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Irsud

Irsud

Titel: Irsud
Autoren: Jo Clayton
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ordnete.
    Sie schritt steif durch den Raum zu der Tür in der Glaswand und berührte das milchige Quadrat, das sie öffnete. Als sie über die Schulter zurücksah, dehnte sie den Mund zu einer kurzen Karikatur eines Lächelns. „Komm”, sagte sie leise.
    Aleytys hielt sich im Schatten, umging die offene Grasfläche des Gartens. Am Bach zögerte sie einen Herzschlag lang, dann sprang sie von Stein zu Stein und war mit zwei Schritten auf dem Gras auf der anderen Seite. Sie streckte die Hand aus, berührte den glatten, kühlen Bambusstab. Er bog sich mit einer federnden Elastizität, die ihr Beschäftigtsein mit sich selbst durchdrang, sie ins Hier und Jetzt zurückriß, in die unmittelbare und gefährliche Gegenwart.
    „Warum hältst du an?” Aamunkoittas warmer Körper preßte sich an sie. Ihr Flüstern war kaum lauter als die raschelnden Blätter.
    „Geh weiter - du weißt, wohin.”
    „Still, Kätzchen.” Sie atmete tief durch. „Nein. Ich bin aus einem anderen Grund hierhergekommen. Warte einen Augenblick.”
    Aleytys hob den Blick und suchte die Klippenwand ab. Sie fand den haarfeinen Riß, schloß dann die Finger fest um ein dickes Bambusrohr, schloß die Augen. Eine Zeit, lange, lange genug, um ihr Herz in Panik hämmern und ihren Magen sich schmerzhaft zusammenkrampfen zu lassen, geschah nichts. Dann kehrte das augenlose Sehen knarrend zurück.
    Mit Staub beschichtet und mit Regenflecken bespritzt, kleine Blätter auf den Griff geklebt, lag die Energiepistole in ihrem Versteck und wartete noch immer auf sie. Wenn sie sie herunterbekommen könnte … Sie versuchte zuzugreifen, die Geistfinger hinaufzuprojizieren, die Waffe damit zu ergreifen. Wieder knirschte ihr Geist, da er so lange nicht gebraucht worden war.
    Sie tastete nach der Pistole. „Ah”, keuchte sie, „komm … komm schon …”
    Ihre Beine begannen zu zittern, und sie glitt zu Boden, hielt sich an dem Bambus fest, bis sie auf dem Gras kniete. „Komm her zu mir”, flüsterte sie.
    Die Minuten schleppten sich vorbei. Schweiß strömte über ihr Gesicht. Sie öffnete die Augen und sackte schwer zusammen.
    „Kunniakas?” Aleytys fühlte, wie kleine Hände sie berührten.
    Das Flüstern der Hiiri war besorgt, unsicher.
    „Ich versuche es zu intensiv.” Aleytys schob ihre Hand an dem glatten Bambusrohr auf und ab. „Es funktioniert nicht.”
    „Kunniakas, ich weiß nicht, wovon du redest, aber …” Aa-munkoitta zögerte, ihre Hände lagen warm auf Aleytys’ Arm. „Die Henkiolentomaan. Laß sie dir helfen.”
    Aleytys blickte sie stirnrunzelnd an.
    „Deine Geister. Wende dich an sie.”
    „Das hast du schon einmal gesagt. Geister? Ich weiß nicht, wovon du redest.”
    „Da unten.” Aamunkoitta nickte zum Mahazh hin. „Ich habe dich gehört. Heski hast du gesagt, oder so etwas ähnliches. Du hast es gesagt, und Heski oder was auch immer es war hat uns sicher herausgeholt.”
    „Heski?” Aleytys rieb mit den Händen über die schmerzenden Augen. „Ich erinnere mich an nichts dergleichen. Heski?”
    Sie versuchte, sich zu erinnern, weil es sich wichtig anhörte, aber es gab in ihrem Kopf nichts Entsprechendes, überhaupt nichts. Sie schüttelte den müden Kopf, erhob sich ein wenig, auf die Knie, zog dann die Beine herum, bis sie saß; die Erde sogar durch das Leder hindurch kalt. Dann - in dem Moment, in dem sie von Kälte, die sie bis auf die Knochen durchdrang, zu zittern begann -zuckte plötzlich Wärme durch die Kälte, ohne sie zu verdrängen, floß von der Erde herauf, von der Welt selbst herauf, eine willkommen heißende, besänftigende, stärkende Wärme. Sie breitete die Hände zu beiden Seiten der Beine flach auf dem Boden aus.
    „Henkiolento-maan”, hauchte Aamunkoitta.
    Aleytys achtete kaum auf sie. Eine neue Ruhe, eine neue Sicherheit war warm in ihr. Sie griff nach der Waffe und hob sie mühelos. Weich und sicher brachte sie sie die Klippe herunter, schwang sie über die Baumwipfel hinweg und ließ sie sanft in ihrem Schoß zur Ruhe kommen. Zögernd hob sie die Hände von der Erde, unterbrach den Kontakt, so daß die Wärme davonfloß und sie ununterbrochen zitterte. Sie kam auf die Füße. „Ich bin nicht mehr gewohnt, Kälte auszuhalten.”
    Aamunkoitta sprang auf. Sie zitterte ein wenig in ihrer Ehrfurcht, die Augen funkelten - dann berührte sie die Waffe. „Eine Energiepistole.”
    Aleytys nickte. „Ich habe eine Lieferung zu machen. Es gibt ein
    … Es ist wahrscheinlich gefährlich.”
    Die Hiiri
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