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Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman
Autoren: C. Bertelsmann
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chemische Prozesse durchlaufen würden, bis sie zu Staub zerfielen. Das passierte grundsätzlich mit ihren Kiwis. Genau wie René immer seine Sachen herumliegen ließ. In der offenen Küche standen eine halb ausgetrunkene Espressotasse und eine aufgerissene Packung mit Vollkornkeksen. Auf dem beigefarbenen Teppichboden lagen seine Schuhe. So wie immer. Als wäre nichts geschehen.
    Sie warf einen Blick auf die beiden Sofas, die sich um den offenen Kamin gruppierten. Der Fernseher lief ohne Ton, dafür lagen seine Hosen und Socken auf den Polstern und sein Hemd auf dem Glastisch. Wenn er von der Arbeit kam, zog er sich sofort vor dem Fernseher aus und ließ alles liegen. Wie oft hatte sie sich über diese Angewohnheit geärgert, nun hätte sie heulen können bei dem Gedanken, dass sie in Zukunft auf dieses Chaos würde vermutlich verzichten müssen.
    Sie schlurfte den Flur entlang und blieb in der Schlafzimmertür stehen. Ihr Mann stand in steif gebügeltem Oberhemd, schwarzen Socken und Unterhose am Fenster und band sich eine Fliege. Sie hatte alles erwartet, nur keinen Ehemann, der sich für die Preisverleihung fertig machte!
    »Hallo!« Sie ließ ihre Sandalen fallen und ihre Stimme hart klingen.
    Abrupt drehte er sich um. »Oh! Ich habe gar nicht gehört, dass du nach Hause gekommen bist.« Lächelnd kam er auf sie zu. »Warum bist du denn vorhin so schnell weggefahren?«
    »Bitte?« Mimi atmete tief ein, wobei sie spürte, wie sich ihre Nasenflügel wie Segel im Wind blähten. »Was glaubst du denn? Dass ich Lust drauf hatte, euch noch ein bisschen beim Rumknutschen zuzusehen? Ihr habt euch ja beinahe gegenseitig verschlungen!« Mimis Stimme überschlug sich. Dabei wollte sie doch ruhig bleiben und sich seine Erklärungen anhören. Aber die Worte sprudelten unaufhaltsam aus ihr heraus. Verstand er nicht, was er angerichtet hatte? Dann würde sie es ihm jetzt sagen. »Du hast unsere Ehe zerstört! Du hast sie entweiht! Du hast uns das Wertvollste genommen, was wir hatten!«
    »Mimi?« René kniff die Augen zusammen. »Wovon redest du? Ich war mit einer Kollegin kurz einen Kaffee trinken. Das ist alles. Wir waren gerade wieder auf dem Weg zurück ins Büro.«
    »Du lügst.« Es war unglaublich! René glaubte tatsächlich, dass seine jämmerliche Ich-weiß-von-nichts-Taktik aufgehen würde. »Eigentlich hast du gerade in einem Meeting gesessen. Frag deine Sekretärin! Ich meine …«, stotterte Mimi. »Das hat mir deine Sekretärin gesagt.«
    »Na gut. Ich war nicht im Büro.« René ließ seine Arme hängen. »Und was beweist das jetzt? Nichts! Nur, dass ich ausnahmsweise mal hab fünfe gerade sein lassen. Hab ich das nicht nach den letzten anstrengenden Wochen und Monaten verdient? Immerhin werde ich heute Abend für meine Forschungsarbeit ausgezeichnet. Gönnst du deinem Mann nicht mal ein bisschen Entspannung?«
    »Entspannung?« Mimi schüttelte benommen den Kopf.
    René streckte ihr die Hand entgegen, die sie ignorierte. »Lass uns einen schönen Abend haben und diese Sache vergessen. Da war nichts, und da ist nichts. Es war nur eine Kollegin.«
    »Mit der du mich betrügst!« Für wie blöd hielt er sie eigentlich? Er sollte es einfach nur zugeben. Dann würde sie sofort auf dem Absatz kehrtmachen und verschwinden. Vermutlich war genau das das Problem. Er hatte Angst davor. Das allerdings hätte er sich eher überlegen müssen.
    René lächelte hilflos. »Mein Gott.« Er hob die Arme und ließ sie wieder sinken. »Was soll ich sagen: Es tut mir leid. Es war ein Fehler. Das Ganze hat nichts zu bedeuten.«
    »Wie lange läuft das schon?« Ihre Stimme zitterte. Sie wollte es gar nicht wissen. Eigentlich. Auf der anderen Seite wollte sie wissen, wofür sie ihn gleich verließ. Ein paar Fakten waren wichtig bei so einer absolut lebensverändernden Entscheidung, mit der sie nie gerechnet hatte. Bis vor ein paar Stunden hatte sie nicht einen Augenblick an der Haltbarkeit ihrer Ehe gezweifelt. Sie wäre nie darauf gekommen, dass sie eines Tages hier im Schlafzimmer stehen würde, um sich von einer Sekunde auf die andere von ihrem Mann zu trennen, den sie doch eigentlich liebte. Interessant, dass sie gerade gar nichts fühlte. Wie jemand, der eine echte Grenzsituation auf Leben und Tod durchmachte.
    »Wozu willst du das wissen?« In seinen Augen flackerten nervös die Pupillen. War das ein Trick?
    »Weil du das Wertvollste zerstört hast, das wir hatten!« Mimi spürte die Tränen aufsteigen. »Warum?«
    »Das
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