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Jagt das rote Geister-Auto!

Jagt das rote Geister-Auto!

Titel: Jagt das rote Geister-Auto!
Autoren: Stefan Wolf
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Frühlingsluft.
    „Huuuuuhhhhh... Verzeihung!“ quäkte
Klößchens Stimme hinter der Ecke. Schreck quetschte ihm die Luft ab.
    Im nächsten Moment schoß er hinter der
Ecke hervor und zerrte noch am Reißverschluß.
    „Leute!“ keuchte er — und hielt sich
eine Hand vor den Mund. „Da... da... auf dem Hof... ist es stockdunkel. Man
sieht wirklich nichts. Ich... dachte, es wäre ein Müllsack, der da liegt. Und
habe... Aber es ist jemand. Er hat sich bewegt.“ Tim lachte. „Hast du einen
Penner geweckt?“
    „Ich weiß nicht. Es duftet dort sehr
stark nach Parfüm.“
    „Parfüm? Manche Wertmutbrüder trinken
zwar auch Haarwasser, habe ich gehört. Aber...“
    Tim sprach nicht weiter, ließ Klößchen
die Tretmühlen halten und war mit drei langen Schritten an der Ecke.
    Tatsächlich! Hier sah man kaum bis zur
Nasenspitze. Kein Laternenlicht drang auf den Hof. Kein erleuchtetes Fenster
verstreute Helligkeit. Mond und Sterne versteckten sich hinter dunkelgrauem
Nebel.
    Tim verharrte zwei Sekunden, um seine
Augen an die Finsternis zu gewöhnen. Dann tappte er los. Die Spitze seines
Basketball-Stiefels stieß gegen etwas Weiches. Es fühlte sich nach einem Körper
an.
    Tim beugte sich vor.
    „Hallo! Schlafen Sie, Herr Nachbar?
Oder fehlt’s irgendwo?“
    Ein Wimmern antwortete.
    Jetzt sah er das müllsackähnliche
Gebilde. Eine Wolke feinsten Duftes stieg auf. Eine Frau?
    „Sind Sie verletzt?“
    Er griff zu, spürte Stoff und einen
Strick, der sich fest darum wickelte. Die Frau — es war tatsächlich eine Frau,
wie Tim jetzt erkannte — war gefesselt.
    Pest und Pocken! Tim hob sie hoch.
    Vor dem Kino war kein Betrieb um diese
Zeit. Vorn an der Straße fuhren zwei Wagen vorbei. Aber die Insassen nahmen
keine Notiz von dem, was sich hier tat.
    Gabys Kornblumenaugen wurden so groß,
als wären es vier. Klößchen hopste zwischen den beiden Tretmühlen, die er
rechts und links hielt, hin und her. Vielleicht vor Schreck, vielleicht weil
ihn immer noch das dringende Bedürfnis quälte. Computer-Karl sprang zu Tim, um
ihm zu helfen, zerrte aber nur ungeschickt an der Gefesselten. Um ein Haar — und
sie wäre Tim von den Armen geglitten.
    „Laß sein, Karl! Hast du dein
Taschenmesser? Schneid die Fesseln durch.“
    Tim setzte die Frau auf die breiten
Steinstufen, die zum Portal hinaufführten.
    Sie war auch geknebelt. Ein Streifen
Klebeband verschloß den Mund.
    Vorsichtig zupfte Tim das Band ab. Die
Frau sah ihn an, aus großen braunen Augen, die noch ganz starr waren vor
Schreck. Sie mochte Ende Dreißig sein oder etwas älter. Sie hatte braune Locken
und trug ein pfirsichfarbenes Make-up. Die grünen Lidschatten waren verlaufen.
Der Kaschmir-Mantel war sicherlich teuer. Die Füße steckten in Stiefeln aus
feinstem Leder. Alles das paßte zu der hübschen Person.
    Vom Knebel befreit, atmete sie mit
offenem Mund. Sie schloß die Augen.
    „Verdammt, ich habe mein Taschenmesser
nicht mit“, fluchte Karl.
    Auch Tim und Klößchen suchten vergebens
in ihren Jeanstaschen.
    „Die Fesseln tun so weh“, flüsterte die
Frau.
    Ihre Arme waren auf dem Rücken
zusammengebunden. Auch um die Fußknöchel schlang sich die dünne Nylonschnur.
Außerdem war sie um den Oberkörper gewickelt.
    Tim nestelte vergebens an den Knoten,
biß dann die Handfessel durch und konnte die Schnur lösen.
    Die Frau öffnete die Augen. Ihr Blick
war jetzt klar. Die Miene entspannte sich.
    Sie wirkt zart, dachte Tim. Aber sie
ist nicht aus Zucker. Schon kriegt sie wieder Farbe ins Gesicht — unters
Make-up. Unfaßlich! Liegt da gefesselt im Hof auf dem Boden. Am Rücken ist der
ganze Mantel verdreckt. Bin gespannt, was da gelaufen ist.
    „Sollen wir einen Arzt rufen?“ fragte
Gaby.
    Die Frau schüttelte langsam den Kopf. „Ich
glaube, es ist nicht nötig. Oh, dieser Kerl! Der... Es war ein Raubüberfall.
Aber ich habe das Gesicht gesehen. Ganz genau.“
    „Ein Raubüberfall?“ fragte Tim. „Wann?
Und wieso hat der Kerl Sie gefesselt? Übrigens, ich bin...“ Er stellte sich und
seine Freunde vor.
    Sie hieß Marga Heinze.
    „Meine Uhr...“ Sie blickte auf ihr
leeres Handgelenk. „Auch die hat er mitgenommen. Und meine Ringe. Einen Smaragd
und einen Saphir. Und meine braune Kroko-Handtasche. Ich glaube, es war vor
einer halben Stunde. Ungefähr. Ich habe mir nur die Aushang-Fotos angesehen.
Ich ging an der Hofeinfahrt vorbei. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt. Er
hat mich in die Dunkelheit gezerrt und mir den Mund zugehalten.
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