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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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voran, ohne einen Laut zu geben. Hin und wieder schimmerte ihr rehgraues Fell durch die Blätter.
    Nur wenige Schritte, und Frau Nattinger wies mit der Hand auf eine Gebüschgruppe. Ein ausgetriebener Wurzelstock, das Geranke eines Busches und zwei krüppelige Kiefern begrenzten den Platz. »Hier war es, hier hat sie gelegen.«
    »Halt!« rief Kommissar Freiberg. »Bitte nicht weitergehen. Wir werden das Gelände provisorisch sichern und kennzeichnen. Ahrens – kümmern Sie sich darum. Die Unfallstelle und das Versteck müssen von unseren Experten gründlich untersucht werden.«
    Auch bei genauem Hinsehen ließ sich kein Anzeichen dafür erkennen, daß hier ein Mensch gelegen hatte. Kräftiges, frühsommerliches Wachstum schien jede Spur verwischt zu haben.
    »Dieses Waldstück wird abgesucht. Wir werden eine Hundertschaft anfordern.«
    »Chef, das bringt nichts«, flüsterte Lupus. »Welche Nähnadel sollen wir in diesem Heuhaufen finden?«
    »Ich weiß nicht, aber denk an den Splitter. Wir müssen den wirklichen Vorgängen auf den Grund kommen. Auch der Wagen in Belgien kann noch ganz wichtig werden. Nur jetzt nichts versäumen und keinen falschen Zug.«
    Der Kommissar ging allein noch ein paar Schritte vor. Er drückte einige grüne Äste beiseite, um bessere Sicht zu haben. Vorsichtig teilten seine Hände das hoch aufgeschossene Gras. Ein paar Insekten flogen davon. Die Augen der anderen folgten ihm aufmerksam. Doch zu sehen war nichts.
    Aus dem Wald weiter seitwärts ließ sich in der Ferne das fröhliche Blaffen der beiden Jagdhunde vernehmen. Es klang wie Spurlaute, die schnell näher kamen. Nero tauchte auf. Im Lauf streckte sich sein Körper mit der stolz erhobenen Rute. Mit jeder Bewegung des hochgerichteten Kopfes wippten die Behänge auf und nieder.
    »Was ist da los?« fragte Lupus.
    Erst jetzt wurden auch die anderen aufmerksam. Pascha versuchte wie beim Spiel von der Seite her an den Kopf seines Gefährten heranzukommen. Aber der verteidigte mit energischen Abwehrbewegungen die Beute, die sein kräftiger Fang umschloß.
    »Die bringen etwas an«, sagte Freiberg gespannt und versuchte zu erkennen, worum es sich handeln konnte.
    Nero schüttelte einige Male den Kopf, um Pascha abzuweisen. Im vollen Lauf stemmte er sich mit Rumpf und Schulter gegen den aufdringlichen Neider. Das war seine Beute, und er wollte sie präsentieren.
    Anne Rose Nattinger war zur Säule erstarrt. Ihre Hand schnellte zum Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken. »O nein!«
    Ihr Anwalt merkte in diesem Moment noch nicht, welches Drama sich vor seinen Augen vollzog.
    Nero machte noch einige Sätze, bremste aus dem vollen Schwung und setzte sich vor seine Herrin auf die Hinterläufe. So war ihm die Bringhaltung anerzogen. Sein Kopf war stolz aufgerichtet und sein Blick suchte Anerkennung. Jetzt konnten alle wahrnehmen, was sein Fang so fest umschlossen hielt: ein schweres Apportierholz!
    Pascha machte einen schon nicht mehr ganz ernst gemeinten Versuch, an die Beute heranzukommen, folgte dann aber dem inneren Zwang der Abrichtung und setzte sich neben den Gefährten. Sein Blick ging zwischen seiner Herrin und Nero hin und her. Auch er wollte seinen Anteil von der Belohnung haben.
    »Großer Gott, verzeih mir«, stammelte Anne Rose Nattinger. Sie schwankte, so daß Dr. Mensenhoff zu ihr trat, um sie zu stützen. »Was bedeutet das alles?« fragte er bestürzt.
    Die Hunde saßen wie gebannt. Nero hielt ihr das Apportel entgegen. Beide warteten auf ein Lob und das erlösende Wort, die Beute abzulegen.
    Freiberg wandte sich Ahrens zu. Dieser reichte ihm die Aktentasche. Lupus näherte sich Nero und versuchte, ihm das Holz abzunehmen. Ein wütendes Knurren war die Folge. Auch Pascha hätte sofort zugebissen, wenn Lupus das Unternehmen nicht aufgegeben hätte.
    »Frau Nattinger, das Holz!« sagte Freiberg leise und schonend. »Bitte.«
    Sie nickte ergeben, sah ihre Hunde wie durch einen Schleier an und sagte mit erstickter Stimme: »Aus!«
    Sie hatte das Urteil gesprochen.
    Nero legte das Holz ab, so daß Lupus es hochnehmen konnte. Pascha kümmerte sich nicht mehr darum. Er drängte mit seinem Gefährten zur Herrin. Sie legte jedem – wie sie es zum Lohne immer tat – die Hand auf den Kopf und zog die Tiere zu sich heran. Kein weiteres Wort kam über ihre Lippen.
    »Mindestens einundeinhalb Kilo«, sagte Lupus und drehte das Apportel in seiner Hand. Es war aus hartem Buchenholz mit schweren, achteckig gesägten
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