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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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Münster. Doch dann betraten sie nicht den Dom, sondern gingen an ihm vorbei in die nördlichen Stadtviertel.
    Der Hügel vor dem Zusammenfluss von Wertach und Lech war bereits den Römern als derart günstiger Platz erschienen, dass sie auf ihm schon vor der Geburt des Herrn ein Militärlager errichtet hatten, aus dem später Augusta Vindelicum, die kaiserliche Hauptstadt der Nordalpenregion Rätien, wurde.
    Jakob interessierte sich nicht erst seit seinem Aufenthalt im Stift Herrieden für alles, was die Römer und die Menschen südlich der Alpen betraf. Schon zuvor, als der Vater noch lebte, hatten er und seine Brüder bei einem fetten Mönch lateinische Vokabeln pauken müssen. Während die Älteren heimlich geflucht hatten, war Jakob die Strenge und das genau festgelegte Maß dieser Sprache wie gesprochene Musik vorgekommen. Auch jetzt noch waren ihm die lateinischen Lesungen und die Gesänge in den Messen von Herrieden oft angenehmer als Schwäbisch oder Starckdeutsch, Mundarten, in denen selbst Alltägliches gemein und ordinär klang. Ohne dass Ulrich etwas davon wusste, lernte er bei Abt Wolfgang in Herrieden auch noch die italienische Sprache, wie sie in der Toskana gesprochen wurde.
    Kurz darauf kam ihnen eine Gruppe von erhitzten Reisenden mit Packpferden durch das Wertachbrucker Tor entgegen.
    »Die Kölner«, erklärte Ulrich knapp.
    Jakob wusste inzwischen, dass sie großen Streit wegen ihres neuen, von Friedrich  III . ernannten Erzbischofs hatten. Die Patrizier Kölns und selbst das Kölner Domkapitel wollten ihn nicht. Sogar Papst Sixtus und Karl der Kühne von Burgund hatten sich inzwischen eingemischt.
    Die beiden Abgesandten des Rates und des Domkapitels wurden von Georg Fugger mit ihren Packpferden und dem Gefolge in die Stadt geleitet. Sie hatten Mühe, den letzten Anstieg durch die schmalen Gassen bis zur Hauptstraße auf dem Kamm des Augsburghügels zu bewältigen.
    »Ihr kommt spät!«, tadelte Ulrich. »Schon fast zu spät! Der Kaiser ist bereits im Rathaus.«
    »Was zu besprechen war, haben wir inzwischen vereinbart«, antwortete Georg erhitzt. »Wir werden nicht einmal Verträge brauchen. Es reicht das Wort, das wir uns geben …«
    »Also, das Kölner Silber – das gute Pfund der Osterlinge oder auch Pfund Sterling, wie man in London sagt, als Einlage in unserer Handelsgesellschaft, damit wir alle kaiserlichen Schulden hier in Augsburg begleichen«, sagte Ulrich. »Und nur der Kaiser selbst und sein Kanzler Rebwein sollen davon hören.«
    »Nein, so viel Gottvertrauen haben die Rheinischen nun doch nicht«, entgegnete Georg und lachte. Er ließ ein paar schwer bepackte Bauern von den Feldern vorbeiziehen. »Die ganze Angelegenheit ist kreuz und quer verfilzt wie Schafwolle, ehe sie gekämmt wird und auf die Spindel kommt …«
    »Dann mach es einfach für mich«, sagte Ulrich, »damit ich sehe, wie ein starker Faden daraus wird.«
    »Nun gut«, sagte Georg. »Noch weiß es niemand – aber der Rat der Stadt Köln stellt sich ab sofort auf die Seite des Domkapitels und damit gegen den Kölner Erzbischof. Der wiederum sucht und bekommt Unterstützung durch Karl den Kühnen. Den Herzog von Burgund dürstet schon länger nach den Reichtümern des Rheinlandes. Deswegen wollten die Kölner Abgesandten den Kaiser unterstützen. Als einzige Gegenleistung verlangen sie das Recht, eigenes Geld schlagen zu dürfen. Aber es darf zu diesem Zeitpunkt keine Verbindung zwischen Köln und Wien und keine kaiserliche Urkunde bekannt werden, weil all das den Burgunder unnötig verärgern würde. Nach einer Hochzeit zwischen Maximilian und Maria sähe alles anders aus.«
    »Der Burgunder soll also getäuscht werden«, sagte Ulrich missbilligend. »Und wir beteiligen uns am Doppelspiel des Kaisers und der Kölner?«
    »Die Kölner wehren sich mit aller Macht gegen Karl den Kühnen – hingegen würde der Kaiser ihn sogar küssen, wenn er ihm dafür seine reiche Tochter für Maximilian gibt.«
    »Und so dient unsere heimliche Vermittlung allen«, sagte Ulrich halbwegs besänftigt. »Jetzt habe ich den Handel um drei Ecken verstanden.« Sie näherten sich wieder dem Dom und dem Rathausplatz. »Zieht allein weiter – ich muss mich jetzt im Rathaus sehen lassen …«
    Jakob hatte das Gespräch mit offenem Mund verfolgt. Er hatte oft genug gelauscht, wenn in den Beichtstühlen des Stiftes von Herrieden Verbotenes besprochen wurde. Er hatte keinen Zweifel daran, dass auch hier ein Süppchen ausgekocht
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