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Jagd auf Mrs. Pollifax

Jagd auf Mrs. Pollifax

Titel: Jagd auf Mrs. Pollifax
Autoren: Dorothy Gilman
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Pollifax, deren Interesse stetig gewachsen war.
Kadi nickte. »Er befestigte es wieder an seinem Platz und zog einen Zettel und Kugelschreiber aus der Jackentasche. Und während ich über das Wetter redete, schrieb er drei Worte und schob mir den Zettel zu. Kein Zimmergenosse -Aufpasser! stand darauf.
Ich glaube, ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich will damit sagen, daß ich schrecklich bestürzt und verwirrt war. Trotzdem schob ich den Zettel in meine Tasche und fragte ihn, welche Fächer er in Yale belegt habe. Dann sagte ich: ›Dein Zimmergenosse kommt zurück, Sammy. Er scheint sehr nett zu sein.‹
Dann«, fuhr sie mit bebender Stimme fort, »griff Sammy unter sein Hemd und zog ...«
Sie hielt inne. Mrs. Pollifax blickte sie an. »Ja?« fragte sie.
Kadi bemühte sich, etwas ruhiger weiterzusprechen. »Es war eine Kugel Plastillin oder so etwas Ähnliches. Sie wissen schon, so eine Masse, aus der Kinder alles mögliche formen. Ich verstand nicht, was das sollte, bis Sammy ein Stückchen davon wegkratzte, um zu zeigen, was sich darunter befand. Es war etwas so Wertvolles, daß ich unwillkürlich nach Luft schnappte. Da schob er rasch die Hand unter den Tisch. Auch ich griff unter den Tisch, Sammy steckte es mir eilig zu, und ich ließ es heimlich in meine Tasche fallen.«
»Und was war das, was Sammy Ihnen zugesteckt hat?« fragte Mrs. Pollifax scheinbar gleichmütig.
Kadi schüttelte den Kopf. »Das ist Sammys Geheimnis, deshalb darf ich es Ihnen nicht verraten. Jedenfalls konnte ic h nicht länger bleiben, darum behauptete ich, ich müsse zum Bus. Dann ging ich. Ich machte mir große Sorgen, denn natürlich war mir klar, daß da etwas oberfaul war. Vor dem Cafe war dieser weiße Lieferwagen geparkt, der mit der Aufschrift Chigi-Schrotverwertung. Ich ging die vier Blocks zur Bushaltestelle zu Fuß und bemerkte ziemlich schnell, daß mir der komische Lieferwagen langsam folgte.«
»Haben die Männer versucht, sich an Sie ranzumachen?«
»Nein, denn ich fing zu laufen an. Ich raste in den Busbahnhof, wo der Bus nach New York bereits abfahrbereit stand, und stieg ein. Aber einer der Kerle aus dem Lieferwagen muß mir nachgerannt sein, um zu sehen, welchen Bus ich nahm. Jedenfalls folgte der weiße Lieferwagen dem New Yorker Bus dicht auf.«
»Aber Sie sind gar nicht nach New York gefahren«, warf Mrs. Pollifax ein.
Im Schein der Armaturen sah Kadi besonders elend aus. »Nein, ich geriet in Panik. Ich dachte, sie wollten herausfinden, wo ich wohne, und ich wußte, daß ich das verhindern mußte. Als der Bus in Bridgeport anhielt, wollte ich eigentlich aussteigen, aber ich hatte viel zuviel Angst. Doch dann kamen wir an Häusern und Gärten vorbei, und ich beschloß, den Fahrer zu bitten, für mich anzuhalten - was er auch getan hat-, denn ich kann sehr schnell laufen. Ich hatte mir eingebildet, daß ich sie zu Fuß rasch abhängen könnte.«
»Nur ist Ihnen das nicht geglückt.«
»Nein, leider nicht. Und fast hätten die beiden Kerle mich erwischt. Einer verfolgte mich durch die Gärten hinter den Häusern, und wenn Sie nicht in Ihrem Garten gewesen wären ...« Kadis Stimme brach. »Jetzt sind sie immer noch hinter mir her, Mrs. Pollifax! Was können wir bloß tun?«
»Das weiß ich noch nicht«, antwortete Mrs. Pollifax ruhig, »aber der Benzintank ist noch so gut wie voll, mein Wagen ist ziemlich schnell und zuverlässig, während unser grüner Verfolger recht alt ist und bestimmt viel Benzin schluckt, was bedeutet, daß sein Tank eher leer sein wird als unserer und er deshalb irgendwo anhalten muß. Ich glaube, wir werden einfach immer weiter nordwärts fahren - und hoffen, daß wir Glück haben. Aber erzählen Sie mir, Kadi, in welchem Land sind Sie und Sammy aufgewachsen?«
»Die wenigsten haben je auch nur davon gehört«, erklärte das Mädchen. »Es liegt in Afrika. Meine Eltern waren Missionsärzte, wissen Sie. Es ist ein winziges Land. Zur Zeit heißt es Ubangiba.«
Gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig hatte Mrs. Pollifax genug vom Herumfahren. Kadi hatte sich zwar erboten, sie abzulösen, aber sie hatte keinen gültigen Führerschein, außerdem folgte ihnen der grüne Wagen nach wie vor, und Mrs. Pollifax wollte keinerlei Risiko eingehen. Ihr war im Licht der Armaturen nicht entgangen, wie entsetzlich müde Kadi aussah, deshalb drang sie auch nicht weiter in sie. Ihre Unterhaltung war höflich und oberflächlich geworden, sie hatte »hallo« moni in der Sprache Ubangibas sagen gelernt und erfahren,
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