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Jagt das rote Geister-Auto!

Jagt das rote Geister-Auto!

Titel: Jagt das rote Geister-Auto!
Autoren: Stefan Wolf
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Tempo.
    Adolf Hussler saß in einem roten
Ferrari. Doch der Wagen gehörte ihm nicht.
    Am Ende der Lindenhof-Allee bog er ab.
Er stellte das Radio ein. Musikerklang.
    Widerlich!
    Sofort schaltete er aus.
    Er haßte Musik.
    Aber er liebte Nachrichten. Weil die
immer schlecht waren. Die Nachrichten informierten über den normalen Alltag auf
der Welt, also über: Kriege, Gemetzel, Greuel, Hungersnöte, Katastrophen,
Vernichtung von Mensch, Tier und Vegetation (Pflanzenwuchs).
    Adolf Hussler mochte das. Es war nach
seinem Geschmack.
    Die Augen glitzerten, als der Typ jetzt
noch langsamer fuhr. Er hatte grüne Augen. Sie lagen so tief in den Höhlen, daß
man nur ihr Glitzern bemerkte. Adolf war 41 Jahre alt, hatte einen schwarzen
Schnurrbart unter der Nase — von der Art, wie er modern gewesen war in den
dreißiger und vierziger Jahren dieses Jahrhunderts. Das dunkle Haar, das er
immer mit Wasser kämmte, war gescheitelt. Die längere Haarseite hing schräg
nach vorn — und manchmal über das rechte Auge. Er hatte ein fleischiges
Gesicht, einen plumpen Körper und die Angewohnheit, immer dann, wenn er ein
Wort mit u aussprach, durch die Nase zu schnauben.
    Jetzt bog er in eine schmale Straße
ein.
    Sie war dunkel und leer — abgesehen von
drei Laternen.
    Es gab keine Gehwege.
    Zu beiden Seiten zogen sich kniehohe
Mauern hin, auf denen schmiedeeiserne Zäune wuchsen, die sich oben mit
gefährlichen Spitzen sicherten, was ein Überklettern erschwerte.
    Hinter diesen Zäunen lagen
Privatgrundstücke, groß wie Parks, mit Bäumen und Büschen bepflanzt und auch
gepflegt. Gepflegt jedenfalls war das auf der rechten Seite, wo — weit
zurückgesetzt von der Straße — ein gewisser Professor Dr. Dr. H. A. Klughammer
wohnte.
    Dieser Herr war 99 Jahre alt und ging
kaum noch vor die Tür. Immerhin war die Straße nach ihm benannt, hieß also
Professor-Klughammer-Straße. Doch der alte Herr hatte längst vergessen, daß er
hier Namens-Pate war. Wenn man ihn nach seiner Adresse fragte, fiel ihm immer
nur die Stadt ein, in der er lebte, und natürlich das Land, das er
West-Deutschland nannte.
    Für Klughammer interessierte sich Adolf
Hussler nicht die Bohne. Er kannte ihn gar nicht.
    Interessant war nur das verwilderte
Parkgrundstück auf der anderen Seite.
    Es gehörte Franz Bruchseidl, dem
Fertighauskönig, wie er sich nannte. Er hörte es auch gern, wenn man ihn als
Jet-Set-Löwen bezeichnete, als Playboy, Champagner-Franzi oder Säule-der-deutschen-Wirtschaft.
    Bruchseidls Fertigbau-Häuser standen
überall in Europa, weshalb viel Geld in seine Tasche floß. Da er nun schon 39
Jahre alt war, beschloß er, sein Leben zu genießen. Die Leitung der Firma
übertrug er seinem ersten Direktor, einem gewissen Dr. Heinz Frey — von dem
später noch die Rede sein wird. Auch Paul Rode, genannt Gelbgesicht, genoß
Bruchseidls Vertrauen. Rode war der Chefbuchhalter — ein Mann mit krankhafter
Neigung zum Geld.
    Immerhin — die beiden würden den Laden
schon schmeißen. Deshalb gönnte Franz Bruchseidl sich viermal im Jahr eine
Weltreise. Diesmal hatte er die vier zusammengelegt und war schon seit Mitte
Januar unterwegs. Zur Zeit hielt er sich in Australien auf. Und in seinem
letzten Telefonat mit Dr. Frey, mit Rode und Marga Heinze hatte er mitgeteilt,
daß er diese Woche eingeladen sei zu einer Känguruh-Jagd.
    Um Bruchseidls Villa hier in der
Professor-Klughammer-Straße kümmerten sich Frey, Rode und die Heinze. Das
heißt, einer von ihnen ging gelegentlich bei seinem Brötchengeber vorbei und
sah nach, ob Einbrecher in der Villa waren.
    Das Eingangstor war nicht verriegelt.
    Die Garage neben der Villa wurde von
Bruchseidls Angestellten nur im Vorbeigehen beobachtet.
    Adolf Hussler hielt vor dem Tor. Er
stieg aus und öffnete beide schmiedeeisernen Flügel. Dann fuhr er die gewundene
Einfahrt entlang und hinein in die geöffnete Doppelgarage.
    Nebenan stand ein Jeep. Auch der
gehörte Franz Bruchseidl. Doch Adolf hatte sich von Anfang an für den roten
Ferrari entschieden.

    Der Motor verstummte. Die Scheinwerfer
erloschen.
    Adolf quälte sich aus dem Ledersitz,
legte den Zündschlüssel auf das Brett des kleinen Fensters und stülpte die
leere Blechbüchse drüber, die dort stand.
    Das war Franz Bruchseidls
Schlüsselversteck.
    Adolf verließ die Garage.
    Seine Art, sich fortzubewegen, litt
unter einer Eigentümlichkeit: Er sockte schräg, genauer gesagt: seitwärts,
drehte also eine Schulter und eine Hüfte — immer die linke
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