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Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Titel: Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)
Autoren: Benedikt XVI.,
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zugleich müssen wir den Unterschied zwischen der Ankündigung der Geburt des Täufers an Zacharias und der Ankündigung der Geburt Jesu an Maria sehen. Zacharias, der Vater des Täufers, ist Priester und empfängt die Botschaft im Tempel, während seiner Liturgie. Marias Abkunft wird nicht genannt. Zu ihr wurde der Engel Gabriel von Gott her gesandt. Er tritt in ihr Haus in Nazareth ein – in einer Stadt, die den Heiligen Schriften unbekannt ist; in ein Haus, das wir uns gewiss sehr demütigund sehr einfach vorstellen müssen. Der Gegensatz der beiden Szenarien könnte größer nicht sein: Priester – Tempel – Liturgie auf der einen Seite; eine unbekannte junge Frau – ein unbekanntes Städtlein – ein unbekanntes privates Wohnhaus auf der anderen Seite. Das Zeichen des Neuen Bundes ist die Demut, die Verborgenheit – das Zeichen des Senfkorns. Der Sohn Gottes kommt in der Niedrigkeit. Beides gehört zusammen: die tiefe Kontinuität in der Geschichte von Gottes Handeln und die Neuheit des verborgenen Senfkorns.
    Kehren wir zu Zacharias und der Ankündigung der Botschaft von der Geburt des Täufers zurück. Nicht nur räumlich ergeht die Verheißung im Kontext des Alten Bundes. Alles, was hier gesagt wird und geschieht, ist von Worten der Heiligen Schrift durchtränkt in der Weise, wie wir es vorhin bedacht haben. Die Worte erhalten durch die neuen Geschehnisse erst ihren vollen Sinn – und umgekehrt: Die Geschehnisse sind bleibend bedeutsam, weil sie aus dem Wort kommen, erfülltes Wort sind. Zwei alttestamentliche Textgruppen fügen sich hier zu einer neuen Einheit zusammen.
    Da sind zunächst die verwandten Geschichten der Verheißung eines Sohnes aus unfruchtbaren Eltern, der gerade so als von Gott selbst geschenkt erscheint. Denken wir vor allem an die Ankündigung der Geburt Isaaks, des Erben der Verheißung, die Gott dem Abraham geschenkt hat: „Da sprach der Herr: In einem Jahr komme ich wieder zu dir. Dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben … Abraham und Sara waren schon alt; sie waren in die Jahre gekommen. Sara erging es längst nicht mehr, wie es Frauen zu ergehen pflegt. Sara lachte daher still in sichhinein … Da sprach der Herr zu Abraham: Warum lacht Sara?  … Ist beim Herrn etwas unmöglich?“ (Gen 18,10– 14). Eng verwandt ist auch die Geschichte von der Geburt Samuels. Hanna, seine Mutter, war unfruchtbar. Auf ihr leidenschaftliches Gebet hin verhieß ihr der Priester Eli, Gott werde ihre Bitte erfüllen. Sie wurde schwanger und weihte ihren Sohn Samuel dem Herrn (vgl. 1 Sam 1). Johannes steht so in der großen Reihe derer, die aus unfruchtbaren Eltern durch ein wunderbares Eingreifen des Gottes geboren wurden, dem nichts unmöglich ist. Weil er so in einer besonderen Weise von Gott kommt, gehört er ganz Gott, und wiederum deshalb ist er ganz für die Menschen da, um sie zu Gott zu führen.
    Wenn von Johannes gesagt wird, dass er „Wein und Berauschendes nicht trinken“ werde (vgl. Lk 1,15), wird er damit auch in die priesterliche Tradition eingewiesen. „Von den Priestern, die Gott geweiht sind, heißt es: ‚Wein und Rauschtrank dürft ihr, du und deine Söhne, nicht trinken, wenn ihr in das Begegnungszelt geht, sonst müsst ihr sterben; dieses Gesetz gilt ewig, in allen euren Geschlechtern‘ (Lev 10,9)“ (Stöger, a. a. O., S. 31). Johannes, der vom Mutterschoß an vom Heiligen Geist erfüllt sein wird (vgl. Lk 1,15), lebt gleichsam immer „im Begegnungszelt“, ist Priester nicht nur in gewissen Augenblicken, sondern mit der Ganzheit seiner Existenz, und kündigt so das neue Priestertum an, das mit Jesus erscheinen wird.
    Neben diesem Textkomplex, der den Geschichtsbüchern des Alten Testaments entnommen ist, prägen prophetische Texte aus den Büchern Maleachi und Daniel das Gespräch des Engels mit Zacharias.
    Hören wir zunächst Maleachi: „Bevor aber der Tag desHerrn kommt, der große und furchtbare Tag, seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija. Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern“ (3,23 f). „Seht, ich sende meinen Boten; er soll den Weg für mich bahnen. Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Bote des Bundes, den ihr herbeiwünscht. Seht, er kommt!, spricht der Herr der Heere“ (3,1). Die Sendung des Johannes wird von der Gestalt des Elija her gedeutet: Er ist nicht Elija, aber er kommt in Geist und Kraft des großen Propheten. Insofern erfüllt er
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