Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenny und der neue Vater

Jenny und der neue Vater

Titel: Jenny und der neue Vater
Autoren: Anna Martach
Vom Netzwerk:
diesem Moment schien unendliche Wut in seinen Augen aufzuflammen. „Du hast was?“, brüllte er. „Eine Arbeit? Meine Frau hat es nicht nötig zu arbeiten. Was ist das für ein Unsinn? Ich habe jetzt wirklich genug von deinem Eigensinn. Du wirst nicht zu irgendeiner Arbeit gehen, und du wirst auf der Stelle mit nach Hause kommen!“ Er wollte wieder nach ihr greifen, doch dieses Mal wich sie ihm aus.
    „Fass mich nie wieder an, Alexander Hillersen!“, sagte sie leise aber deutlich. „Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben – nie wieder!“
    „Kirsten? Kirsten, das kannst du nicht tun! Ich liebe dich doch! Du kannst mich nicht einfach verlassen und die Scheidung einreichen. Das lasse ich nicht zu! Ich liebe dich, und du musst wieder zu mir zurückkommen.“
    „Du weißt doch gar nicht, was Liebe ist!“, schleuderte sie ihm entgegen. „Du kennst nur dich und das, was du besitzt. Das nennst du Liebe. Aber du hast den Sinn dieses Wortes nie begriffen. Und jetzt geh mir aus den Augen!“ Sie wandte sich ab und ließ ihn stehen, doch noch gab Alexander nicht auf. Er lief aufgeregt hinter ihr her. Aber in diesem Augenblick drehte Kirsten sich um und schaute ihn an.
Alex erstarrte in der Bewegung. So hatte ihn seine Frau noch nie angesehen – angeekelt, angewidert, so als betrachte sie ein unangenehmes Insekt.
    Er ließ die erhobenen Hände fallen. Mit hängenden Schultern sah er ihr nach, wie sie im Haus verschwand. Diesen Schock musste er erst einmal verdauen, aber Alexander Hillersen war nicht der Mann, der so schnell aufgab. Auch er beauftragte einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen, doch er war entschlossen, weiter um seine Frau zu kämpfen. Dass er dabei nicht an seine Tochter dachte, kam ihm erst einmal nicht zu Bewusstsein.
    Er begann seine Arbeit zu vernachlässigten und stattdessen seine Frau zu beschatten. Und so bekam er natürlich schnell heraus, dass sie jetzt in der Buchhandlung arbeitete. Außerdem sah er, wie freundschaftlich, ja schon fast vertraut, Kirsten und Björn miteinander umgingen. Rote Schleier der Wut und der Eifersucht wallten vor seinen Augen, doch er musste sich beherrschen. Wenn er Kirsten zurückerobern wollte, durfte er sich nicht wieder von seinen Gefühlen überwältigen lassen.
    Natürlich sah Alexander auch, dass Jenny ein entspanntes Verhältnis zu Björn König hatte, mit ihm scherzte und lachte, wie sie es mit ihm, ihrem Vater, eigentlich nie getan hatte. Er kam nicht auf die Idee, dass es an ihm selbst gelegen haben könnte, er suchte einen Schuldigen – und er fand Björn.
    Einige Tage ging das so, dass Alexander hinter seiner Frau herlief und sie lange Zeit durch das Schaufenster beobachtete, unbemerkt.
    Nicht unbemerkt genug, wie er dann feststellen musste. Als er sich wieder einmal die Nase an der Scheibe plattdrückte, legte sich von hinten eine Hand auf seine Schulter, und als er sich erschreckt umwandte, sah er sich einem Polizisten gegenüber.
    „Spionieren Sie aus, wie Sie am besten einbrechen können?“, kam die ironische, aber durchaus ernst gemeinte Frage. „Dann stellen Sie das allerdings ziemlich dumm an. Ich beobachten Sie jetzt schon einige Tage. Haben Sie vielleicht eine plausible Erklärung für Ihr Tun?“
    Alex spürte, wie er rot wurde, und in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Verzweifelt suchte er nach Worten, um sein ungewöhnliches und auffälliges Verhalten zu erklären. Da nahte Hilfe von einer Seite, mit der er nicht gerechnet hatte; Jenny stand plötzlich da.
    „Was machen Sie da mit meinem Papa?“, fragte sie den Beamten mutig.
    „Ist das wirklich dein Vater?“, erkundigte sich der misstrauisch.
    „Aber ja. Er hat bestimmt auf mich gewartet, wir treffen uns immer hier“, behauptete sie keck.
    „Na gut, wenn das stimmt...“ Der Polizist ließ sich trotzdem die Papiere von Alexander zeigen, der dann erleichtert Jenny bei der Hand nahm und mit ihr in die nächste Eisdiele ging.
    „Was hast du da gemacht?“, fragte Jenny jetzt sehr vernünftig. Sie musterte ihren Vater, der noch immer verlegen wirkte.
    „Ich – ich weiß nicht genau“, gestand er.
    Jenny wusste nichts von dem Streit zwischen den beiden Eltern auf offener Straße, den Alexander herauf beschworen hatte, Kirsten hatte kein Wort in Gegenwart ihrer Tochter darüber verloren. Aber das Mädchen war klug für sein Alter, und das, was sie in der letzten Zeit erlebt hatte, war dazu angetan, sie über ihre Jahre hinaus reifen zu lassen.
    „Du hast
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher