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Jagt das rote Geister-Auto!

Jagt das rote Geister-Auto!

Titel: Jagt das rote Geister-Auto!
Autoren: Stefan Wolf
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muß mir die Alpträume anhören.“
    „Du hörst sie nur durch mein Stöhnen“,
grinste Klößchen, „aber ich erlebe sie auch bildlich. Das ist echter Horror.
Bestimmt träume ich, daß mich das Geisterauto überfährt und ich in einem Krankenhaus
lande, wo man Schokolade nicht kennt.“
    Während sie fuhren, suchte Tim in
seinem Gedächtnis die Infos zusammen, die Jan Zeckel betrafen.
    Der Typ war 20 Jahre alt — Marga Heinze
hatte richtig geschätzt — und hatte sich zwei oder drei Jahre lang als Anführer
einer Krawall-Gruppe hervorgetan. Drei Dutzend Typen waren das, die Stunk und
Gewalt für ihren Lebensinhalt hielten. Die Zoffies — wie sie sich nannten — haßten
Ausländer, Polizisten, Oberschüler und Straßenmusikanten. Die Zoffies waren
Schläger, suchten die Auseinandersetzung und hatten sich — nicht nur einmal — mit
Internatsschülern geprügelt. Wieder und wieder mußte die Polizei die
Rädelsführer festnehmen. Jan Zeckel hatte — seit er volljährig war — mindestens
drei Monate hinter Gittern verbracht. Dann löste sich die Krawall-Gruppe auf.
Die Zoffies verschwanden von der Bildfläche; und die Zeckels lungerten nur noch
allein oder mit zwei, drei Kumpanen in den Kneipen herum. Weshalb die
Schlägertruppe auseinanderfiel, wußte niemand. Es ergab sich einfach so.
    „Von Wilfried Klörfrieden hörte ich“,
sagte Karl dicht hinter Tim im Nebel, „daß Jan Zeckel neuerdings eine Freundin
hat. Hahaha! Sie heißt Ilona Bracht. Lernt Frisöse. Und nimmt an jeder Miß-Wahl
teil. Egal, ob es um die schönste Frisöse, die schönste Disco-Flitzerin oder um
die Miß T-Shirt geht. Aber gewonnen hat sie noch nie. Vielleicht fehlt ihr
irgendwas zur Schönheitskönigin.“
    „Sie ist ganz hübsch“, sagte Tim.
    „Du kennst sie?“
    „Ich war dabei, als Gabys Vater sie
vernommen hat. Wegen Zeckel.“
    „Aha!“
    „Sie ist auf keinen Fall übel“, sagte
Tim. „Damit meine ich nicht ihr Aussehen. Das reißt keinen vom Stuhl. Aber
charakterlich hat sie mehr drauf, als dieser Zeckel verdient. Ich glaube auch
gar nicht, daß sie seine Freundin ist. Sie kümmert sich nur um ihn.“
    „Ist das nicht dasselbe?“ rief
Klößchen.
    „Nein.“
    „Verstehe. Sie näht ihm die Knöpfe an
und kocht mal ‘ne Suppe. Aber sie knutschen nicht.“
    Tim seufzte und faßte den Rennradlenker
in der Mitte. „Ilona Bracht kümmert sich um gestrauchelte Typen. Sie bringt
Fürsorge ein. Verstehst du? Sie denkt, daß sie einen Affena... wie Jan Zeckel
wieder auf den rechten Weg führen kann. Durch gutes Zureden. Ich finde das
wahnsinnig edel, aber ich glaube nicht, daß sie’s schafft. Das Mädchen Ilona
Bracht hat jedenfalls zwei Gesichter. Zum einen will sie Schönheitskönigin
werden, zum anderen bemüht sie sich um den Abschaum — in totaler
Selbstlosigkeit.“
    „Vielleicht“, rief Klößchen, „hat der
Kotztyp Uhr und Ringe geraubt, um sie Ilona zu schenken. Dann wäre er ja
wirklich auf dem richtigen Weg, weil er Freude machen will. Und... na ja,
besser täte er natürlich, wenn er die Sachen kauft.“
    Sie fuhren über den Clardon-Platz, wo
der Nebel die Laternen umhüllte. Aus der Clardonstraße rumpelte die Straßenbahn
heran. Nur eine Handvoll Leute saß drin. Eine schwarze Katze huschte in eine
Einfahrt. Tim überlegte, ob der Samtpfoter von rechts oder von links gekommen
war. Was von erheblicher Bedeutung ist, weil ja bekanntlich Glück oder Unglück
davon abhängt. Tim entschied, daß Katzen rechts von links nicht trennen können
und damit der ganze Aberglaube totaler Schwachsinn ist.
    „O wei, o wei!“ meinte Karl.
    „Was ist?“ fragte Tim.
    „Wir müssen uns auf was gefaßt machen.“
    „Stimmt!“ rief Klößchen. „Zeckel ist
jähzornig und drischt sofort zu.“
    „Na und?“ meinte Tim.
    „Aber vielleicht“, überlegte Klößchen, „wirkt
Ilonas gütiges Zureden bereits. Und Zeckel hat dem Haß abgeschworen, drischt
nicht mehr, sondern huldigt der Friedfertigkeit.“
    „Und deshalb, meinst du“, sagte Tim, „hat
er Frau Heinze vorhin überfallen. Weil er erfüllt ist von Nächstenliebe und der
Friedfertigkeit huldigt.“
    „Ach so! Verdammt! Ich hatte ganz
vergessen, weshalb wir zu ihm wollen.“
    „Ich rechne mit erbittertem Widerstand“,
sagte Tim. „Nachdem Zeckel mich k.o. geschlagen hat, wird er über euch
herfallen. Er schafft auch Karl noch, befürchte ich. Aber du, Willi, gestärkt
von vielen Zentnern Schokolade, leistest nicht nur heldenhaften
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