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Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Titel: Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam Kostenlos Bücher Online Lesen
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unidentifizierte Tote eingeliefert worden wären. Ja, ein etwa zwanzigjähriges Girl war aus dem Wasser gezogen worden, vermutlich Selbstmord. Gewaltverbrechen? Die übliche Rate. Ein paar Raubüberfälle, eine Brandstiftung, zwei Mordversuche… An wem? Der eine war ein Juwelier, der andere ein Gangster, der sich mit seinem Syndikat überworfen hatten.
    Ich legte beruhigt auf. Dann klingelte ich Phil an. »Ich gehe mal die Enten füttern«, sägte er auf meine Frage, was er mit dem freien Tag anzufangen gedenke.
    »Enten füttern?« echote ich ungläubig.
    »Das wollte ich schon lange mal wieder tun«, antwortete Phil beinahe verlegen. »Ich finde, es beruhigt die Nerven.«
    »Ich wußte nicht, daß du ein Entenliebhaber bist«, sagte ich verblüfft.
    Phil lachte. »Wann kommen wir schon mal dazu, über persönliche Dinge zu sprechen?«
    Ich legte auf, nachdenklich und ein wenig betroffen, denn er hatte wohl recht.
    Dann verließ ich die Wohnung. Ich setzte mich in meinen roten Flitzer und überlegte. Mir fiel ein, daß das unbekannte Girl aus Coney Island angerufen hatte. Es war absurd, zu glauben, daß ich dort an einem Sonntagmorgen eine Spur finden könnte, aber ich hatte plötzlich ein Ziel. Ich stellte fast zärtlich den Fuß aufs Gaspedal und dirigierte den Jaguar in die endlose Blechschlange, die sich aus der kochenden City ins Freie schlängelte.
    Coney Island an einem Sonntagmorgen ist ungefähr so ruhig wie ein Übungsgelände für Atomraketen. Wenn man das Glück hat, einen Parkplatz zu erwischen, schwimmt man schon bald auf einer Menschheitswoge, die sich aus Hunderttausenden von sonnenhungrigen Freizeitfanatikern zusammensetzt. Es bleibt dabei völlig unerfindlich, was diese Leute glauben läßt, sie könnten sich in diesem Trubel erholen. Mit gelindem Gruseln stellte ich mir die Verblüffung und den Spott Mr. Highs und Phils vor, wenn sie erfuhren, daß ich meinen freien Sonntag auf Coney Island verbracht hatte.
    Ich fand nach langem Suchen eine Parklücke, weil ein unglücklicher Familienvater wegen eines Sprößlings, der sich mit zuviel Eis den Magen verdorben hatte, zurück in die City mußte. Ich stieg aus und stürzte mich mutig in den Rummel. Es war elf Uhr morgens. Am Pleasure Strip lief das Programm schon auf vollen Touren. Ich ließ mich von der frohgestimmten Menge stoßen und schieben, ohne so recht zu wissen, was ich eigentlich hier wollte.
    Unterwegs hatte ich darauf geachtet, ob mir jemand gefolgt war. Ich hatte nichts Auffälliges bemerkt.
    Mir ging durch den Kopf, wie leicht es hier einem potentiellen Mörder gemacht wurde, sein Opfer zu treffen und dann unerkannt in der Masse zu entkommen. Das war für mich kein sehr angenehmes Gefühl, um so weniger, als ich immer wieder harte Ellenbogenstöße von Jugendlichen abbekam, die es besonders eilig hatten, in dem zähflüssigen Brei der Vergnügungssüchtigen voranzukommen.
    Plötzlich tauchte das Mädchen neben mir auf.
    Es war ein Girl ganz besonderer Art, rothaarig und aufregend, wie ich mit einem raschen Blick feststellte. Sie erwiderte meinen Blick mit einem dünnen, scheuen und zugleich sphinxhaften Lächeln. Sie sagte sogar »Hallo«, als wären wir alte Bekannte.
    Sie sah nicht aus wie ein Mädchen, das es nötig hat, auf billige Weise Bekanntschaften zu schließen. Ich hielt mich trotzdem zurück. Sie blieb dicht neben mir, eingekeilt in die Menge. Ich spürte den Druck ihres jungen, elastischen Körpers und fragte mich, ob das Auftauchen des Girls nur ein Zufall war.
    Sie trug ein schlichtes weißes Kleid mit schmaler grüner Einfassung. Schnitt und Material hatten das besondere Etwas, das auf Fifth Avenue und einen dreistelligen Preis schließen ließ. Das Kleid hatte einen runden Ausschnitt und legte die makellos glatte bronzegetönte Haut und die'vollkommen geformten Schultern bloß. Die langen grünen Stoffhandschuhe waren aus dem gleichen Material gefertigt wie die Einfassung des Kleides.
    Ich riskierte einen zweiten Blick in ihre Augen. Auch diesmal erwiderte sie ihn. Das Lächeln des Girls wurde plötzlich um einige Nuancen voller und einladender. Trotzdem wirkte es weder plump noch herausfordernd. Ich ertappte mich dabei, daß ich zurücklächelte. Mein Herz gab mit einer leichten Temposteigerung eine unerwartete Sondereinlage.
    Ich schaute sie abermals an. »Haben Sie an Sonntagen wirklich nichts Besseres vor, als sich auf Coney Island die Luft abschnüren zu lassen?« fragte ich.
    »Und Sie?« fragte sie. Wir lachten

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