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Jaegerin der Daemmerung

Jaegerin der Daemmerung

Titel: Jaegerin der Daemmerung
Autoren: Christine Feehan
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Windböen bewegten den Nebel, sodass die aufgehende Sonne unsichtbar blieb. Bei dem Gedanken daran, dass im Innern des schneebedeckten Bergs, der vor ihr aufragte, Wärme und Behaglichkeit auf sie warteten, stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Wir sind so gut wie zuhause, teilte sie dem Rudel mit. Doch bevor sie zur Landung ansetzte, durchsuchte sie wie immer die unmittelbare Umgebung ihres Verstecks nach möglichen Störenfrieden.
    Sie spürte, wie die Wölfe, die nur zu gut wussten, dass es keine völlige Sicherheit gab, so wie sie ihre Sinne ebenfalls schärften. Deswegen war es ihr so viele Jahre gelungen, allein zu überleben. Sie traute niemandem und sprach mit niemandem - es sei denn, sie befand sich weit genug von ihrem Versteck entfernt - und hinterließ niemals auch nur die geringsten Spuren. Die dunkle Vampirjägerin erschien immer nur kurz und verschwand sogleich wieder.
    Während sie sich in immer enger werdenden Kreisen dem Eingang zu ihrem Versteck näherte, hielt sie Ausschau nach jeder noch so kleinen Störung im natürlichen Energiefeld der Erde, die auf einen Vampir oder einen Zauberer hindeuten könnte. Rauch und Lärm hingegen verwiesen auf Menschen. Am Schwierigsten war die Ortung von Karpatianern, aber sie besaß einen siebten Sinn, der sie warnte, wenn einer von ihnen in der Nähe war, sodass sie sich rechtzeitig verstecken konnte.
    Gerade als sie zum spiralförmigen Sinkflug ansetzte, breitete sich ein ungutes Gefühl in ihrer Magengegend aus. Durch eine winzige Lücke in den dichten Nebelschwaden unter sich erhaschte sie einen Blick auf etwas Schwarzes, das regungslos im Schnee lag. Erneut begann es zu schneien, wodurch ihre Sicht weiter getrübt wurde. Das untrügliche Prickeln auf ihrer Haut verriet ihr, dass die Sonne bereits begann, sich über den Horizont zu schieben. Obwohl ihre Instinkte sie zur Eile antrieben, ihr rieten, keine weitere Zeit zu verlieren und endlich nach Hause zurückzukehren, hielt eine urtümliche Kraft, die aus den Tiefen ihrer Seele emporstieg, sie davon ab, zu tun, was das Beste für sie war.
    Sosehr sie es auch wollte, sie konnte sich nicht von dem Körper abwenden, der mit ausgebreiteten Armen und Beinen im Schnee lag. O köd belsõ - Nimm es, Dunkelheit. Einen alten karpatianischen Fluch ausstoßend, der ihre fünf Brüder seinerzeit geschockt hätte, als sie noch die kleine, wohlbehütete Schwester war, landete sie mit den Füßen voran im Schnee und breitete die Arme aus, damit die Wölfe von ihr abspringen konnten.
    Misstrauisch pirschte sich das Rudel heran, zog schweigend seine Kreise um den Fremden, der sich nicht rührte. In seinen zerschlissenen Kleidern steckte ein sichtlich ausgemergelter Körper. Raja war der Erste, der sich ihm mit gierigen Augen bis auf zwei Schritte näherte. Als Ayame es ihm gleichtat, drehte Raja sich zähnefletschend zu seinem Weibchen um, eine unmissverständliche Warnung, auf Abstand zu bleiben. Auch sie fletschte die Zähne und wich zurück.
    Als Raja den leichenblassen Fremden beschnüffelte, stellte Ivory sich wachsam hinter den Anführer des Rudels. Der Mann hatte einst vor Kraft nur so gestrotzt, so viel war zu erkennen. Auch, dass er normale Menschen um einiges überragte. Sein langes von grauen Strähnen durchzogenes schwarzes Haar sah zottelig aus und war mit getrocknetem Blut und Dreck verklebt. Als Ivory sich über Raja beugte, um einen besseren Blick auf den Fremden zu erhaschen, war ihr, als hätte jemand einen Schalter in ihr umgelegt.
    Mit einem entsetzten Keuchen wich sie zurück, bereit, die Flucht zu ergreifen. Ein Karpatianer. Wie die meisten seiner Art hatte auch er eine aristokratische Nase. Sein einst hübsches Gesicht war jedoch von tiefen Furchen gezeichnet. Doch was ihre Aufmerksamkeit vor allem auf sich zog, war das Muttermal auf seiner Hüfte, das sie durch den dünnen Stoff hindurch ausmachen konnte. Es hatte die Form eines Drachens. Das war keine Tätowierung; er war bereits mit diesem Mal zur Welt gekommen.
    Drachensucher. Hörbar atmete sie tief aus. Einen Moment lang war ihr, als hielte die Welt inne, als wäre sie statt von fallendem Schnee von absoluter Stille umgeben. Sie konnte ihr wild schlagendes Herz hören; Adrenalin floss durch ihre Adern, und das Blut dröhnte in ihren Ohren.
    Raja stupste gegen ihr Bein, um sie dazu zu bringen, den Mann liegen zu lassen und endlich nach Hause zurückzukehren. Sie atmete durch, obwohl sich ihre Lunge schwer damit tat, frische Luft aufzunehmen. Ein
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