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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels
Autoren: Stefanie Markstoller
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gefangen waren, um das Drachenkind, das der Gier eines Magiers zum Opfer gefallen war. Ich ertrug das alles nicht länger. Selbst um Kaj weinte ich. Sie hatte viele Fehler gemacht, aber es war nicht allein ihre Schuld gewesen. Auch die Wölfe hatten sich ihr gegenüber falsch verhalten. Hätten sie sie nicht ausgestoßen und verbannt, hätte sie sich nie Erion zugewannt, der ihre verzweifelte Lage zu seinen Gunsten ausgenutzt hatte.
    Sie hatte das gesucht, was alle Wölfe brauchten. Halt, Zugehörigkeit, Vertrauen, und Erion hatte es ihr gegeben.
    Pal schlang die Arme um mich, zog mich an seine Brust, und ließ mich trauern. Kein Wort kam über seine Lippen, kein Trost. Er hielt mich einfach nur, damit ich in meiner Schuld nicht völlig versank.
     
    °°°
     
    Am Abend wurde ich von lauten Stimmen vor dem Zelt nach draußen gelockt. Pal war eingeschlafen, und lag mit vielen anderen Wölfen, die noch nicht von ihrem Rudeln abgeholt worden waren auf Decken unter der großen Plane, und versuchten den Schrecken ein paar Stunden im Schlaf zu vergessen.
    Draußen war der Wald von einigen Laternen erhellt, in dessen Licht ich die großen, aufgereihten Kisten sehen konnte, die das Landsitzerrudel gebracht hatte, und in denen jetzt die Verlorenen Wölfe steckten – wie ich sie nannte – bis entschieden wurde, was mit ihnen geschehen sollte.
    Aber im Augenblick interessierten mich viel mehr die aufgebrachten Stimmen ein Stück weiter. Eine kleine Gruppe von Lykanern hatte sich dort zusammengefunden, und diskutierten heftig miteinander. Ich erkannte Zita und Najat. Crypos stand bei ihnen, Veith und Tyge, und die beiden Alphawölfe Cui und Rojcan, die einzigen beiden Rudel, die bisher hier eingetroffen waren. Sie sahen alle fix und fertig aus. Auch sie waren von den Geschehnissen nicht unberührt geblieben.
    „In diesem Zustand können wir sie nicht mit zurück ins Lager nehmen“, kam es gerade ruhig von Cui.
    „Und was willst du dann tun? Sie töten?“, fuhr Rojcan sie an.
    „Nein, natürlich nicht. Aber vielleicht …“
    „In diesen Kisten sitzen drei meiner Wölfe. DREI!“
    Cui knurrte. „Pass auf was …“
    „Wenn du sie auch nur anrührst, mach ich dich fertig!“, knurrte er zurück.
    „Und dann sind da ja noch die Einzelläufer“, gab Najat zu bedenken. „Es sind so viele. Wer soll sich um sie kümmern?“
    „Wie wäre es wenn wir sie an einen Ort bringen, in dem sie ungestört leben können?“, warf ich ein, ohne mir überhaupt im Klaren darüber zu sein, was ich da eigentlich sagte. Hallo? War ich völlig verblödet? Ich sollte mich da nicht mehr einmischen, ich hatte schon genug angerichtet, aber jetzt war es eh zu spät. „Ein eigenes Territorium, in dem es niemand gibt, der sie gefährden können, und umgekehrt“, fügte ich kleinlaut hinzu. „Vielleicht, wenn sie genug Zeit haben, finden sie zu sich selber zurück.“
    Alle sahen mich an, als wäre ich ein Alien.
    „Und wo sollen wir bitte einen solchen Ort finden?“, fragte Crypos in gedehntem Ton.
    „Weiß ich doch nicht!“, fauchte ich. „Es war nur ein Vorschlag, und wenigstens versuche ich eine Lösung zu finden die nicht damit endet, dass ein Haufen Wölfe abgeschlachtet werden, nur weil ihr mit ihrer Existenz überfordert seid!“
    Crypos zeigte mir die Zähne. „Wage es ja nicht mir Vorwürfe zu machen, Katze! Ich …“
    „Dann mach mich nicht blöd von der Seite an, nur weil dir meine Nase nicht passt, Köter!“ Wir starten uns an. Die Atmosphäre war zum zerreißen gespannt. Jeder von uns wartete darauf, dass der andere den nächsten Schritt tat.
    „Hört auf damit, das bringt doch nichts“, sagte Zita. „Wir brauchen eine Lösung, und nicht noch mehr Verletzte. Davon haben wir genug.“
    Er hatte Recht. Ich atmete tief durch und versuchte mich ein wenig zu entspannen. Es musste doch einen Ort geben, der … aber natürlich. Gedankenblitz. „Habt ihr hier sowas wie Nationalparks?“
    Najat legte den Kopf zur Seite. „Nationalparks?“
    „Ein Ort denen es Menschen … äh, Mortatia verboten ist zu betreten, wo allein die Natur herrscht, und Tiere.“ Okay, das war nicht ganz richtig.
    „Du meinst ein unberührtes Stück Natur“, fasste Veith zusammen.
    Ich nickte. „Wenn wir einen Ort finden, an denen wir sie unterbringen können, ohne dass sie von äußeren Einflüssen gestört werden können, vielleicht gibt es dann ja noch Rettung für sie. Die Zeit heilt bekanntlich alle Wunden, also warum sollte es hier nicht so
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