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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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astronomischer Vorzeitcomputer. Prompt jubelte ein IT-Unternehmen in seinen IBM News : »Am Ende wussten die verrückten alten Druiden doch, was sie da taten.« Von der Fachwelt musste sich Hawkins hingegen harsche Kritik gefallen lassen – man wies ihm schlampige Arbeit nach, offenbar hatte er die Ergebnisse seiner Untersuchung kreativ seiner These angepasst. Hawkins fütterte seinen Computer weiter, stieß auf weitere vermeintliche Zyklen, die Stonehenge zu berechnen imstande sei, und befand noch 2002, unbeirrt aller Kritik, Stonehenge sei mehr als ein ritueller Treffpunkt oder ein architektonisches Wunder, sondern enthalte astronomische und mathematische Informationen, wie sie nach gängiger Ansicht erst ein Jahrtausend später den Griechen zur Verfügung gestanden hätten. Er gehört damit in die zweifelhafte Gesellschaft des Schweizer Gastronomen Erich von Däniken, der alle möglichen vermeintlichen oder tatsächlichen Rätsel auf der Welt ohne jeden Beweis für seine Theorie der Außerirdischen nutzbar macht. Allerdings vermutete der Pseudowissenschaftler Däniken als Bauherren von Stonehenge keine vorzeitliche Intelligenzija, sondern, wenig verwunderlich, Außerirdische.
    Es ist kaum anders als im Mittelalter, als die Erklärungsnot Merlin oder die Druiden ins Spiel brachte: Auch in der Moderne sind vermeintliche Fachleute schnell bei der Hand, Rätsel durch grandiose und sensationelle Thesen scheinbar zu lösen. Bei vielen modernen Menschenkindern, die sich inmitten von Konsumvielfalt und Technologie, von Werteverlust und Sinnarmut nach Orientierung sehnen, fallen solche Herleitungen auf fruchtbaren Boden, weil daraus eine beruhigend ursprüngliche Menschenexistenz zu sprechen scheint – so wie die Esoterik unserer Zeit von einem in sich geschlossenen System abhängig ist, das alles zu erklären verspricht, um eine kuschelige Parallelwelt anzubieten. Oft aber würde schon genügen, wenn sich wissenschaftliche Erkenntnisse über kleine Forscherkreise hinaus verbreiten und so Bauernfänger entlarven würden.
    Archäologen sind gewohnt, bei allem Eifer immer wieder vor Rätseln zu stehen. Das liegt in der Natur der Sache, weil ihre Funde umso weniger mit anderen Zeugnissen abgeglichen werden können, je älter sie sind. Die Steinzeit kann mit Schriftquellen nicht dienen, der Großteil physischer Hinterlassenschaften ist längst verrottet, und was übrig blieb, kann ein irreführender, weil zufälliger Ausschnitt sein – auf jeden Fall ist er oft nicht eindeutig zu erklären. Theorien sind zwar zulässig, müssen aber auf solider Grundlage erstellt werden. Und auf einer solchen Grundlage kann man Stonehenge einen rituellen Charakter zuschreiben und vermuten, dass beim hier vollzogenen Ritus dem Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende eine besondere Bedeutung zukam. Deshalb den Erbauern und Nutzern von Stonehenge moderne Fähigkeiten anzudichten, führt allerdings ebenso in die Irre wie Außerirdische zu bemühen, nur weil man Steinzeitmenschen für Wesen knapp oberhalb der tierischen Existenz ansieht, deren Sprache den Namen kaum verdient und deren Horizont sich auf Jagd und Nahrungssuche beschränkt. Die Menschen der Jungsteinzeit waren fortschrittlicher, als der neuzeitlich-überhebliche Blick ihnen zugestehen will. Aber man muss doch bezweifeln, dass sie die Notwendigkeit erkannten, mit komplizierten Rechnungen und einem Apparat namens Stonehenge Mond- und Sonnenfinsternisse vorauszubestimmen. Die Sache dürfte einfacher, aber kaum weniger faszinierend sein.
    Stonehenge wurde in der Jungsteinzeit gebaut, als sich der Übergang vom Nomaden- zum sesshaften Leben vollzog, weil man begann, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Damit kam festen Orten nun eine größere Bedeutung zu, und man betrieb größeren Aufwand als zuvor, um Ritualorte zu gestalten. Steinzeitliche Religion dürfte kosmisch ausgerichtet gewesen sein, sich also auf Grundlage von Natur- und Himmelsschau entwickelt haben. Als die Menschen sesshaft wurden, wurde auch der Jahreszyklus interessanter, weil man den Gang der Gestirne von einem markierten Platz aus kontinuierlich beobachten und daraus wertvolle Schlüsse ziehen konnte – etwa für Aussaat oder Ernte, aber auch zu rituellen Zwecken. Man kann auch annehmen, dass Stein als beständigstes Material symbolisch für Ewigkeit stand, mit Kraft assoziiert wurde und auch deshalb für die berühmten Monolithgräber und für Stonehenge Verwendung fand.
    Stonehenge war ein religiöses, kultisches
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