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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen
Autoren: Clemens Brentano
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zogen diese aus und nahmen sie mit Öl gefüllt nach Hause und bedankten sich noch recht schön bei Ihro Majestät.
    Aber als später allerlei geputzte und gezierte Stadtleute kamen, gab es mancherlei für den König zu lachen, wenn sie, um sich nicht zu beschmutzen, auf den Fußspitzen einherhüpften und bei dem ersten Bückling, den sie machten, ausglitten und übereinander herfielen; aber auch bei den lächerlichsten Zufällen lachte die Prinzessin Liebseelchen nicht, sondern bedauerte immer nur die armen Leute, mit welchen der König einen so unschicklichen Spaß trieb, worüber dieser sehr ergrimmt den Balkon verließ und ihr sagte, sie sei ein recht widerwärtiger Sauertopf.
    Liebseelchen aber blieb allein auf dem Balkon sitzen und fiel in eine tiefe Traurigkeit über den Unwillen ihres Vaters, denn sie konnte gar nicht begreifen, wie es nur möglich sei, über etwas zu lachen, wodurch andere Leute in Schaden oder Spott kämen. Indem sie so über den Ölplatz hinsah, von welchem sich die Neujahrsgratulanten, auf allerlei Art verunglückt, beinahe schon alle zurückgezogen hatten, kam auf einmal eine sehr kuriose Figur anspaziert, die ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zog: nämlich eine sehr alte französische Mademoiselle, welche in der Residenz der Schrecken aller Kinder war, die bei ihr in die Schule gingen, und die der armen Prinzessin mit ihren verdrehten und verzwickten Sitten und ihren vielen Regeln des guten Betragens und feinen Akzentes, die sie durch ihre spitze Nase hervortrompetete, auch manche qualvolle Stunde gemacht hatte, da sie früher Unterricht bei ihr hatte.
    Diese französische Närrin ließ sich von zwei ebenso lächerlichen französischen Tanzmeistern auf einem vergoldeten Tragstuhl gegen das Schloß hintragen. Sie war nach der lächerlichsten neuen Mode gekleidet und eingeschnürt wie eine Spindel, dazu geschminkt rot und weiß und blau wie eine französische Nationalkokarde; schnitt Gesichter rechts und links, und drehte sich wie ein Ohrwurm, der in den Honigtopf gefallen. Die beiden Tanzmeister machten die lächerlichsten Sprünge mit ihr durch das Öl, aber sie fielen nicht; denn wenn sie auch ein wenig stolperten, so machten sie gleich einen Entrechat hinterdrein, daß es immer aussah, als wäre es lauter Kunst.
    Da diese lächerliche Gesellschaft mitten auf dem Platze angekommen war, wendete sich die alte Hexe – denn das war sie – gegen die Prinzessin und begann einen langen französischen Neujahrswunsch mit den affektiertesten Stellungen von dem Tragstuhl herab zu deklamieren, wo immer das erste Wort »amour«, das zweite »plaisir«, das dritte »le cœur«, das vierte »souvenir«, das fünfte »bonheur«, das sechste »douceur« war, und als sie recht in die Furie der Begeisterung kam, trat die alte Zieräffin auf den Sitz des Tragstuhls und machte eine Stellung, als ob sie fliegen wollte, und sagte:
Ce sont les vœux que tracent
Les Amours et les Graces
Avec le griffle de l'histoire
Dans le marbre de la mémoire:
Acceptez, princesse, les offrandes
De votre très humble servante,
     
Mademoiselle
Zephise
La marquise
De Pimpernelle.
     
    Aber perdauz! da flog sie vom Tragstuhl herunter in das Ölbad, und die beiden Herrn Tanzmeister fielen mit über den Haufen, und es war, als ob der Prinzessin alle Schnürbänder zerplatzten; denn »hi, hi, hi« und »ha, ha, ha« fing sie so entsetzlich an zu lachen, daß sie sich den Leib mit beiden Händen halten mußte, und »hi, hi, hi« und »ha, ha, ha« ging es immer fort: dazu bliesen hundert Trompeter und wirbelten fünfzig Pauker und wurden hundert Kanonenschüsse gelöst und mit allen Glocken geläutet; denn der König hatte alles dies vorausbestellt, wenn die Prinzessin lachen sollte; und da er hinter einem Fensterladen zugesehen, hatte er gleich bei dem Gelächter Liebseelchens eine Pistole zum Fenster hinaus losgeschossen, welches das Zeichen war, daß die Festivitäten losgehen sollten.
    Indessen waren viele Menschen herzugelaufen und lachten auch über die Strafe, welche die unvernünftige Mademoiselle Pimpernelle erlebt hatte. Die hatte sich endlich ohne alle Grazie, so beschmiert sie war, aufgemacht, und vor Zorn glühend machte sie zwei Fäuste gegen die lachende Liebseelchen und schrie:
Du lachst über mich, Liebseelchen!
Du sollst weinen über mich, Trübseelchen!
Denn keinen andern Mann sollst du haben
Als einen, der ist schon längst begraben:
Aus dem kalten Grab von Marmorsteinen
Sollst du den Prinzen Röhropp
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