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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber
Autoren: Vivian Hall
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zugesehen hatte. Sie ging auf ihn zu, ganz langsam, schwankend. Sie wirkte wie ein frisch zum Leben erwachter Zombie, der Orientierung suchte. Nach ein paar Schritten stand sie vor ihm.
    „Er will mich nicht, William“, erklärte sie weinerlich. Sie klang wie ein kleines, enttäuschtes Mädchen. Die zitternde Unterlippe unterstrich diesen Eindruck noch, und Victor wurde übel. Charlotte war eindeutig nicht bei geistiger Gesundheit, und er begann, einfach nur noch Mitleid mit ihr zu fühlen. Was für eine Verschwendung von Schönheit und Intelligenz. Sie hätte ein erfülltes Leben haben können, mit einem Mann, der ihr trotz ihrer Fehler ehrlich zugetan war, doch sie wusste ihr Glück nicht zu schätzen und strebte nach Dingen, die für sie in weiter Ferne bleiben mussten.
    William strich ihr indessen liebevoll übers Haar und lächelte sie an. „Ich weiß, meine Schöne … ich weiß. Komm, ich werde dich trösten.“
    Ein heftiges Schluchzen erschütterte ihren schmalen Körper, und sie ließ sich in die ausgebreiteten Arme ihres Mannes fallen, der ihr begütigend über den Rücken streichelte. Über ihren Kopf hinweg suchte er den Augenkontakt zu Victor.
    „Wissen Sie, wahrscheinlich fragen Sie sich gerade, warum ich das alles mitmache, aber als ich sie geheiratet habe, da habe ich geschworen: ‚in guten wie in schlechten Zeiten ‘ . Ich liebe Charlotte, und daran wird sich bis zu meinem Tod nichts ändern. Nicht wahr, mein Herzblatt“, sagte er und sah liebevoll auf sie herunter.
    Sie wirkte irgendwie apathisch, als wäre sie in ihrer ganz eigenen, bitterbösen Welt versunken, und reagierte überhaupt nicht.
    Victor war nicht in der Lage zu antworten, zu gefangen war er von der morbiden Faszination, die dieses schaurige Paar auf ihn ausübte. William schien endlich das zu haben, was er wollte. Jetzt, am Ende seines Lebens,suchte sie Halt bei ihm.
    Es dauerte eine Weile, ehe Victor seine Sprache wiederfand. „Sie wollen also wirklich bei ihr bleiben?“
    William nickte. „Ja, außer mir hat sie niemanden, und sie braucht mich, auch wenn sie es nicht weiß. Trotz all ihrer Fehler liebe ich sie.“
    „Das ist schwer zu verstehen, nach allem, was sie Ihnen angetan hat.“
    William sah auf seine Frau hinunter, die vollkommen reglos an seinem Körper lehnte.
    „Kennen Sie den 13. Vers aus den Briefen des Apostels Paulus an die Korinther? Dort heißt es, die Liebe sei langmütig und gütig. Sie wertet und sie richtet nicht, sie trägt das Böse nicht nach. Sie erträgt alles und hält allem stand. So werde ich es halten, bis ich diese Welt verlassen muss.“
    Victor schluckte, als er Fitzroys Hingabe für seine untreue Frau auf sich wirken ließ. Er verstand diese Selbstaufgabe nicht, aber er respektierte seine Motive.
    „Ich denke, ich verstehe nicht wirklich, was Sie antreibt, aber ich hoffe, dass ich mir meiner Gefühle eines Tages ähnlich sicher bin, wie sie es sind.“
    Fitzroy sah ihn ernst an.
    „Das kommt von ganz allein, wenn Sie es nur zulassen. Und was Charlotte angeht …“, er drückte einen Kuss auf ihre Schläfe, „… werde ich für sie sorgen, solange, bis mein Körper mich im Stich lässt.“
    „Und danach? Sie ist krank, sie wird mich und Paige nie in Ruhe lassen.“
    „Ich kann Ihre Bedenken verstehen, aber Sie haben eben erst erwähnt, wie wichtig ihr Ruf für sie ist. Wenn sie sich beruhigt hat, wird ihr Verstand wieder funktionieren, und sie wird sich mit der Situation auseinandersetzen und schauen, dass sie dabei gut wegkommt. Charlotte ist wie eine Katze mit sieben Leben. Ist eines weg, schüttelt sie die Erinnerungen an das alte ab und richtet sich im Neuen ein. Genau diese Fähigkeit wird Sie vor weiteren Nachstellungen schützen, denn wie Sie bereits festgestellt haben, ist ihr guter Ruf ihr wichtiger als alles andere.“ Er warf einen leicht boshaften Blick auf ihn. „Ich habe Bilder, wissen Sie … und einen vertrauenswürdigen Anwalt, der diese Abzüge auch nach meinem Tod der Öffentlichkeit zugänglich machen wird, sollte Charlotte keine Ruhe geben. Das wird reichen, um sie keine Dummheiten machen zu lassen.“
    Vor lauter Verblüffung blieb Victor der Mund offen stehen. Er wollte gar nicht wissen, wie oder wann diese Fotos entstanden waren, sondern nur noch weg hier.
    „Ich danke Ihnen, und es tut mir leid, dass ich …“
    William hob abwehrend die Hand.„Bitte, kein Gesäusel. Wir sind keine Freunde und werden auch nie welche sein. Charlotte gehört jetzt ganz
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