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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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Beide wußten nicht, worum es ging. Doch eine ungeheure Spannung lag in der Luft.
    »Wir haben nichts davon gewußt, daß Brigitte im Wagen war«, sagte Semper.
    Kommissar Freiberg machte eine beruhigende Handbewegung. »Sie brauchen sich nicht zu verteidigen. Seit heute nacht bin ich überzeugt, daß Ihre Aussage stimmt. Dieser Fall hat eine neue Dimension angenommen.«
    Damit wandte er sich wieder dem Anwalt zu. »Sehen Sie sich bitte diesen Weg an. Der ist in so gutem Zustand, daß niemand aus Versehen vor einen Baum steuert. So schlecht kann selbst Ihre Mandantin nicht fahren.«
    »Das soll heißen… Sie meinen…«
    »Ja, davon sind wir überzeugt. Frau Nattinger! Sie sind mit voller Absicht gegen den Baum gefahren. Sie wußten, daß Brigitte Fournier nicht angeschnallt war. Sie haben Unfallerfahrung genug. Sie wissen, was ein Frontalaufprall für den ungesicherten Beifahrer bedeutet – wahrscheinlich den Tod.«
    »Sie hatte sich nicht angeschnallt.«
    »Das haben Sie uns gestern schon gesagt. Warum war sie nicht angeschnallt? Haben Sie an den Gurten manipuliert? Warum mußte der Wagen heute so plötzlich verschwinden? Sie haben in Belgien angerufen und bei der Dépannage Morisse auf Abholung gedrängt. Aber Sie haben sich verrechnet, der Wagen wurde noch nicht eingestampft. Wir werden mit Hilfe unserer belgischen Kollegen von der Gendarmerie das Wrack gründlich untersuchen. Dann werden wir auch diesen Punkt geklärt haben.«
    »Ungeheuerlich, einfach ungeheuerlich!« Rechtsanwalt Dr. Mensenhoff fand keine anderen Worte, um seiner Empfindung Ausdruck zu geben.
    Kommissar Freiberg wurde scharf: »Nun geben Sie es schon zu, Sie sind mit voller Absicht gegen den Baum gefahren!«
    Anne Rose Nattinger hatte beide Fäuste geballt und hielt sie gegen ihre Wangen gepreßt. Ihr Kopf bewegte sich wie in Trance hin und her. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts mehr. Ich war so aufgeregt – und dann hat es auch schon gekracht.«
    »Wenn Sie nur ungefähr vierzig Stundenkilometer gefahren sind, konnte Ihnen nicht viel passieren. Aber die Person neben Ihnen ist wie eine Rakete nach vorn geschossen. Kein Kopf hält einen solchen Aufprall aus.«
    »Ich sage nichts mehr.«
    »Und dann haben Sie noch einmal zugeschlagen, um ganz sicher zu sein, daß die Wirkung des Unfalls tödlich war. Zugeschlagen mit einem schweren Stück Holz. Ich werde das Gelände absuchen lassen.«
    »Herr Kommissar!« schrie der Rechtsanwalt auf das äußerste erregt. »Wissen Sie, was Sie tun? Sie bezichtigen meine Mandantin des Mordes. Sie bringen mich in eine unmögliche Situation. Meine Mandantin wird schweigen müssen, und ich kann nicht Stellung nehmen, weil ich nichts weiß. Ich verlange, daß Sie den Ortstermin hier abbrechen.«
    Dr. Mensenhoff war ohne sein Zutun in eine schwierige Lage geraten. Er konnte sich nicht anders verhalten.
    Freiberg blieb hart. »Ich werde diesen Termin zu Ende führen, bis die Sachaufklärung erfolgt ist. Das bedarf keiner Abstimmung zwischen Anwalt und Klientin. Wir gehen jetzt noch hinüber zu der Stelle, wo die Leiche vierundzwanzig Stunden versteckt war. Ich bestehe darauf, daß uns Frau Nattinger diesen Platz zeigt.«
    Mit diesen Worten wandte er sich dem Gebüsch am Rande der Lichtung zu. Ahrens trug die Aktentasche und ging ein paar Schritte neben ihm. Lupus blieb noch zurück. Er hörte, wie Dr. Mensenhoff zu seiner Mandantin sagte: »Ich werde meine Pflichten als Anwalt für erloschen ansehen, wenn Sie nicht sofort der Kriminalpolizei den Ort zeigen, wo Sie die Leiche verborgen hatten. Noch gehe ich von einem Unfall aus.«
    Hans Semper und Hedwig Bessener waren zögernd dem Kommissar gefolgt. Sie wußten nicht, was von ihnen erwartet wurde. Niemand nahm von ihrem Verhalten Notiz.
    Dr. Mensenhoff deutete mit einer Geste an, daß er seiner Mandantin den Arm reichen wollte. »Kommen Sie«, sagte er nur.
    Sie hob mit einer Gebärde der Verzweiflung die Arme und folgte dem Kommissar. Der Anwalt ging neben ihr.
    Die beiden auf dem Waldweg liegenden Jagdhunde Pascha und Nero hatten während der vergangenen Minuten kein Auge von der Gesprächsrunde gelassen. Sie verstanden die Geste und das Fortgehen ihrer Herrin als Befehl, sprangen auf und liefen mit langen Sätzen zur Lichtung.
    »Achtung! Kann da etwas mit den Hunden passieren?« rief Lupus. Doch Anne Rose Nattinger schien den Vorgang nicht wahrzunehmen.
    Die beiden Weimaraner verschwanden im Unterholz. Sie liefen wie beim Stöbern in kleinen Halbkreisen
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