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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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die Entwicklung hinzunehmen, wenn ich die Gewißheit hätte, in absehbarer Zeit die Verantwortung für ein anderes Leben besser tragen zu können. Ich bin überzeugt, daß Ihr Gatte eine für mich positive Entscheidung treffen würde, wenn er in der Lage wäre, die Umstände rechtzeitig einzuschätzen. Ein klärendes Wort in dieser Richtung habe ich bisher vermieden, weil ich zunächst Ihnen Gelegenheit geben möchte, zu einer vernünftigen Lösung beizutragen. Wir könnten ein Gespräch schon für die nächsten Tage vereinbaren. Ich werde mich telefonisch melden. Sie sollten diesen Brief als ein non-paper ansehen und vernichten, wenn Ihnen meine Gedankenführung deutlich geworden ist. Wir brauchen nichts festzuhalten, was belasten könnte – auch wenn es nicht beabsichtigt ist.«
    Das Schreiben endete wie es begonnen hatte, ohne jede Schlußformel.
    Das war allerdings eine Sensation, vielleicht sogar eine Offenbarung! Lupus blieb ganz still. Er nahm das erste Blatt noch einmal vor und ging Wort für Wort jede Zeile durch. Er las immer wieder, um den Sinn der verschlungenen Worte zu deuten. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber ihn erfaßte so etwas wie Bewunderung für seinen Chef, diesen mageren Burschen mit dem gestutzten Bart, der sich eine Nacht um die Ohren geschlagen hatte, obwohl der Fall mit der schrecklich genug klingenden Aussage der Frau Nattinger geklärt zu sein schien. Jetzt hing Freiberg müde in den Polstern, wobei sein Kopf den Bewegungen des Fahrzeugs folgend, leicht hin und her pendelte.
    Den Inhalt dieses »Schriftstückes« ins Spiel zu bringen würde eine schwierige Aufgabe sein; und der Ausgang war ungewiß.
    Das Band der wenig befahrenen Autobahn lief unter den Rädern dahin, bis die Strecke bei Blankenheim ihr vorläufiges Ende fand. Niemand hatte sich getraut, das Schild »Mechernich« zum Anlaß zu nehmen, eine Frage zu stellen. Erst durch das Bremsen und Rumpeln auf der Abfahrt wurde Kommissar Freiberg richtig wach. »Mechernich?« fragte er.
    »Nein, Ende der Ausbaustrecke. Wir sind bald da«, antwortete Ahrens.
    »Fahren Sie rechts ab zum Gasthof ›Mülheimer Krug‹. Ich lade euch zum Essen ein. Aber keine Völlerei bitte. Die Reisespesen werden es ohnehin nicht tragen und – ein voller Bauch studiert nicht gern.«
    »Chef, der Brieftext…«, forderte Lupus ungeduldig.
    »Nach dem Essen. Ich hoffe, es ist nicht zu voll im Lokal. Wir brauchen keine Mithörer.«
    Sie fanden eine ruhige Ecke. Das Jägerschnitzel war preiswert und gut. Wo Fernfahrer einkehren, hat die Küche einen Ruf zu wahren. »Ausgezeichnet«, meinte Freiberg. »Erst beim Kaffee beginnt der Dienst.«
    Sie sprachen vom Theater und vom Kino. Dort hatten die Helden in dieser Nacht triumphiert. Inwieweit »Octo« sich zum »Pussy« entwickelt hatte, darüber wollte sich Ahrens allerdings nicht äußern.
    Als der Kaffee serviert war, sagte Freiberg: »Jetzt Freunde, die Diagnose – dann die Therapie.«
    Da Ahrens am Steuer gesessen hatte, kannte er den Text noch nicht. Lupus reichte ihm eine Durchschrift über den Tisch. Auch hier waren im Schriftbild Freibergs nächtliche Tippfehler beherrschend. »Ein seltsamer Brief. Man müßte nur wissen, ob er abgeschickt worden ist und wann. An wen er gerichtet ist, kann nicht zweifelhaft sein, obwohl kein Name genannt ist.«
    »Vielleicht auch nur ein Entwurf«, erklärte Freiberg nachdenklich. »Immerhin, der Text ist geschrieben worden. Einige Buchstaben wurden fehlerhaft angeschlagen und korrigiert. Das spricht für eine Reinschrift, die abgehen sollte.«
    Ahrens hatte inzwischen den Text gelesen und sah mit großen Augen kopfschüttelnd von einem zum anderen. »Diese Fournier hat ja vielleicht Nerven. Die war also doch scharf aufs Geld. Und ich sitze im Kino, wenn so etwas entdeckt wird.«
    »War sie denn schwanger?« wollte Lupus wissen. »Ich habe darüber im Obduktionsbefund nichts gelesen. Läßt sich das nach der langen Liegezeit im Wald überhaupt noch feststellen?«
    »Das ist anzunehmen«, sagte Freiberg. »Doktor Sendlinger wird uns gern Auskunft geben, wenn wir ihn fragen.«
    »Die Akten mit dem Befund habe ich im Kofferraum«, warf Ahrens ein und stand auf, um sie zu holen.
    Lupus sagte nachdenklich: »Die Tote wird jetzt selbst zu einem Rätsel. Hat sie allein gehandelt oder wollte jemand anders mit ihr zusammen an das größere Kleingeld? Um Geld geht es doch in erster Linie – oder siehst du das anders, Chef?«
    »Genau so. Wenn sie schwanger war, wollte
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