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Jagd auf Jesse James

Jagd auf Jesse James

Titel: Jagd auf Jesse James
Autoren: Jack Slade
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gekaut. Ihre Zunge war geschwollen und fühlte sich ganz pelzig an. Brennender Durst peinigte sie.
    Uncle Tom kam näher. »Es ist so weit, Jona«, flüsterte er. »Ich habe alles vorbereitet.«
    Sie kapierte kein Wort. »Was meinst du?«
    Uncle Tom lugte zu Jane hinüber, die gerade einen lang gezogenen Seufzer ausstieß. »Ich bringe dich fort von hier«, sagte er leise. »Vor dem Haus steht ein Wagen. In ein paar Stunden sind wir im Buchanan County.«
    Jetzt begriff Jona. Bruchstückweise kam ihr das Gespräch letzte Nacht ins Gedächtnis zurück. Sie hatte Calamity Janes Zechkumpanen in der Spelunke von ihren Racheplänen erzählt. Jetzt war Uncle Tom zur Stelle, um sie nach St. Joseph zu begleiten.
    »Beeil dich!«, drängte er mit Blick auf die Schlafende im Sessel. »Wenn Jane wach wird, kannst du deine Mission abhaken. Sie wird nie zulassen, dass du dich in Gefahr begibst …«
    Jäh verstummte er. Calamity Jane bewegte sich im Schlaf und murmelte einen Fluch.
    Jona strich ihr Haar aus dem Gesicht, schob die Decke weg und schwang sich vom Sofa. Das Untergestell gab einen hässlichen Knarrton von sich.
    Sie saß eine Weile, ohne sich zu rühren.
    Derweil raffte Uncle Tom ihre Sachen zusammen, stopfte sie in einen Leinensack und wandte sich zur Tür. Als er sie behutsam aufschob, wehte eine Brise Morgenluft hinein. Irgendwo da draußen war das Schnauben eines Pferdes zu hören.
    »Komm!« Der Mann winkte ihr.
    Jona riss sich zusammen und stellte sich auf die Füße. Ein plötzlicher Schwindel erfasste sie, und sie musste sich auf der Sofalehne stützen. Auf dem Weg zur Tür fiel ihr Blick auf den Wandspiegel, der neben der Hutablage hing. Ein verquollenes Gesicht mit verfilzten Haaren und roter Säufernase starrte sie an.
    Nie wieder rühre ich Alkohol an, schoss es ihr durch den Kopf.
    Uncle Tom hielt ihr die Tür auf, sie huschte hinaus ins Freie, atmete tief durch und lehnte sich Halt suchend an den Türpfosten. Am liebsten wäre sie sofort auf das Sofa zurückgekehrt, um den fehlenden Schlaf nachzuholen.
    »Jona!« Uncle Tom stand bereits vor dem Kutschwagen.
    Halb benommen stieß sich Jona von dem Pfosten ab und folgte ihrem Verbündeten über die Straße. Jeder einzelne Schritt fiel ihr schwer. Sie kam sich vor wie eine Hundertjährige.
    Am Wagen angelangt, leckte sie sich über die Lippen. »Ich komme um vor Durst.«
    Er griff unter den Kutschsitz und brachte eine bauchige Feldflasche zum Vorschein. Jona trank, ohne innezuhalten. Als sie das Gefäß sinken ließ, gluckste es in ihrem Bauch.
    »Warum tust du das, Uncle Tom?«, fragte sie. »Gestern warst du noch dagegen, dass ich nach St. Joseph fahre.«
    »Im Grunde bin ich das noch heute.«
    »Aber?«
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, bekannte er freimütig. »Du bist ein Starrkopf. Eines Tages wärst du verschwunden, um deinen Plan doch in die Tat umzusetzen. Egal, ob wir dagegen sind oder nicht. Du würdest dein Ding machen. Uns vor vollendete Tatsachen stellen. Das stimmt doch, oder?«
    »Mag sein.« Jona war überrascht. Dieser Uncle Tom war ein kluger Kopf. Während sie ihren Rausch ausschlief, hatte er sich mit ihrem Problem auseinandergesetzt und sofort Nägel mit Köpfen gemacht.
    Er sah sie nachdenklich an. »Nun ja, da dachte ich, wenn ich dich nach St. Joseph begleite, könnte ich dich vor so mancher Dummheit bewahren.«
    Jona drückte dem Mann die Hand. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll, Uncle Tom.«
    Er seufzte schwer. »Früher, als ich noch jung war, da habe ich mal eine nette Frau kennengelernt. Sie hieß Mary Beth. Wir waren fast ein Jahr miteinander liiert. Wir wollten heiraten und eine Familie gründen. Ich träumte davon, eine Tochter zu haben. Oder auch zwei oder drei. Ich mag Mädchen, weißt du? Aber alles kam anders, als ich dachte. Mary Beth lernte jemand anders kennen und ging mit ihm fort.« Er hielt noch immer ihre Hand. »Die Jahre vergingen, und mir wurde klar, dass ich nie eigene Kinder haben werde. Verstehst du mich?«
    Und ob Jona verstand. Der arme Kerl fühlte sich für sie verantwortlich und wollte sie beschützen. Eine Welle der Zuneigung durchströmte sie.
    »Du bist sehr lieb, Uncle Tom«, sagte sie.
    Er half ihr auf den Fahrersitz. »Vielleicht mache ich gerade den größten Fehler meines Lebens«, meinte er. »Aber besser, einen Fehler machen als die Hände in den Schoß zu legen.«
    »Ja, da ist was dran.« Jona angelte nach der Feldflasche und trank.
    Mit einem Ruck setzte sich der Kutschwagen in
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