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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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sie dann abtreiben oder Geld für die Aufzucht haben, um dem kinderlosen Vater einen Erben zu schenken oder wollte sie sich mit, von mir aus auch ohne, Kind aus seinem Lebenskreis absetzen?«
    »Hätte dieser Nattinger sie vielleicht wegen des Kindes geheiratet?« überlegte Lupus. »Sie sagt das doch ziemlich klar, er würde ›eine für sie positive Entscheidung treffen, wenn er die Umstände rechtzeitig einschätzen könnte.‹«
    Inzwischen hatte sich Ahrens wieder an den Tisch gesetzt und die Akte des Gerichtsmedizinischen Instituts auf die blankgescheuerte Tischplatte gelegt. Er blätterte und las. Das Plastiktütchen mit dem Holzsplitter war mit einer Klammer an einem Papierstreifen befestigt und eingeheftet. Die Umschläge mit den Fotos der Toten hatte niemand geöffnet.
    Ahrens schob Kommissar Freiberg die Unterlagen zu. »Kein Zweifel, da steht nichts von einer erkannten Schwangerschaft.«
    »Das wäre ein noch dickerer Hund! Wie hat sie formuliert? › Verantwortung für ein anderes Leben tragen‹ – was heißt das? Warum hat sie nicht ganz klar geschrieben ›für ein Kind‹? Ein anderes Leben – kann auch ihr eigenes gemeint sein. Nach der Devise ›ein Jahresgehalt des Gatten, und ich verschwinde aus eurem Dasein an die Cote d’Azur‹.«
    »Ist das, was die Fournier getrieben hat, versuchte Nötigung oder Erpressung?« wollte Ahrens wissen. »Das liest sich so harmlos.«
    »Wenn’s um Geld geht – Erpressung. Aber mir scheint das eher eine sehr diffizile Form von Selbstmord geworden zu sein«, erklärte Freiberg. »Die Waidmännin Nattinger war für unsere Sekretärin doch wohl eine Nummer zu groß.«
    Lupus las noch einmal das ganze Papier. »Verflucht, was für ein Text«, ereiferte er sich.
    »Aber es gibt einen winzigen gemeinsamen Nenner«, resümierte Freiberg. »Die Fournier fordert für eine echte oder simulierte Schwangerschaft Geld und deutet einen Skandal an, wenn die reiche Anne Rose nicht zu einer ›vernünftigen Lösung‹ beiträgt.«
    Lupus trank den letzten Schluck Kaffee. »Das reicht zweimal als Motiv, um jemanden in die ewigen Jagdgründe zu schicken.«
    »Ja, wenn der Brief zugestellt worden ist, und wenn es kein Unfall war, und wenn wir in der Lage sind, das zu beweisen. Heute ist auch mit dem Anwalt zu rechnen. Der wird seine Mandantin nicht im Regen stehen lassen. Wir werden hart pokern müssen. Was ist übrigens mit der Dépannage Morisse?«
    »Der 504 steht noch dort. So eilig haben es die Kameraden mit dem Einstampfen nicht.«
    »Ahrens, haben Sie Aston erreicht?«
    »Ja, Chef. Ich habe alles ausgerichtet. Die Schwester war sehr hilfsbereit. Der Mann hat vor Freude geweint.«
    »Gute Nachrichten haben ihren Preis, Freunde. Ich nehme noch eine Portion Eis. Tut euch jeden Zwang an und bestellt zu meinen Lasten. Wir haben noch Zeit – und wir haben auch die Asse.«
    Nach einer harten Pokerrunde sah es in der Jagdhütte nicht aus. Schon kurz vor 13 Uhr, fast zur gleichen Minute, hatten sich Hans Semper und Hedwig Bessener eingefunden. Der BMW und der Porsche parkten nebeneinander, bis Rechtsanwalt Dr. Mensenhoff seinen Jaguar dazu stellte.
    Er hatte am Vorabend ein langes Gespräch mit Frau Nattinger geführt, das fast bis Mitternacht gedauert hatte. Am Telefon hatte sie ihn gedrängt, unbedingt noch in das »Haus am Rhein« zu kommen.
    Ihr Mann sei in Paris, und sie brauche Hilfe bei einem Polizeitermin am nächsten Tag. Seinen Hinweis, daß sie doch eine kurzfristige mündliche Ladung ablehnen könne, hatte sie beiseitegetan. »Das würde mich nur in neue Schwierigkeiten bringen. Bitte, kommen Sie gleich.«
    Dr. Mensenhoff kümmerte sich seit Jahren um die Vermögensangelegenheiten von Anne Rose Nattinger und hatte sie auch schon einige Male in Verkehrsunfallsachen vertreten. In dieser Hinsicht war er einiges von ihr gewohnt.
    Das lange nächtliche Gespräch im »Haus am Rhein« hatte sein Verständnis als Anwalt auf eine harte Probe gestellt. Der Unfall war schlimm genug. Doch weitaus schlimmer wog das Beiseiteschaffen der Leiche. Dafür würden die Richter kein Verständnis zeigen. Hier mußten alle forensischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um das Fehlverhalten seiner Mandantin verständlich erscheinen zu lassen. Es sah nicht gut aus. Er hatte ihr fest zugesagt, um 14 Uhr an der Unfallstelle zu sein. »Jetzt brauchen Sie erst ein paar Stunden Ruhe, versuchen Sie zu schlafen.«
    »Ja, gewiß«, waren ihre Worte gewesen. »Ich fahre morgen früh ins Revier und
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