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Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Titel: Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)
Autoren: Benedikt XVI.,
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Stelle gehört zu den Worten, die zunächst noch auf die Gestalt warten, von der sie sprechen.
    Die urchristliche Geschichtsschreibung besteht gerade auch darin, dass sie diesen wartenden Worten ihren Eigentümer gibt. Aus diesem Zusammenhang zwischen wartendem Wort und dem Erkennen seines nun erschienenen Eigentümers hat sich die typisch christliche Exegese gebildet, die neu ist und doch ganz in der Treue zum ursprünglichen Schriftwort bleibt.

Die Ankündigung der Geburt des Johannes
    N ach diesen grundsätzlichen Überlegungen wird es Zeit, auf die Texte selbst hinzuhören. Da haben wir es zunächst mit zwei charakteristisch unterschiedenen und doch auch ganz nah verwandten Erzählungsgruppen zu tun: mit der Geburt und der Kindheit des Täufers und mit der Verkündigung der Geburt Jesu als Messias aus Maria.
    Die Geschichte des Johannes ist besonders tief im Alten Testament verwurzelt. Zacharias ist Priester aus der Priesterklasse Abija. Elisabeth, seine Frau, ist gleichfalls priesterlicher Herkunft: Sie stammt aus dem Geschlechte Aaron (vgl. Lk 1,5). Nach alttestamentlichem Recht ist der Dienst der Priester an die Zugehörigkeit zum Stamm der Söhne Aarons und Levis gebunden. So ist Johannes der Täufer Priester. In ihm geht das Priestertum des Alten Bundes auf Jesus zu; es wird Hinweis auf Jesus, Ankündigung seiner Sendung.
    Es erscheint mir wichtig, dass das ganze Priestertum des Alten Bundes in Johannes zur Prophezeiung Jesu wird und so – mit seinem großen theologisch-spirituellen Höhepunkt, dem Psalm 118 – auf ihn hinweist, sich ihm
    zueignet. Wenn man einseitig den Gegensatz zwischen dem alttestamentlichen Opferkult und dem geistigen Gottesdienst des Neuen Bundes (vgl. Röm 12,1) herausstellt, verfehlt man diese Linie und die innere Dynamik des alttestamentlichen Priestertums, das nicht erst in Johannes, sondern schon in der vom Psalm 118 gezeichneten Entwicklung der priesterlichen Spiritualität Weg zu Jesus Christus ist.
    In die gleiche Richtung der inneren Einheit der beiden Testamente weist auch die Charakterisierung von Zacharias und Elisabeth im folgenden Vers des Lukas-Evangeliums (1,6). Von beiden wird gesagt, dass sie so lebten, dass es in den Augen Gottes recht ist, und dass sie sich in allem streng an die gebotenen Vorschriften des Herrn hielten. Wir werden bei der Begegnung mit der Gestalt des heiligen Josef das Prädikat „gerecht“ näher betrachten, in dem sich die ganze Frömmigkeit des Alten Bundes zusammenfasst. „Gerechte“ sind Menschen, die die Weisung des Gesetzes recht von innen her leben – Menschen, die mit ihrem Rechtsein nach dem offenbarten Willen Gottes ihren Weg gehen und Raum schaffen für das neue Handeln des Herrn. In ihnen gehen Alter und Neuer Bund ineinander über, verbinden sich zu einer einzigen Geschichte Gottes mit den Menschen.
    Zacharias tritt in den Tempel ein, in den Raum des Heiligen, während das Volk draußen verweilt und betet. Es ist die Stunde des Abendopfers, bei dem er Weihrauch auf die glühende Kohle legt. Der Duft des Weihrauchs, der nach oben steigt, ist ein Symbol für das Gebet: „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf; als Abendopfer gelte vor dir, wenn ich meine Hände erhebe“, sagtPs 141,2. Die Apokalypse schildert die Liturgie des Himmels so: Die vier Lebewesen und die 24 Ältesten „trugen Harfen und goldene Schalen voll von Weihrauchwerk; das sind die Gebete der Heiligen“ (Offb 5,8). In dieser Stunde, in der himmlische und irdische Liturgie sich vereinigen, erscheint dem Priester Zacharias „ein Engel des Herrn“, dessen Name einstweilen noch nicht genannt wird. Er steht „zur Rechten des Rauchopferaltars“ (Lk 1,11). Erik Peterson beschreibt die Situation so: „Es war die Südseite des Altars. Der Engel steht zwischen dem Altar und dem siebenarmigen Leuchter. An der linken Seite, der Nordseite des Altars, stand der Tisch mit den Schaubroten“ (a. a. O., S. 22).
    Ort und Stunde sind heilig: Der neue Schritt der Heilsgeschichte ist ganz eingelassen in die Ordnungen des Gottesbundes vom Sinai. Im Tempel selbst, während seiner Liturgie, beginnt das Neue: Die innere Kontinuität der Gottesgeschichte mit den Menschen tritt aufs Stärkste hervor. Dies entspricht dem Schluss des Lukas-Evangeliums, wo der zum Himmel aufsteigende Herr die Jünger anweist, nach Jerusalem zurückzukehren, um dort die Gabe des Heiligen Geistes zu empfangen und von dort aus das Evangelium in die Welt zu tragen (Lk 24,49–53).
    Aber
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