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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle
Autoren: Felix Thijssen
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aus Dortmund ha be ich erhalten.«
    »Zu Hause?«, fragte er ungläubig.
    »Er hatte unsere Privatadresse. Er fragte nach meinem Vater. Er wollte ihn persönlich …« Judith schwieg einen Augenblick.
    »Vielleicht hatte er noch eine alte Liste«, meinte Ben.
    »Darauf wäre ich auch von allein gekommen. Ich habe es ihm erklärt. Er wollte den Chef persönlich sprechen, weil er befürchtete, sein Schreiben wäre im falschen Sta pel gelandet, und schließlich eilt die Sache.«
    »Du hättest dir die Mühe sparen können, indem du mich angerufen hättest.«
    »Das habe ich getan, aber du warst ja nicht da.« Ihre Stimme wanderte ein Stückchen in die Höhe. »Du sitzt seelenruhig in einem Café, während uns ein Millionenauf trag entgeht.«
    Ben ging auf sie zu und blickte auf seinen Stuhl. »Lässt du mich jetzt wieder an meinen Schreibtisch?«
    »Könntest du mir vielleicht erst mal meine Frage be antworten?«
    »Ich werde ihnen heute noch Bescheid geben, dass sie ihre Fenster besser anderswo bestellen sollten.«
    Judith starrte ihn an. Sie hatte ihre Stimme jetzt wieder unter Kontrolle. »Und das entscheidest du, ohne auch nur einmal mit mir darüber zu reden?«
    »Es gibt keinen Grund, sich darüber aufzuregen«, sagte er. »Ich habe mit Kolding ausführlich darüber gesprochen und mich in der Fabrik eine Stunde lang mit Bart Wilkes beraten.«
    Sie presste die Lippen aufeinander. »Du meinst also, du und der Buchhalter, ihr entscheidet, dass wir kein Inte resse daran haben, endlich in Deutschland den Durch bruch zu erzielen!«
    »Kolding ist kein Buchhalter; er ist Wirtschaftsprüfer und unser Finanzchef.« Sie schaffte es jedes Mal, dass man alles haarklein erläuterte und in sinnlose Präzision verfiel. »Und Wilkes ist unser Produktionsleiter und der Fabrikmanager. Zusammen mit dem leitenden Direktor sollten die beiden doch in der Lage sein, eine einfache Entscheidung zu treffen.«
    »Du hast wohl vergessen, dass das meine Firma ist«, entgegnete sie.
    Unbewegt erwiderte Ben ihren Blick. »Dazu gibst du mir ja wohl kaum die Gelegenheit.«
    Sie stand von seinem Stuhl auf. Er ließ sie an sich vorbeigehen und verabscheute sich selbst, weil er sich wieder einmal zu einem Streit hatte hinreißen lassen. »Judith«, sagte er beschwichtigend. »Natürlich ist das deine Firma. Ich verstehe nichts von Metallfensterrahmen. Aber schließlich hast du behauptet, dass jeder, der über ein bisschen gesunden Menschenverstand verfügt, mit Hilfe einiger sachkundiger enger Berater diesen Betrieb leiten könne. Und was den gesunden Menschenverstand anging, kam ich dafür in Frage. Warum redest du nicht selbst einmal mit Wilkes?«
    Sie blieb neben seinem Stuhl stehen. Der Zwischenraum zwischen seinem Schreibtisch und der Rückwand wurde zu einem beklemmenden Korridor. »Ich wüsste nicht, worüber«, entgegnete sie. »Wilkes braucht nur zu tun, was man ihm sagt.«
    Das machte ihn wütend. »Dein Vater hat glücklicherweise anders über seine engsten Mitarbeiter gedacht!«
    »Verdammt!«, fuhr sie ihn an. »Was ist denn so schlecht an dem Geschäft mit Dortmund?«
    »Alles, das meinen jedenfalls Wilkes, Kolding und ich mit meinem gesunden Menschenverstand. Das fängt schon beim Zeitrahmen an. Es geht um zwölfhundert Fenster in acht verschiedenen Abmessungen. Um die in der vorgesehenen Frist anzufertigen, müsste Wilkes zwanzig zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, ganz zu schweigen von den benötigten Maschinen und den vielen anderen Einrichtungen. Das Ganze würde neben unserer normalen Produktion laufen, und wenn der Auftrag erledigt wäre, müssten wir die Leute wieder auf die Straße setzen. Frag Kolding, was das kosten würde. Da sie außerdem zwanzig Prozent Rabatt auf den Katalogpreis fordern, machen wir dabei keinerlei Gewinn, sondern kommen plus/minus null oder mit Verlust aus der Sache raus. Das wäre in dem Fall nicht weiter schlimm, wenn Müller in Deutschland noch sechs Neubaugebiete an der Hand hätte und wir fortlaufend mit weiteren Aufträgen rechnen könnten, aber es handelt sich um eine einmalige Order. Er will es mit uns nur mal versuchen, und das ist das Risiko nicht wert.«
    Sie hörte ihm mit feindseligem Gesicht zu und sagte dann: »Vielleicht kann dir van Doorn ja heute Abend klar machen, dass eine Ausweitung unserer Geschäftsbeziehungen nach Deutschland nur Vorteile für uns mit sich bringen würde.«
    Ben seufzte unhörbar, als sie an ihm vorbeiging, aber an der Tür blieb sie noch einmal stehen und
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