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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle
Autoren: Ken Bruen
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saufenden Sohn hat. Je weiter es mit mir den Bach runtergeht, desto besser scheint es ihr zu gehen. Mein Vater war ein guter Mann, und sie hat ihn wie Schmutz behandelt. Als er starb, zog sie ihre Trauer in ganz großem Stil ab.
    Hüpfte in die Witwentracht und verbrachte jede freie Stunde in der Kirche oder auf dem Friedhof, wo sie ihren Verlust öffentlich zur Schau stellen konnte. Ihre Sorte hat für gewöhnlich einen zahmen Geistlichen im Schlepp. P. Malachy, ein preiswürdiges Arschloch, hatte ihr all die Jahre als Eskorte gedient. Ich hätte ihn schon unter den allerbesten Umständen nicht gemocht, aber als ihre Geisel verabscheute ich ihn aus tiefstem Herzensgrunde. Bei unserem letzten Treffen hatte er gerufen:
    »Du wirst noch mal der Tod deiner Mutter sein.«
    Ich wartete einen Takt lang, dann:
    »Kann ich das schriftlich haben?«
    Sein Gesicht wurde lila, und er stieß hervor:
    »Dummer Bengel. Die Hölle wird nicht heiß genug sein, bis du in ihr schmorst.«
    Wer sagt, das Goldene Zeitalter der Klerisei wäre vorüber?
    Meine Mutter sagte:
    »Ich hab dich bei der Augustiner gesehen. Warst du in der Messe?«
    »Kaum.«
    Ihre Augen hatten die übliche Granitfärbung. Wenn man ihrem prüfenden Blick unterworfen war, wusste man, dass Gnade in ihrer Terminplanung nicht vorkam. Manchmal jedoch konnte sie auch wieder in Gewinsel ausbrechen. Wie eben jetzt:
    »Nie sehe ich dich, mein Sohn.«
    »Hast dich schon mal gefragt, warum?«
    »Ich bete jeden Tag für dich, lasse Messen lesen.«
    »Lass es.«
    Sie bemühte sich, verletzt zu erscheinen, schaffte es nicht und schnappte:
    »Du bist mein Fleisch und Blut.«
    Jetzt war ich mit Seufzen an der Reihe; es war eindeutig ansteckend.
    »War sonst noch was, Mutter?«
    »Du bist hartherzig, Jack. Könnten wir nicht eine Tasse Tee miteinander trinken, miteinander reden wie zivilisierte Menschen?«
    Ich sah auf die Uhr, sagte:
    »Ich komme noch zu spät.«
    »Mir geht es gar nicht gut.«
    »Das glaube ich gern.«
    »Das glaubst du gern?«
    »Dir ist es in deinem gesamten elenden Leben doch noch keinen einzigen Tag lang richtig gut gegangen.«
    Dann ging ich davon. Zweifellos würde P. Malachy später ein schönes Ohrvoll abkriegen. Mein Herz pummerte, und ich spürte, wie mir die Hände zitterten. Musste stehen bleiben und vor dem Hotel Imperial nach Luft schnappen.
    Ein Bursche, den ich kannte, wollte gerade hinein, verhielt, fragte:
    »Na, Jack, Bierchen?«
    Es gab nichts, was mir lieber gewesen wäre, aber ich sagte:
    »Danke nein, vielleicht ein andermal.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich glaube schon.«
    Am nächsten Tag schmiss ich den Anzug weg. Ging in den Laden vom Hl. Vincent de Paul und schaffte mir einen Blazer, eine graue Hose und weiße Hemden an. Im Hotel probierte ich alles über. Nicht schlecht und definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. An der Rezeption sagte Mrs Bailey:
    »Aber! Sie sehen ja flott aus.«
    »Meinen Sie?«
    »Eindeutig. Eine neue Frau?«
    »In gewisser Weise.«
    »Warten Sie.«
    Sie verschwand, kehrte dann mit einem dunklen Strickbinder zurück, sagte:
    »Der hat meinem Mann gehört.«
    »Den kann ich nicht annehmen.«
    »Und wie Sie das können; jetzt halten Sie still.«
    Und sie band ihn mir um, und sie sagte:
    »Da, Sie sind ein hübscher Mann.«
    »Danke.«
    Am Square erwischte ich einen Bus. Er kam nicht einmal bis zur Dominic Street, ehe er schlappmachte, und ich dachte mir, dann eben nicht, ein kleiner Gang wird mir guttun.
    In Nile Lodge suchte ich die Adresse, die Terence Boyle mir gegeben hatte, und begann mit der Ersteigung von Taylor’s Hill. Kein Zweifel, hier wohnte das Geld. Am Ardilaun Hotel vorbei, dann in Irland geschmiedete Tore. Eine Messingtafel proklamierte »St. Anselm«.
    Drückte die Tore auf und ging eine lange baumgesäumte Einfahrt hinauf. Die erstaunliche Stille fiel mir auf. Wie auf dem Lande. Dann das Gebäude, ein dreistöckiges Herrenhaus, Efeu kroch an den Fenstern entlang. Dann stand ich vor der Haustür und klingelte.
    Ein paar Minuten später wurde die Tür geöffnet. Eine Frau fragte:
    »Ja?«
    Englischer Akzent mit irischer Unterlage. Sie war in diesem unbestimmten Alter zwischen dreißig und vierzig. Schulterlanges dunkles Haar und ein Gesicht, das hätte hübsch sein sollen, es aber nicht recht brachte. Vielleicht wegen der Augen, braun, mit entnervendem Starren. Knopfnase und üppiger Mund. Sie machte den Eindruck, als hätte sie gerade eine heftige Schlankheitskur hinter sich. Nicht hager,
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