Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben

Titel: Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben
Autoren:
Vom Netzwerk:
nächsten Telefonzelle. Vor ihr blieb er stehen. Er suchte in den Taschen. Er fand eine Münze und trat in die Zelle.
    Ich sagte: »Jetzt informiert er den Boß. Inzwischen sehe ich nach Mary Davis. Will nicht hoffen, daß sie sich aus Kummer betrinkt. Am besten, Allan, Sie warten hier.«
    Ich stieg aus und ging zur Zwinkernden Eule zurück. Preston stand noch in der Telefonzelle. Er wandte mir den Rücken zu und sah mich nicht.
    In der Bar mischten sich viele Geräusche zu einem wüsten Konzert. Der Ventilator rauschte. Der Spielautomat schnarrte und klickerte. Etwa fünfzig Gäste saßen an den Tischen, unterhielten sich oder stritten lautstark über den Vietnamkrieg, das Wetter und die neusten Baseballergebnisse. Ein fuchsgesichtiger Jüngling, der mindestens drei Bier zuviel hatte, steckt einen Dime in den Münzschlitz der Musikbox. Jaulend setzte ein Beat ein.
    Mein erster Blick galt der Nische, in der ich vorhin gesessen hatte.
    Marys Platz war leer.
    Das hat nichts zu sagen, beruhigte ich mich. Wahrscheinlich wäscht sie sich die Hände.
    Ich trat an die Theke und verlangte ein Bier. An den Tischen bediente eine verblühte Lady mit traurigen Augen, hier an der Theke der Wirt. Er hatte stämmige Arme und das Gesicht eines gealterten Sparringspartners.
    »Vorhin«, sagte ich, als er das Bier vor mich hinstellte, »habe ich mit einer Dame in der ersten Nische gesessen. Die Dame ist weg, aber nicht auf die Straße gekommen. Haben Sie zufällig gesehen, ob sie…« Ich deutete kurz mit dem Daumen zu der Tür mit der Aufschrift Toiletten.
    Der Wirt nickte. »Sie meinen doch die große Blonde im Regencape… Die ist dort.«
    »Okay.« Ich griff nach meinem Glas und trank einen Schluck. Daß Mary dem Wirt aufgefallen war, wunderte mich nicht. Außer ihr gab es nur noch einen weiblichen Gast; eine Großmutter, die zusammen mit ihrem Neffen am letzten Tisch in der Ecke Gulaschsuppe aß.
    Ich wartete und trank ein zweites Bier. Zehn Minuten vergingen. Wieder stieg Unruhe in mir auf. Ich weiß, daß eine Dame manchmal lange braucht, um ihr Make-up zu erneuern. Aber auch nach fünf weiteren Minuten zeigte sich Mary Davis nicht. Ich trank mein Glas aus, legte ein paar Münzen auf die Theke und ging zu der Tür im Hintergrund des Lokals. Hinter der Tür lag ein langer Gang.
    Ich ging über den schmutzigen, mit Fliesen ausgelegten Boden. Links führte eine Tür zu den Waschräumen für Herren, rechts zu den der Damen. Begrenzt wurde der Gang von der Hoftür. Sie stand halb offen. Ich sah, daß der Wind Regen hereintrieb, und ging hin, um sie zu schließen. Klar, daß ich auf den Hof blickte.
    Er wirkte, als hätten dort drei Dutzend Familien ihr Gerümpel abgeladen. Mülltonnen standen und Kisten stapelten sich an den Mauern. Der Hof lag zwischen den Rückfronten zweier Wohnblöcke. Der auf meiner Seite gehörte zur 74., der gegenüberliegende zur 75. Straße.
    Schon wollte ich die Tür schließen. Aber im letzten Moment verhielt ich.
    Drüben traten zwei Männer aus dem Haus. Sie waren gut gekleidet, kamen langsam über den Hof und sahen sich suchend um. Der größere war schmal und hellhäutig. Obwohl es regnete, nahm er den Hut für einen Moment ab und fuhr sich mit der Hand über goldblonde Locken.
    Durch den Türspalt beobachtete ich die beiden. Ich hatte keinen konkreten Grund. Aber irgendwas fesselte meine Aufmerksamkeit. Ich kramte in meinem Gedächtnis. Kannte ich die beiden? Nein.
    Während der Blonde langsam weiterging, wartete der andere am Haus. Die Hintertür, durch die sie gekommen waren, blieb offen. Ich konnte in einen Flur sehen. Er führte durch das Haus und endete an der ebenfalls geöffneten Eingangstür, so daß meine Sicht bis auf die 75. Straße reichte.
    Der Blonde blieb vor einer großen Kiste stehen, klappte den Deckel hoch, sah hinein, schüttelte den Kopf und ging weiter. Er klappte eine zweite und eine dritte Kiste auf. Mit der vierten schien er die richtige gefunden zu haben, denn er drehte sich um und winkte den anderen heran. Was die Kiste enthielt, konnte ich nicht sehen, obwohl ich nur drei Schritt entfernt war.
    Der andere kam. Er war nur etwas über mittelgroß, aber gebaut wie ein Geldschrank. Der schwarze Mantel war von erstklassiger Qualität. Auf dem Amboß-Schädel saß ein Arbeitgeberhut. Aber diese Zierde paßte nicht zu dem groben Gesicht. Es war dunkelbraun und mongolisch geschnitten. Eine Hautkrankheit hatte die plumpe Nase zerfressen. Ober- und Unterlippe waren zu kurz geraten.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher