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Jagdfieber

Jagdfieber

Titel: Jagdfieber
Autoren: Vivian Hall
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um ihren Mann nicht zu verärgern. William Fitzroy wusste schon seit Langem über ihn Bescheid und unternahm nichts gegen die außerehelichen Eskapaden seiner Ehefrau. Alles, was er verlangte, war absolutes Stillschweigen und Vorsicht, während er in der Öffentlichkeit den glücklichen Ehemann mimte.
    Auf einmal ratterte es hinter ihm. Victor zuckte ertappt zusammen und blickte zur Seite, um die Quelle des Lärms auszumachen. Er entdeckte ein mürrisch dreinblickendes Zimmermädchen, das ein paar Meter von ihm entfernt einen Rollwagen vor sich herschob und vor einer Tür haltmachte. Sie öffnete und blickte zur Seite, als würde sie spüren, dass sie beobachtet wurde. Sobald sie ihn wahrnahm, nickte sie ihm eilig zu und verschwand dann mitsamt ihrem fahrbaren Anhang im Zimmer. Das erinnerte ihn daran, dass er hier wie ein Idiot vor der Tür stand, anstatt endlich reinzugehen. Er zog mit einer raschen Bewegung die Magnetkarte durch den Schlitz. Ein monotoner Summton ertönte, und einen Augenblick später trat er über die Schwelle der Juniorsuite. Victor atmete tief durch. Er war froh, nicht mehr diesen typisch abgestandenen Geruch des Hotelflurs in der Nase zu haben. Stattdessen roch er die unverwechselbare Note von Chanel N o 5. Der schwere Duft breitete sich im gesamten Raum aus und verriet Charlottes Anwesenheit.
    Freitag, 15.00 Uhr, Berkeley Hotel. Das war der einzige Termin, den die notorisch unpünktliche Charlotte stets auf die Minute genau wahrnahm, und es brauchte nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, dass sie in diesem Moment Gift und Galle spuckte, weil er es wagte, sich über eine Stunde zu verspäten. Provokant ließ er die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen und fokussierte aus schmalen Augen die angelehnte Schlafzimmertür auf der anderen Seite des Zimmers. Langsam setzte er sich in Bewegung und spürte wieder diese prickelnde Mischung aus Abscheu und Vorfreude, die ihn vor jedem Treffen heimsuchte. Manchmal, wenn er nachts allein in seinem Bett lag und über sein Leben nachdachte, wünschte er sich, diese ungesunde Beziehung beenden zu können. Doch dieser giftige Cocktail aus brutalem Sex und verbalen Schlagabtäuschen war auch nach all diesen Jahren immer noch zu berauschend, um das Glas halbleer zurückzugeben. Er spürte einen würgenden Kloß im Hals und versuchte ihn hinunterzuschlucken, doch der Klumpen blieb und schien immer größer zu werden. Verärgert hob er die Hände und nestelte an seinem akkurat gebundenen Krawattenknoten herum, während er sich unaufhaltsam dem Schlafzimmer näherte. Sein Blick blieb kurz an den Fenstern hängen. Bauschige Vorhänge in einem gediegenen hellen Braunton flankierten die bis zum Boden reichende Verglasung und verbargen halb den Blick auf die belebte Londoner Straße. Knapp zwei Meter entfernt stand ein antiker Sekretär vor der Wand mit der gemusterten Stofftapete. Das dunkle Holz glänzte frischpoliert, die vordere Front war zugeklappt und verschlossen.
    Genau wie mein Herz …
    Dieser Anfall von beißendem Sarkasmus legte sich, sobald er die Tür erreichte. Er streckte den Arm aus und stieß sie auf.
    „Hallo, Charlotte …“, begrüßte er die Frau auf dem riesigen Doppelbett.
    Sie lag quer auf der kaffeebraunen Tagesdecke, wodurch sich der Alabasterton ihres Körpers wirkungsvoll abhob, und stützte sich mit dem Ellenbogen auf der Matratze ab. Ihr leuchtendes platinblondes Haar, normalerweise streng aus dem Gesicht gekämmt und tief im Nacken zu einem klassischen Chignon gebändigt, fiel ihr lose auf die leicht gebogene Rückenpartie. Ansonsten war sie so nackt wie am Tag ihrer Geburt. Hochmütig hob sie ihr etwas zu spitzes Kinn. Eine Unvollkommenheit, die ihre Schönheit sogar noch zusätzlich unterstrich, anstatt die makellose Harmonie ihrer Züge zu zerstören.
    „Victor … du bist zu spät.“
    Ihre rauchige Stimme jagte ihm eine Gänsehaut über den Rücken. Der vorwurfsvolle Unterton ließ ihn jedoch kalt. Diese Kälte, die Beleidigungen, die sie sich immer an den Kopf warfen, ja, selbst der Hass, den sie ihrer Lust zum Trotz füreinander empfanden, war Teil des Spiels.
    „Ich weiß selbst, dass ich zu spät bin, du brauchst es nicht extra zu betonen“, erwiderte er gleichmütig.
    Er betrat den Raum und streifte sich dabei das Jackett von den Schultern. Sorgfältig legte er es auf der gepolsterten Oberfläche des Hockers ab, der einsam vor dem Schminktisch stand. Sein Blick kreuzte ihren über den Spiegel hinweg, bevor er
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