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Isarbrodeln

Isarbrodeln

Titel: Isarbrodeln
Autoren: Michael Gerwien
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fuhr sie fort.
    »Eben.«
    »Hören Sie! Claras Verwandte sind alle in Italien. Sie hat niemanden hier. Können Sie nicht eine Ausnahme machen? Es geht ihr wirklich schlecht. Ihr Mann wurde vorhin ermordet.« Sie sah die Blondine mit den dicken roten Backen eindringlich an.
    »Nein. Leider.« Die Schwester blickte kurz unverwandt zurück, schob sich ein großes Stück Konfekt zwischen die gelblichen Zähne und begann irgendetwas in ihren Computer zu tippen.
    »Dann möchte ich jetzt auf der Stelle einen Arzt sprechen.« Monikas Ton verschärfte sich.
    »Die machen gerade alle Kaffeepause«, kam es unfreundlich zurück.
    Das Maß war voll. Monika lief rot an. Vorschriften hin, Vorschriften her. Diese fette, überhebliche Kröte hier schien wohl ein Herz aus Stein zu haben. Aber sie schien gleichzeitig nicht zu wissen, dass man Steine auch weich klopfen kann. Mit aller Kraft drosch sie ihre flache Hand auf den dunkelbraunen, hölzernen Empfangstresen. »Pass mal auf, Schätzchen!«, zischte sie dann wütend. »Du wirst mir jetzt auf der Stelle sagen, wo meine Freundin liegt oder es passiert was. Haben wir uns verstanden?«
    Die Klinikbedienstete sah mit weit aufgerissenen Augen erschrocken zu ihr hoch. So etwas hatte sie anscheinend noch nicht erlebt. Ihre schokoladeverschmierten Lippen begannen zu beben.
    »Also gut. Den Flur hinter und dann links ist die Intensivstation … Dort müssen Sie noch mal fragen«, presste sie mit ängstlicher Stimme hervor.
    »Danke, sehr. Warum nicht gleich so?« Monika drehte sich um und lief los. »Hat man so einen Schwachsinn schon gehört«, murmelte sie dabei vor sich hin. »Nur Verwandte … Jeder kann seine Freunde im Krankenhaus besuchen. So eine dämliche Kuh.«
    Als sie bei der Intensivstation ankam, erfuhr sie, dass Clara gleich nach ihrer Einlieferung auf die Station im zweiten Stock verlegt worden war. Auf Zimmer zweiundzwanzig.
    »Alles halb so wild. Ihre Freundin wurde wohl versehentlich zu uns hierher gebracht«, meinte die, verglichen mit ihrer Kollegin vom Empfang, wesentlich freundlichere, ältere Schwester zum Abschied.
    In der zweiten Etage ging Monika den Flur entlang, bis sie vor dem Zimmer mit der Nummer zweiundzwanzig stand. Sie klopfte und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Monika! Gott sei Dank bist du da.« Clara lag blass wie ihr Kopfkissen auf dem Bett neben dem Fenster. Die ältere Frau, die mit ihr im Zimmer lag, schlief.
    »Hallo, Clara. Na, haben sie dich gut versorgt?«
    »Ja. Sie sind alle sehr nett hier. Kopfweh habe ich.« Sie klang matt.
    Wenigstens zu dir sind sie nett. Na, das wäre auch noch schöner, dachte Monika.
    »Oh je. Mein geliebter Giovanni tot. Mein Gott. Ich kann es immer noch nicht fassen.« Die Tränen stiegen Clara in die Augen.
    »Ich auch nicht, Clara. Gestern haben wir noch alle zusammen so fröhlich gefeiert und jetzt das.«
    Monika setzte sich auf den Bettrand, nahm Claras Hand in ihre Hände und schwieg eine Weile lang mit ihr. Stell dir doch bloß mal vor, Max würde auf einmal sterben, dachte sie. Das wäre doch die reinste Hölle auf Erden. Schlimm, wenn ein geliebter Mensch von uns geht. Und dann auch noch ohne jede Vorwarnung, wie Giovanni. Mein Gott. Das muss doch ein schrecklicher Schock für Clara sein.
    »Sie haben mir Beruhigungsmittel gegeben. Aber ich muss trotzdem dauernd an meinen Geliebten denken.« Clara begann zu schluchzen.
    »Das glaube ich dir«, erwiderte Monika. »Es muss alles ganz schrecklich für dich sein.«
    »Ja. Ist es auch.«
    »Aber jetzt mal was ganz anderes, Clara. Max ist auf der Suche nach Giovannis Mörder. Er will den miesen Kerl erwischen. Und da ist natürlich jede noch so kleine Information wichtig. Kannst du dich noch daran erinnern, wie das Ganze passiert ist? Oder hast du den Täter erkannt?«
    »Nein. Leider nicht. Ich habe schon die ganze Zeit darüber nachgedacht. Kann mich aber an nichts erinnern. Der Arzt sagt, das sei ganz normal bei einer Gehirnerschütterung.« Sie wischte sich ihre Tränen mit einem Zipfel des Bettlakens aus dem Gesicht. »Ich weiß nur noch so viel«, fuhr sie dann fort. »Giovanni und ich sind kurz vor neun von der Großmarkthalle gekommen. Wir liefen um das Haus herum, um von hinten ins Lokal zu gehen. Wie immer, wenn wir unsere Einkäufe in der Küche verstauen und den Tag vorbereiten wollten. Ich ging voraus, weil Giovanni etwas im Auto vergessen hatte. Dann wurde alles schwarz. Ich bin erst auf dem Stuhl im Gastraum wieder aufgewacht. Und dort
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