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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Franziska, als sie eine Sendung von Kult-Mund abholte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich. »Franziska war ein schwieriger Mensch.«
    »Schwierig? Wie meinen Sie das?« Ylberi schrieb etwas in das Notizbuch.
    »Ich glaube, dass sie das Leben oft überfordert hat«, antwortete Marie unbestimmt nach einigem Zögern.
    »Eigenartigerweise sagte ihr Lebensgefährte das Gegenteil. Er bewunderte Franziska für ihre Stärke.« Staatsanwalt Ylberi fixierte Marie.
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Sie wissen offensichtlich wirklich nicht viel von ihr«, schloss er verwundert.
    Stephan und der Staatsanwalt tauschten ihre Visitenkarten und die Handynummern aus. Dann verabschiedete sich Bekim Ylberi. Er lächelte schüchtern und machte seinen Besuch damit noch unwirklicher, als er ohnehin schon schien.
     
    Marie blieb regungslos sitzen, als Ylberi die Wohnung verlassen hatte.
    »Du bist nicht verantwortlich«, beruhigte Stephan und spürte, wie plattitüdenhaft er jene Worte wiederholte, die er Marie stets dann gesagt hatte, wenn sie glaubte, an Franziskas Schicksal Schuld zu sein. »Selbst dann nicht, wenn sie sich das Leben genommen haben sollte«, fügte er an und merkte zugleich, dass Franziskas unglückliches Leben ein Ende gefunden hatte, das irgendwie zwangsläufig erschien.
    »Wenn es so wäre, würde ich es nicht ertragen«, erwiderte Marie leise. »Du hast es gehört: Sie hat mich Daniel gegenüber als Freundin bezeichnet.«
    »Freundschaften entstehen nicht dadurch, dass einer dies einseitig bestimmt«, hielt Stephan nüchtern dagegen. »Es ist nicht so wichtig, was sie Daniel erzählt hat oder nicht. Vergiss nicht, dass sie ihn verlassen wollte, ihm aber noch die Partnerin vorgespielt hat.«
    »Daniel hat sie als starke Frau bezeichnet«, sinnierte Marie.
    »Vielleicht war sie das in Wirklichkeit«, mutmaßte Stephan. »Sie hatte jedenfalls Stärke und Macht, dich zu vereinnahmen. Nach meiner Auffassung ist sie ein Mensch mit einem sehr dunklen Charakter gewesen.«
    »Eher krank, Stephan«, bezog Marie Position. »Sie hat selbst gesagt, dass sie Hilfe gebraucht hat. Ich bin damals leider nicht darauf eingegangen.«
    »Was gut ist«, kommentierte Stephan.
    »Ich möchte trotzdem mehr erfahren. Kannst du das verstehen?«
    »Marie!« Er winkte seufzend ab.
    »Ja, genau in diesem Ton habe ich immer Franziska! gesagt. Wir können doch nicht so tun, als sei nichts passiert.«
    Marie stand auf, ging zu der Schublade, in der ihre Schreibutensilien waren, und kramte den Brief hervor, den sie am 17. Oktober von Kult-Mund erhalten hatte. Sie hielt den Umschlag in die Höhe.
    »Wir hätten ihn gerade dem Staatsanwalt geben sollen«, meinte Stephan, doch Marie hatte das braune Kuvert bereits geöffnet. Innen befand sich ein zweiter, ebenfalls verschlossener, weißer Briefumschlag. 0829 stand mit schwarzem Filzstift darauf.
    Sie zuckte mit den Schultern und riss den Umschlag auf. Darin befand sich ein mit kantiger Schrift geschriebener kurzer Brief:
    Hallo! Ich bin traurig, dass Du Dich bei mir nicht gemeldet hast. Habe ich Dich mit meinen Worten nicht berührt? Habe ich in Dir nicht die Lust auf den geheimen Zauber geweckt? Ich erwarte Dich noch immer. Lies meinen Brief ein zweites Mal. Vielleicht hast Du ihn nicht sofort verstanden. Es werden Dir viele geantwortet haben, ohne dass sie Deine Hoffnungen erfüllen können. Fass Mut und Vertrauen! Du wirst sehen, dass ich der Richtige für Dich sein kann. Suche Dein Glück bei mir, und Du wirst es finden können.
    Es folgte eine Handynummer.
    »Dieser Mann wird von Franziska nie eine Antwort erhalten«, sagte Marie bedrückt und legte den Brief zur Seite.
     
     

4
    Am Abend des nächsten Tages trafen sich Stephan und Marie mit Alexander Hilbig, dem zuständigen Redakteur für den Anzeigenteil des Magazins Kult-Mund. Bei der vorherigen telefonischen Vereinbarung des Termins hatte Marie von der festen klaren Stimme Hilbigs auf einen Mann mittleren Alters geschlossen, der bürokratisch korrekt die ihm unterstehende Abteilung bei Kult-Mund leitete. Tatsächlich war Alexander Hilbig erst ungefähr Mitte 20, hatte gepflegte längere Haare und einen zotteligen Vollbart, der seinen auffallend schmalen Mund umschloss. Sein ausgewaschenes Flanellhemd hing lässig über der ausgeblichenen Jeanshose.
    »Sie sind also die 0829«, eröffnete er, als er Stephan und Marie im Erdgeschoss der Redaktion begrüßte.
    »Eben nicht«, korrigierte Marie.
    Hilbig winkte ab. »Weiß
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