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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval
Autoren: Craig Russell
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Gruppe der Künstler drängte sich erneut um ihn. Der Jongleur kam dicht zu ihm heran und neigte die leere goldene Maske hin und her, als mustere er Fabel.
    »Hauen Sie ab … Ich habe kein Interesse.« Mittlerweile war er verärgert.
    »Möchten Sie ein schönes Kunststück sehen?«, fragte der Jongleur. Fabel glaubte, einen ausländischen Akzent in der Stimme des Mannes erkannt zu haben. Plötzlich packten die anderen Maskierten seine Oberarme mit festem Griff und stießen ihn an die Mauer.
    »Ich kenne einen tollen Trick …« Immer noch das pantomimische Hin- und Herbewegen der Maske. »Ich kann ein verrücktes Miststück von der Hamburger Polizei verschwinden lassen.«
    Fabel setzte sich zur Wehr, doch die anderen lachten heiter und verstärkten den Griff. Er merkte, wie ihm eine Messerspitze unter den Rippen in die Seite gedrückt wurde, und blickte an den maskierten Jongleuren vorbei auf die Einkaufenden, die in der Hohen Straße an ihnen vorbeigingen. Fabel konnte niemanden zu Hilfe rufen, denn er würde sterben, bevor sein Ruf gehört wurde. Man stirbt immer allein, dachte er.
    Die Jongleure vollführten einen spaßigen Tanz. Fabel wusste nicht, ob sie den Schein für die Passanten aufrechterhalten wollten oder ob der Tanz nur für ihn gedacht war.
    »Ich kann jeden verschwinden lassen« erklärte der Jongleur hinter seiner goldenen Maske. »Jeden. Ich könnte Sie verschwinden lassen, auf der Stelle.«
    »Was wollen Sie, Herr Witrenko?«
    »Warum meinen Sie, dass ich Witrenko heiße?«
    »Weil Sie ein egomanischer Dreckskerl sind und sich auf diese Weise aufgeilen«, erwiderte Fabel. »Weil Sie aus allem eine große Show machen müssen. So, wie Sie all die Menschen in Hamburg umgebracht haben. Genauso, wie Sie dafür gesorgt haben, dass ich Zeuge bei der Ermordung Ihres eigenen Vaters wurde.«
    Der Jongleur näherte seine Maske wieder Fabels Gesicht. »Dann wissen Sie ja, dass Ihre Freundin, die Schlampe, leiden wird, bevor sie stirbt. Ich habe sie, und ich will das Dossier. Geben Sie mir eine Kopie, vollständig und unzensiert, oder ich lasse Ihnen Maria Klee Stück um Stück anliefern.«
    »Ich kann mir nicht einfach eine Kopie verschaffen. Man muss einen Antrag stellen, bevor man auch nur einen Blick in die Akte werfen darf.«
    »Sie sind ein einfallsreicher Mann, Herr Fabel. Und bald haben Sie nichts mehr mit der Polizei zu tun. – Es kann Ihnen also egal sein. Wenn ich kein vollständiges Exemplar von Ihnen bekomme, werde ich Ihnen Maria Klee kiloweise schicken. Und ich werde darauf achten, dass sie während der Schlachtung so lange wie möglich am Leben bleibt.«
    »Wann?«, fragte Fabel.
    »Bleiben wir bei den Feierlichkeiten. Rosenmontag. Während des Umzugs. Warten Sie an der Ecke Komödienstraße/Tunisstraße. Jemand wird die Kopie abholen. Er wird eine Maske wie diese tragen.«
    »Ich gebe sie nur Ihnen.«
    »Sie wissen nicht einmal, wie ich aussehe. Hinter der Maske könnte sonst wer stecken.«
    »Ich werde Sie erkennen, genau wie heute. Wenn es ein anderer ist, händige ich das Dossier nicht aus.«
    Das Lachen des Jongleurs wurde durch die Maske gedämpft. »Sie wollen mich in eine Falle locken, die so offensichtlich ist?«
    »Ich glaube, dass Sie krank genug sind, sich auf diese Herausforderung einzulassen. Es gibt keine Falle. Lassen Sie Frau Klee frei, und wir beide machen Ihnen keine Scherereien mehr. Nie mehr.«
    »Enttäuschen Sie mich nicht, Herr Fabel. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen eine erste Portion von Frau Klee in Ihr Hotel bringen lassen, um zu beweisen, dass sie in meiner Gewalt ist. Und um zu unterstreichen, dass es mir ernst ist …«
    »Das glaube ich Ihnen auch so. Fügen Sie ihr keinen Schaden zu, und ich werde tun, was Sie wollen.«
    »Gut. Aber ich warne Sie: Wenn ich irgendwelche Polizisten bemerke, wird Frau Klee bei lebendigem Leibe zerschnitten werden. Buchstäblich. Verstanden?«
    Fabel nickte. Ein heftiger Stoß ließ ihn zu Boden stürzen. Zwei Passanten halfen ihm auf die Beine, und er konnte gerade noch erkennen, wie der letzte maskierte Mann in der Menge untertauchte.
    3.

    Maria schlug das Herz bis zum Halse, als sie hörte, wie der Riegel an der Tür des Kühlraums geöffnet wurde. Alles hing davon ab, ob ihr die Mahlzeit von ›der Nase‹ oder von Sarapenko gebracht wurde. Wobei man eigentlich nicht von einer Mahlzeit hätte sprechen können. Sie bekam die zum Überleben erforderliche minimale Nahrungsmenge, damit ihr Geist und ihre Widerstandskraft
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