Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe
Autoren: Klaus Erfmeyer
Vom Netzwerk:
unserem Computer geschrieben und sofort gelöscht worden. Danach verschwand ich. Mein Auto parkte ich in der Garage von Antje. Sie hat eine abgeschlossene Box in einer großen Tiefgaragenanlage in der Nähe ihrer Wohnung. Ich bin mir sicher, dass mich niemand bemerkt hat, als ich das Fahrzeug dort abstellte. Wir wussten noch nicht, was wir mit dem Wagen machen würden, aber er musste ja weg. Das Handy schaltete ich aus und warf es irgendwo, in eine Plastiktüte verpackt, in eine Mülltonne. So bezog ich Quartier in dem Keller des Neubaus der Quovoria-Versicherung, dessen Bau Dominique als Architektin betreute. Ich hatte Wochen vorher Dominique unter einem Vorwand überreden können, einige Akten zu diesem Bauvorhaben dort zu deponieren und Dominique veranlasst, über einen Getränkehändler Wasserkisten dorthin zu liefern. Ich habe die Akten dann selbst dorthin gebracht. Die Schlüssel zu diesem Keller behielt ich und gab sie an Antje weiter, die mich schließlich dort einsperrte. Dominique hatte ich nach Einlagerung der Akten falsche Schlüssel untergeschoben. Sie wäre nicht ohne Weiteres in den Keller gekommen. Es war schlimm, auf jede Nahrung zu verzichten und nur von Wasser zu leben, aber es war unser Plan, dass man Dominique ins Visier nahm und in ihr diejenige vermutete, die das ganze Geschehen lenkte. Es musste nur in absehbarer Zeit zur Aufklärung kommen, denn wir hatten in Erfahrung gebracht, dass ein Mensch vielleicht bis zu maximal drei, höchstens vier Wochen nur mit Wasser auskommt, ohne dass die fehlende Nahrung schon lebensbedrohlich wird. Das war das Zeitlimit.«
    »Die Auflösung, wie Sie sie nennen, erfolgte durch die Radarfalle?«, fragte Marie. Pierre nickte müde. Es war offensichtlich, dass ihn das Gespräch zu sehr anstrengte. Marie musste unauffällig zur Eile antreiben.
    »Wir hatten herausgefunden, dass die Filme der ortsfesten Radaranlage an der Ruhrallee alle zwei Wochen aus dem Gerät genommen werden«, erläuterte er. »Danach dauert es bis zu zwei weitere Wochen, bis die Fotos ausgewertet und die Anhörungsbögen an die Halter der Autos verschickt werden, die geblitzt worden sind. Wir haben das getestet. Antje ist vor rund einem Vierteljahr extra in die Blitzanlage gefahren, um die Zeitabläufe zu testen.«
    »Sie haben alles langfristig geplant«, stellte Marie fest, »ebenso wie den schwarzen Zimmeranstrich in Paris oder Ihre vermeintlich beginnende Schwermütigkeit, die Sie Dominique vorgespielt haben.«
    »Das mit dem schwarzen Zimmer war vielleicht etwas zu dick«, meinte Pierre selbstkritisch und strich mit seiner rechten Hand zittrig über seine Stirn. »Aber letztlich war es so, wie Sie sagen«, stimmte er zu. »Dafür war die Anfertigung und Verteilung meiner handschriftlichen Dokumente in beiden Wohnungen um so subtiler.«
    »Es war also kalkulierbar, wann der Anhörungsbogen des Ordnungsamtes eintreffen würde«, nahm Marie den Faden auf.
    »Ja. Das Foto, das mich kurz vor der Tatzeit zeigt, wurde etwa eine Woche vor dem Termin geschossen, zu dem der Kameraautomat entleert werden würde. Es kamen nur bestimmte Tage in Betracht, an denen Franziska sterben konnte. Alles verdichtete sich auf den 23. Oktober. Es war zu dieser Zeit abends bereits dunkel, die Streits mit Franziska waren heftiger, und es war wahrscheinlicher geworden, dass sie sich von mir trennen würde, weil ich sie nicht mehr weiter bediente. Außerdem war es ein Abend, an dem es nach der längerfristigen Wettervorhersage die ganze Zeit über heftig regnen sollte. Die neuesten Meldungen sagten sogar Hagel voraus. Also fuhr ich kurz vor dem Zeitpunkt, in dem in Kurl planmäßig ein Zug Richtung Hauptbahnhof ohne Halt durch den Bahnhof fährt, in die Radarfalle.«
    »Und auf dem Bahnsteig stand Antje …« vermutete Marie vorsichtig.
    Pierre nickte und griff wieder zu seinem Wasserglas.
    »Ja, sie suchte das Gespräch mit Franziska, die im Windschatten eines dieser Wartehäuschen stand«, erläuterte er bereitwillig. »Antje erzählte ihr, dass sie besser gemeinsam in der Nähe der Treppe warten sollten, weil man dort eher flüchten könne. Die Westseite der Treppe sei die bessere, weil es dort nicht so dunkel wie auf der Ostseite sei. Reiner Unsinn. Die Westseite ist nur vom Zugführer nicht einsehbar.«
    Er hustete und schnappte nach Luft. Marie schaute ihn ungerührt an.
    »Antje berichtete ihr von einer angeblichen Vergewaltigung einer Frau auf diesem Bahnsteig, die erst wenige Wochen zurückliege und deren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher