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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber
Autoren: Vivian Hall
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nebensächlich, und Gefühle wie Schuld oder Moral gingen komplett im Taumel der gegenseitigen Zuneigung und Leidenschaft unter. Auch ihm war das widerfahren, und heute schämte er sich dafür, dass er Fitzroy bewusst hatte schaden wollen.
    Unangenehm berührt räusperte er sich. Was antwortete man einem Menschen, der schon bald sterben musste?
    „Das tut mir ehrlich leid“, sagte er schließlich ziemlich lahm.
    William hatte trotz der wenig ermutigenden Diagnose seinen Humor nicht verloren. „Ach, lassen Sie das mit dem Mitleid. Mir geht es momentan gut, bis auf ein paar kleinere Einschränkungen. Außerdem hatte ich ein schönes Leben, wenn man davon absieht, dass ich stets die falschen Frauen geliebt habe. Erst Ihre Mutter und jetzt …“, er verzog sein Gesicht, „nun, Sie kennen Charlotte ja selbst zur Genüge.“
    „Ich habe die Affäre mit Charlotte beendet“, erklärte Victor unvermittelt.
    William formte die Lippen zu einem O und pfiff dann leise durch die Zähne. „Ach, deswegen ist sie so unerträglich. Ich dachte schon, ich sterbe ihr nicht schnell genug“, versuchte er sich an einem Scherz.
Ungläubig schüttelte Victor den Kopf, nach dieser geschmacklosen Bemerkung. Geschmacklos deswegen, weil sie wohl der Wahrheit entsprach.
    „Wie können Sie nur mit ihr zusammenbleiben, wenn Sie wissen, wie verdorben und gemein sie ist?“
    „Warum waren Sie solange mit ihr zusammen?“, konterte William und verschränkte die Arme.
    „Touché“, murmelte Victor leise und musste lächeln, bis ihm der Grund seines Hierseins wieder einfiel.„Ich muss trotzdem mit ihr reden. Sie mischt sich immer noch in mein Leben ein, und ich werde dafür sorgen, dass sie das in Zukunft sein lässt.“
    William zog geringschätzig die Mundwinkel herunter. „Ich fürchte, mit reden allein ist es nicht getan, aber vielleicht kann ich Ihnen helfen.“
    Victor ging gar nicht darauf ein, sondern stellte Fitzroy eine Frage, die ihm schon seit Jahren auf der Seele brannte. „Wieso haben Sie so kurz nach dem Tod meiner Mutter wieder geheiratet?“, wollte er wissen, auch wenn es ihn nichts anging. „Sie lag noch kein Jahr unter der Erde, als Sie Charlotte zur Frau nahmen.“
    Fitzroys Gesicht verzog sich kummervoll, mit der Hand vollzog er eine ausholende Geste, die sehr hilflos wirkte. „Ich war einsam und todunglücklich, weil Celeste nicht mehr am Leben war. Am liebsten wäre ich ihr in den Tod gefolgt, denn eines müssen Sie wissen. Ich habe sie unglaublich geliebt. Was Ihre Mutter und mich verband, war mehr als nur eine flüchtige Affäre, und ihr Tod hat mich in einen tiefen Abgrund gestürzt. Als ich komplett am Boden lag, musste ich eine Entscheidung treffen: Mich ganz ins Dunkel fallen lassen oder wieder am Leben teilnehmen. Genau an diesem Punkt tauchte Charlotte auf. Damals war sie noch nicht so verbittert und genusssüchtig, wie sie es heute ist. Ihr Charme und ihre Schönheit haben mich beeindruckt und auch geblendet. Innerhalb kürzester Zeit war ihr mit Haut und Haaren verfallen, ohne zu sehen, dass sie mich nur des Titels wegen geheiratet hat. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass sich an meiner Leidenschaft für Charlotte bis heute nichts geändert hat.“
    „Sie sind sehr wankelmütig in ihren Gefühlen, wenn sie eine Liebe so schnell gegen eine andere eingetauscht haben“, stellte Victor missbilligend fest. „Hätte meine Mutter das gewusst, wäre meinem Vater bestimmt einiges an Kummer erspart geblieben.“
    „Ich bin ein Mensch, Victor, und nicht unfehlbar. Ich verstehe Ihren Groll, aber was Ihren Vater angeht, muss ich eines klarstellen: Er hat sich in das Bett gelegt, das er sich selbst bereitet hat. Ihre Mutter hat er geheiratet in dem Wissen, dass sie ihn nicht liebt. Es war eine arrangierte Ehe, und Celeste war damals zu jung, um sich gegen die Übermacht ihrer Eltern zu behaupten.“
    Betroffen senkte Victor den Blick, um diese neue Information zu verarbeiten. Er zweifelte aber nicht eine Sekunde an ihrem Wahrheitsgehalt.
    „Das wusste ich nicht“, flüsterte er dann mehr zu sich selbst. „Ich dachte, sie hätten aus Liebe geheiratet und sich einfach auseinandergelebt. Bevor ich als Teenager mitbekam, dass meine Mutter meinen Vater laufend mit anderen Männern betrog, war ich der Meinung, diese Verbindung sei glücklich. Zumindest gaben sie sich vor mir und Ryan die größte Mühe, diesen Eindruck zu erzwingen.“
    William seufzte und setzte sich umständlich in einen der Sessel neben dem
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