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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter
Autoren: Veronica Wolff
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zur Seite und sah, dass sie Lilou bereits weggeschafft hatten.
    Plötzlich begann ich am ganzen Körper zu zittern, wohl eine Reaktion auf das Adrenalin, das in meinen Adern zirkulierte. Jede Wunde, jede Prellung und jeder Schnitt begannen höllisch zu schmerzen. Mein verbrannter Rücken tobte.
    Auf dem Boden kauernd merkte ich, dass ich alles andere als eine strahlende Siegerin war. Ich versuchte mich damit zu trösten, dass ich vermutlich unter Schock stand.
    Ronan war nirgends in der Menge zu sehen. Leise Enttäuschung und ein Gefühl des Alleinseins überkamen mich.
    Aber dann spürte ich, wie mich jemand umarmte, und mein geschundener Körper entspannte sich. Ich schaute auf. Es war Master Alcántara.
    Aus der Nähe betrachtet wirkte er mehr als imposant. Sein gestählter Körper war elastisch und voller Leben, und er strahlte Kraft und Ruhe aus. Einen Moment lang verschlug es mir den Atem.
    Dann sog ich in tiefen Zügen die Luft ein, suchte instinktiv nach einem Geruch, den ich mit ihm in Verbindung bringen konnte – vielleicht ausgelöst durch die Sehnsucht nach Ronan, den stets die Frische einer Meeresbrise umwehte. Aber Alcántara roch nach gar nichts. Er hatte etwas Trockenes, Neutrales an sich, wie die alten Pergamentschriften in der Bibliothek der Vampire.
    Er strich mir die feuchten Strähnen aus der Stirn, erfreut und sonderbar selbstgefällig. »Meinen Glückwunsch, Acari Drew. Das war ein ungemein spannender Wettbewerb und eine großartige Leistung.«
    Erst jetzt kam mir zu Bewusstsein, was mein Sieg bedeutete. Ich würde die Insel verlassen. Ich würde ihn auf einer Mission begleiten. Ihn allein. Ich würde meine Chance zur Flucht bekommen. »Danke«, stammelte ich.
    »Auch ich gratuliere, Acari Drew.« Ronan stand vor mir, mit verschlossener Miene, die nichts von seinen Gefühlen verriet. »Ich wusste, dass du es schaffen würdest.«
    Er nickte mir zu, und ich sah ihm nach, als er sich umdrehte und einen Weg durch die Menge bahnte. Trauer schnürte mir die Kehle zu. Das einzige Paradies ist das verlorene Paradies.
    Warum hatte ich das Gefühl, dass dies seine letzten Worte an mich waren? Der Kloß in meinem Hals saß so fest, dass ich ihn nicht herunterschlucken konnte. Das Atmen fiel mir schwer.
    Ich würde Alcántara auf einer Mission begleiten und die Gelegenheit zur Flucht nutzen. Das hieß, dass ich Ronan nie wiedersehen würde. Ich hatte das gewusst. Ich hatte das so gewollt. Weshalb fühlte sich dann mein Herz wie ein Glassplitter an, der mir die Brust durchbohrte?
    Ich drehte den Kopf nach dem Vampir um, der mich immer noch in seinen Armen hielt.
    » Cariño «, wisperte er, »ich wusste auch, dass du es schaffen würdest.«
    Er hielt den Kopf schräg, und ein Lächeln erhellte seine Züge. Nicht irgendein Lächeln, sondern ein Lächeln, das Sonette wert war. Es enthielt eine Spur Verruchtheit, dazu Humor und eine tiefe Sehnsucht, die in seinen kohlschwarzen Augen brannte.
    Es war ein Lächeln nur für mich. Ich wusste, dass es mich für immer veränderte.
    »Und nun antworte mir, querida . Bist du bereit?« Er strich mit einem Finger langsam über meine Wange. »Denn jetzt beginnt etwas Neues für dich.«

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