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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter
Autoren: Veronica Wolff
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braungebrannt herum und roch nach Chlor und Kiosk-Ketchup.
    »Ich fürchte, das müssen Sie mit Ihrer Schule aushandeln. Vielleicht sehen wir uns im September wieder.« Ihr Blick wanderte an meiner Schulter vorbei, und sie setzte wieder ihr säuerliches Empfangslächeln auf. »Der Nächste bitte.«
    Ich murmelte etwas – wer weiß was – und stolperte aus dem Immatrikulationsamt. Zumindest stand der scharfe College-Boy nicht mehr rum. Vielleicht hatte er meine Schmach nicht mitgekriegt. Ich ließ die Kälte der Klimaanlage hinter mir und schaffte es irgendwie zurück zu meinem Auto.
    Aber da war er, auf dem Parkplatz. Groß, dunkel, rattenscharf. An einen sehr eleganten, sehr teuer wirkenden Sportwagen gelehnt. Der Anblick trieb mir die Tränen in die Augen. Aber ich dachte nicht daran, das Highschool-Mäuschen zu geben, das in Gegenwart eines gut aussehenden College-Boys losheulte. Gott bewahre!
    Ich schielte noch einmal in seine Richtung. Was für eine heiße Karosse. In einem Tannengrün, fast schon Schwarz. Das konnte echt nur einer, der so cool wie er war, ohne Angeberei fahren.
    Ich machte ungeschickt am Türschloss herum, bis ich meinen Civic aufgesperrt hatte, und ließ mich in den Schalensitz plumpsen. Das rissige Vinylpolster quietschte unter meinem Gewicht. Ich beugte mich über das Lenkrad.
    Ich würde diesen Parkplatz mit einem Minimum an Würde verlassen.
    Ich würde nicht heulen.
    Und unterwegs auch nichts und niemanden über den Haufen fahren.
    Ich schnallte mich an und drehte den Zündschlüssel herum. Ein Klicken, und dann nichts.
    »Nein«, flüsterte ich. Nein, nein, nein. Ich boxte gegen das Armaturenbrett. »Wach auf!«
    Ich hatte Jahre gebraucht, um das Geld für diese Schrottmühle anzusparen. Ich hatte endlose Nachhilfestunden gegeben und beknackte Halbwüchsige ertragen, die sich einbildeten, ich würde vor wildem Begehren dahinschmelzen, wenn sie ihre Blicke auf meinen quasi nichtexistenten Busen hefteten. Ich hatte Semesterarbeiten bei eBay verscherbelt. Und natürlich hatte ich bei Fuddruckers gejobbt – eine Lebenserfahrung übrigens, die sich durchaus mit Haare-Anzünden oder dem Marathon für America’s Next Top Model messen kann.
    Mein Auto durfte nicht jetzt den Geist aufgeben, nicht auf diesem Parkplatz, nicht unter den verhangenen Blicken dieses Kerls, die mir Löcher in die Schläfe bohrten. Musste ausgerechnet er mich auf dem einsamen Gipfel meines Loser-Daseins erleben? Das Lenkrad bekam ebenfalls meinen Frust ab.
    Wieder drehte ich den Zündschlüssel herum. Wieder dieses Klick-klick-klick , und dann nichts. Ich konnte nicht mal losfluchen – die Zunge klebte mir am Gaumen, weil ich seine Blicke spürte. Scheiße!
    War es die Zündung? Wie viel kostete es, so etwas zu reparieren? Ein paar hundert? Oder noch mehr?
    Scheiße im Quadrat! Was sollte ich jetzt tun? Ich war mitten in diesem verfluchten Gainesville. Daheim anrufen ging nicht. Wie das ankam, konnte ich mir lebhaft ausmalen. The Yatch würde ausrasten. Dad würde die Stirn in Falten legen, rülpsen und dann die Fernbedienung verlangen. Oder würde er mich vermöbeln, weil es ihn schmerzte, so einen Haufen Geld für Benzin rauszuschmeißen, anstatt es in Bier umzusetzen? Ich schluckte. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Ich konnte nicht zurück. Unmöglich.
    Kein College, keine Bude, kein Auto, nicht genug Geld, um das Auto reparieren zu lassen … Tränen der Verzweiflung brannten in meinen Augen und liefen mir heiß das Gesicht runter. Warum das, warum mir, warum jetzt? Konnte mir das Universum nicht ein einziges Mal im Leben eine kleine Atempause gönnen?
    Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Er kam zu mir rüber.
    Mann, Scheiße! Ich wischte hastig die Tränen weg, obwohl ich damit vermutlich nur den Eyeliner über meine fleckige, geschwollene Haut verschmierte.
    Er blieb dicht neben dem Fenster auf der Fahrerseite stehen. Sein Blick war jetzt echt durchdringend, als sei er der Terminator höchstpersönlich und müsste mich auf Radioaktivität oder so scannen. Er drehte seinen Schlüsselring geschickt um den Zeigefinger, immer schön rundherum. Groß, dunkel, rattenscharf und so was von glatt.
    Mein Mund war komplett ausgetrocknet. Er warf mir ein träges Raubtier-Lächeln zu. Aber ich war immer noch ein Highschool-Mäuschen mit einem hinderlich hohen IQ und einem kaputten 92er Civic.
    Das alles durfte einfach nicht wahr sein.

»Probleme?« Er lächelte, und aus der Nähe sah ich, dass seine Zähne
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