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Irrwege

Titel: Irrwege
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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die Informationen, die Xar
benötigte. Kleitus hatte sich intensiv mit diesen Aufzeichnungen befaßt.
Kleitus war selbst ein Sartan – oder war ein Sartan gewesen. Er wußte alles. Er
durchschaute die Zusammenhänge. Aber wie ihn zum Reden bringen? Das war die
Schwierigkeit.
    Xar ließ sich nicht täuschen von dem
schlurfenden Gang und dem blutdurstigen Gehabe des Lazars. Kleitus spielte ein
viel subtileres Spiel. Eine Armee lebender Wesen, in deren Adern warmes Blut
kreiste, war in Abarrach eingetroffen – Patryn, von Xar hierhergeführt, um
sich auf einen Krieg vorzubereiten. Die Lazare gierten nach diesen Geschöpfen,
wünschten sich, das Leben auszulöschen, das die Toten ersehnten und gleichzeitig
als so widerwärtig empfanden. Mit Gewalt konnten sie nichts ausrichten, die
Patryn waren zu stark.
    Doch ein großer Teil der Magie der Patryn mußte
dafür aufgewendet werden, in der ungesunden Atmosphäre der düsteren Kavernen
Abarrachs zu überleben. Der Prozeß einer schleichenden Auszehrung nahm seinen
Gang. So war auch die Kraft der Sartan dahingeschwunden; so waren viele der
Sartan gestorben.
    Zeit. Die Toten hatten Zeit. Nicht gleich, nicht
bald, aber irgendwann würden die magischen Schutzschilde der Patryn anfangen zu
bröckeln. Auf diesen Augenblick warteten die Lazare. Xar hatte allerdings nicht
vor, so lange zu bleiben. Er hatte gefunden, weshalb er nach Abarrach gekommen
war. Was ihm noch fehlte, war der letzte Beweis.
    Kleitus setzte sich nicht hin. Die Lazare sind
unfähig, sich lange an einem Fleck aufzuhalten, sie müssen sich ständig
bewegen, getrieben von der Suche nach etwas, das je zu finden sie alle Hoffnung
aufgegeben haben.
    Xar schaute geflissentlich an dem rastlos
wandernden Untoten vorbei auf die verstaubten Bücher auf dem Tisch.
    »Ich brauche eine Gelegenheit, meine Kenntnis zu
erproben«, sagte er. »Ich muß wissen, ob ich wirklich die Macht habe, die
Toten zu erwecken.«
    »Was hindert dich?«
    »… hindert dich?«
    Xar runzelte die Brauen. Das hohle Echo kam
immer dann, wenn er zum Sprechen ansetzte, unterbrach ihn und störte seinen
Gedankengang.
    »Ich brauche einen Leichnam. Und sag mir nicht,
ich solle einen meiner Untertanen nehmen. Das kommt nicht in Frage. Ich habe
persönlich das Leben eines jeden einzelnen Patryn gerettet, der mit mir nach
Abarrach gekommen ist.«
    »Du hast Leben gegeben«, bemerkte Kleitus. »Du
hast das Recht, es zu nehmen.«
    »… zu nehmen.«
    »Mag sein«, sagte Xar mit erhobener Stimme. »Mag
sein, daß es so ist. Und wäre mein Volk zahlreicher – viel zahlreicher –,
könnte ich die Möglichkeit in Betracht ziehen. Aber wir sind wenige, und ich
wage nicht, auch nur einen zu opfern.«
    »Was willst du von mir, Fürst des Nexus?«
    »… Nexus?«
    »Ich habe mit einem der anderen Lazare
gesprochen, einer Frau, Jera. Sie erwähnte, daß es noch Sartan, lebende Sartan,
in Abarrach gibt. Ein Mann, er heißt…« Xar stockte, offenbar war ihm der Name
entfallen.
    »Baltasar!« zischte Kleitus.
    »Baltasar…« raunte das Echo.
    »Ja, richtig.« Xar nickte. »Baltasar. Er ist ihr
Anführer. Ein früherer Bericht, den ich von einem Mann namens Haplo erhielt –
ein Patryn, der in meinem Auftrag Abarrach einen Besuch abstattete –,
veranlaßte mich zu glauben, dieser Sartan Baltasar und sein ganzes Volk hätten
durch euch und euresgleichen den Tod gefunden. Aber Jera behauptet, es
verhielte sich anders.«
    »Haplo – ja, ich erinnere mich.« Es schien
jedoch keine angenehme Erinnerung zu sein. Kleitus blieb vor Xar stehen und
starrte den Fürsten an, die Augen des Schemens überlagerten flimmernd die Augen
des toten Körpers. »Hat Jera dir erzählt, was geschehen ist?«
    Xar fand den Blick des Lazars unerträglich.
»Nein«, log er und mußte sich zwingen, scheinbar gelassen sitzenzubleiben,
während sein Instinkt ihn drängte aufzuspringen und in eine entfernte Ecke zu
flüchten. »Nein, ich weiß nichts. Ich dachte, du…«
    »Die Lebenden flohen vor uns.« Kleitus nahm sein
ruheloses Umherwandern wieder auf. »Wir folgten ihnen. Sie konnten nicht
hoffen zu entkommen. Wir ermüden nicht. Wir brauchen keinen Schlaf. Wir
brauchen keine Nahrung. Wir brauchen kein Wasser. Endlich hatten wir sie in die
Enge getrieben. Sie stellten sich uns zur Entscheidungsschlacht, um kämpfend
vielleicht ihr Leben zu retten. Bei uns war ihr eigener Prinz. Er war tot. Ich
hatte ihn selbst getötet und wieder
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