühmten Gleichnis.
    SCHRIFTGELEHRTE – Im Judentum bezeichneten sie religiöse Lehrer. Im Neuen Testament erscheinen sie als homogene Gruppe, sie sind es aber tatsächlich nur im Gegensatz zu Jesus. So kann ein Schriftgelehrter etwa ein Pharisäer sein, aber auch keiner religiösen Richtung angehören. Auch Jesus und Johannes der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher